Ob Yoga, Massagen oder entspannende Raumdüfte - an jeder Ecke hält man eine neue Möglichkeit bereit, sich den Alltagsstress wegzuentspannen. Da wundert es nicht, dass sich in unseren Köpfen die Vorstellung festgesetzt hat, dass Stress grundsätzlich etwas Negatives und unbedingt zu vermeiden ist.
Es mag also überraschen, dass eine neue Studie nun die Vermutung nahelegt, dass gewisser Stress bei der Arbeit tatsächlich gar nicht so schädlich für unsere Gesundheit ist - ganz im Gegenteil.
Positiv wirkt sich dieser Stress aber nur dann aus, wenn wir selbst die Kontrolle über die Situation haben.
Forscher, deren Arbeiten der Fachzeitschrift Personnel Psychology veröffentlich wurden, beobachteten für die Studie seit 2004 sieben Jahre lang 2.363 Testpersonen im Alter um die 60 und fanden heraus, dass jene Personen, die in einem stressigen Job arbeiteten, aber stets die Kontrolle und freie Entscheidungsgewalt über ihre Arbeitssituation hatten, zu 34% später starben, als jene Personen in einem weniger stressigen Job.
Bei Testpersonen mit einem stressigen Job, in dem sie aber nur geringe Entscheidungsgewalt über ihre Situation hatten, hingegen war die Gesundheit am meisten beeinträchtig und die Sterblichkeitswahrscheinlichkeit am höchsten - 15,4% höher als bei jener Gruppe mit weniger stressigem Alltag.
„Diese Ergebnisse legen nahe, dass Jobs mit hohem Stresslevel gepaart mit einer geringen Eigenverantwortung für die Situation ganz klar negative Auswirkungen auf den Arbeitnehmer haben“, erklärt Studienleiter Erik Gonzalez-Muli. „Stressige Jobs können jedoch auch positive Effekte haben, wenn der Angestellte selbst Kontrolle über die Situation hat und eigenmächtig entscheiden kann.“
Ist es also der Kontrollverlust, der uns beim Arbeiten kaputt macht?
Mit Hilfe der Studie, die von der Kelley School of Business an der Universität von Indiana durchgeführt wurde, fand man außerdem heraus, dass jene Arbeitnehmer mit viel Stress und wenig Entscheidungsgewalt einen höheren Body Mass Index aufweisen, als jene mit größerer Eigenverantwortlichkeit.
„Wenn du nicht den nötigen Antrieb hast, dich mit einem fordernden Job auseinanderzusetzen, füllst du das mit anderen Sachen“, erklärt Gonzalez-Mulé. „Vielleicht isst du mehr, vielleicht rauchst du, du beschäftigst dich mit diesen Dingen, um damit zurecht zu kommen.“
Die häufigste Todesursache unter den teilnehmenden Testpersonen war Krebs, 55% der Teilnehmer starben daran. Probleme mit dem Blutkreislauf, wie etwa Herzversagen, waren mit 22% die zweithäufigste Ursache und Probleme mit dem Atemsystem führten bei 8% der Teilnehmer zum Tod.
Die Ergebnisse der Studie lassen annehmen, dass sich eine größere Eigenverantwortung und Kontrolle im Job positiv auf uns auswirkt, so Gonzalez-Mulé.
Gesundheitliche Beeinträchtigungen ließen sich dadurch vermeiden, den Arbeitnehmern den Freiraum zu geben, sich ihre eigenen Ziele und Zeitpläne aufzustellen und ihre eigene Entscheidungen zu treffen, fügt er hinzu.
„Stressige Jobs veranlassen uns dazu, Problemlösungen zu finden und sich Strategien zu erarbeiten, um die Arbeit zu erledigen. Haben wir dann auch noch die Kotrolle über die Situation und können eigenverantwortlich handeln, gibt uns das den Antrieb dies zu tun.“
Ein stressiger Job kann also „Energie spenden“ statt „auszulaugen“, erklärt der Experte. „Wir können uns unsere eigenen Ziele und Prioritäten setzen. Wir können selbst entscheiden, wie wir etwas erledigen. So kann Stress etwas Positives sein.“
Ihr fühlt euch erschöpft und vermisst Eigenverantwortung bei der Arbeit? Dann solltet ihr diese Studie einmal in der Chefetage einreichen – und lasst uns wissen, wie es lief.
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