Mit Wo/men Inc. gibt es ab heute eine neue Plattform, die sich gezielt an Frauen richtet, die Karriere machen wollen. Lea Vajnorsky (29), die bei dem Venture Capital Unternehmen Redstone tätig ist, und Robin Haak (31), der den Axel Springer Accelerator Plug and Play mit gegründet sowie die Karriereplattform Jobspotting ins Leben gerufen hat, wollen von Berlin aus ein globales Netzwerk aufbauen, in dem Männer und Frauen karriere-fokussierte Frauen unterstützen und fördern. Wir sind neugierig geworden, was hinter Wo/men Inc. steckt und haben uns mit Lea und Robin getroffen. In einem Café in Berlin Mitte erzählen die beiden, welche Vision sie haben, was sie mit Wo/men Inc. erreichen wollen und sie verraten uns, was es in ihren Augen braucht, um erfolgreich ein Business aufzubauen.
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Refinery29: Seit wann arbeitet ihr an Wo/men Inc.?
Robin Haak: Lea hat im vergangenen Jahr mal ein Frühstück in ihrem engeren Freundeskreis veranstaltet. Ich war persönlich zwar nicht dabei, aber die Leute haben darüber geredet und geschwärmt. Einige Zeit später kam Lea auf mich zu und meinte: „Robin, du kannst dir nicht vorstellen, was passiert ist. Firmen rufen bei mir an und wollen mitmachen. Mir liegt das Thema so am Herzen, ich will das größer und globaler aufziehen. Willst du mitmachen?‘
Lea Vajnorsky: Das war am Telefon im November. Ich war am Flughafen in Frankfurt, Robin in Berlin. Nur zwei Stunden später saßen wir dann in Berlin zusammen und haben im Prinzip angefangen Wo/men Inc. zu gründen.
Refinery29: Worum genau geht es bei Wo/men Inc.? Klärt uns auf.
Lea Vajnorsky: Wo/men Inc. ist eine Plattform, die karriere-fokussierte Frauen dabei unterstützt, ihr Netzwerk global und effizient auszubauen.Wo/men Inc. ist nicht auf eine bestimmte Branche fokussiert, sondern verfolgt einen Cross-Industry-Ansatz. Es geht darum, Menschen aus unterschiedlichen Industrien auf ausgewählten Events gezielt miteinander zu vernetzen. Wir gehen davon aus, dass jede*r an bestimmten Punkten seiner Karriere verschiedene Leute braucht, um weiter zu kommen. Und hier kommen wir ins Spiel.
Robin Haak: Mir persönlich liegt bei diesem Projekt das Thema Diversity sehr am Herzen. Mir ist aufgefallen, dass es zwar jede Menge Plattformen gibt, die speziell an Frauen gerichtet sind, von denen ich mich aber bisher nicht angesprochen fühlte, obwohl ich auch gerne unterstützen würde.
Refinery29: Was bedeutet das, du fühlst dich „nicht angesprochen“?
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Robin Haak: Männer haben oft keinen Zugang oder werden nicht eingeladen. Es ist völlig okay, wenn es Projekte gibt, die von Frauen für Frauen initiiert werden. Der große Unterschied bei Wo/men Inc. ist jedoch, dass sich Männer und Frauen gemeinsam für Frauen engagieren. Das bedeutet, dass in unserem Beirat zukünftig auch Männer sitzen werden. Allerdings nur solche, die passioniert sind und Frauen auch wirklich fördern wollen.
Lea Vajnorsky: Wenn wir über Business sprechen wollen, können wir nur gemeinsam, also Männer und Frauen, ein gesundes Fundament schaffen.
Robin Haak: Wir haben schon tolle Leute dabei, darunter auch einige erfolgreiche Role Models, die etwas zu erzählen haben. Das ist sozusagen die top down-Komponente unseres Konzepts.
Refinery29: Worum geht’s noch?
Robin Haak: Wenn die erste Komponente top down ist, dann ist die zweite bottom up. Das heißt konkret, wir spenden Teile unseres Gewinns. Wir arbeiten hier derzeit mit der Desert Flower Foundation zusammen – einer Organisation, die von Waris Dirie gegründet wurde. Mit nur 30 Euro kann man dort eine Frau vor Genitalverstümmelung retten. Ein wirklich wichtiges Projekt.
Lea Vajnorsky: Die Kombination aus Pro-Profit und Non-Profit ist uns sehr wichtig und ein wesentliches Alleinstellungsmerkmal von Wo/men Inc. Wir haben uns viele Gedanken darüber gemacht, wie Ungleichheiten entstehen. Wir sind der Meinung: Nur wenn wir eine Pro-Profit-Seite haben, können wir auch die Non-Profit-Seite aktivieren. Ansonsten wären wir eine Charity-Organisation.
Refinery29: Woher rühren soziale Ungleichheiten eurer Meinung nach?
Lea Vajnorsky: Es ist oft das Zusammenspiel aus fehlenden Bildungschancen und der Verletzung von Menschenrechten. Wir sprechen ständig über die Missstände in DAX30 Unternehmen im Bezug auf Chancengleichheit von Frauen (was auch wichtig ist), aber eigentlich muss man über die Grundlagen sprechen. Wenn grundlegende Menschenrechte nicht respektiert werden oder der Zugang zu Bildung nicht besteht, sind Aufstiegschancen sehr niedrig. Während der Recherche zu diesem Thema bin ich auch auf Waris Diries aufmerksam geworden. Dieser Frau hat jegliche Grundlage gefehlt, dennoch hat Sie es geschafft. Waris Dirie ist eines meiner größten Vorbilder.
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Refinery29: Neben den hochkarätigen Partner*innen, mit denen ihr zusammenarbeitet: Durch welche ganz konkreten Angebote wollt ihr Frauen fördern?
Lea Vajorsky: Wir möchten Frauen in erster Linie dadurch unterstützen, dass sie an unseren Netzwerkveranstaltungen teilnehmen können. Teilnehmen bedeutet in diesem Fall, dass wir die Frauen mit unseren Partnern (wie Adidas, ADA Accelerator, Tesla, Iphoria by Milena Jäckel und vielen mehr), die ebenfalls zu den Events kommen, bekannt machen.
Robin Haak: Der Fokus liegt ganz klar auf den von uns ausgerichteten und handkuratierten Events. Das erste findet am 27. Februar in Berlin statt. Wir veranstalten ein Frühstück mit mittlerweile schon 90 Teilnehmer*innen.
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Wir wollen vernetzen, völlige Transparenz zeigen und nicht diejenigen sein, die auf ihren Kontakten sitzen bleiben.
Robin Haak
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Refinery29: Soll das auch in etwa die zukünftige Größenordnung eurer Events sein?
Robin Haak: In Zukunft wollen wir nur rund 40 Personen pro Event einladen, damit der Austausch auch wirklich gelingen kann. Es soll nicht wie auf einer großen, unübersichtlichen Messe ablaufen. Es ist klein, es ist intim und die Partner, mit denen wir zusammenarbeiten, sind wirklich an den Leuten interessiert. Die wollen hier nichts verkaufen.
Refinery29: Wo kann man euch noch antreffen?
Lea Vajnorsky: Unsere zweite Veranstaltung findet dann zur NOAH in Tel Aviv statt.
Robin Haak: Frankfurt und San Francisco sind auch bereits in Planung.
Refinery29: Und wer kann in euer Netzwerk aufgenommen werden?
Lea Vajnorsky: Es geht uns um Persönlichkeiten. Das einzige, worauf wir sehr viel Wert legen ist, dass er oder sie sich die Vision „Support to succeed“ zu eigen macht. Das ist unsere DNA. Der oder diejenige sollte offen dafür sein, auch seine Kontakte zu teilen.
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Refinery29: Nehmen wir eine junge Frau, die gerade ihr Studium beendet hat. Wie kann sie teilhaben oder von euch lernen?
Robin Haak: Bei uns auf der Website kann man sich beispielsweise für einen Newsletter anmelden. Wir wollen die Erfolgsgeschichten, egal ob von der Pro-Profit oder Non-Profit-Seite, dort teilen. Da wir mit 40 Leuten auf unseren Events begrenzt sind, wollen wir online vor allem Inspiration geben. Natürlich können sich in der Zukunft noch weitere Formate, zum Beispiel eine Konferenz, entwickeln.
Lea Vajnorsky: Ich möchte junge Frauen, die vielleicht noch nicht 100%ig zu unserer Zielgruppe gehören, mit Wo/men Inc. zeigen, dass es gelingen kann, seinen eigenen Weg zu gehen, wenn man sich auf das Positive fokussiert. Auch wenn es nicht immer leicht ist, befinden wir uns auf einem sehr guten Weg. Mit tollen Partnerschaften und Events kann man das wunderbar transportieren.
Refinery29: Wie trefft ihr die Auswahl eurer Partner, wer hilft euch beim Kuratieren?
Robin Haak: Wir haben schon seit Beginn einen Beirat an unserer Seite, der noch bis auf 20 Personen erweitert werden kann. Wir nehmen uns Zeit die Menschen richtig kennenzulernen und befinden uns da zur Zeit in spannenden Gesprächen. Die ersten drei, die jetzt schon dabei sind und uns tatkräftig unterstützen sind die Politikerin und Bestsellerautorin Diana Kinnert, Dr. Franziska Leonhardt, die als General Counsel Rocket Internet an die Börse gebracht hat oder die PR-Managerin Alexandra von Rehlingen.
Lea Vajnorsky: Auch bei unseren Partnern ist es uns wichtig, dass sich ein Cross-Background-Konzept widerspiegelt. Im Prinzip haben wir eine beratende Funktion mit Fokus auf Talentakquise und Gender, beruhend auf einem gesunden Fundament.
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Refinery29: Was ist, wenn ich nicht auf jedem Event dabei sein kann? Wie bleibe ich am Ball?
Robin Haak: Jede*r, der auf einem Event von uns war, kommt danach in einen Slack-Channel. Wir wollen vernetzen, völlige Transparenz zeigen und nicht diejenigen sein, die auf ihren Kontakten sitzen bleiben. Das Netzwerk soll frei sein und natürlich langfristig wachsen. Das Größte für uns wäre es, wenn wir nach drei Monaten erfahren, dass zwei oder mehrere Menschen sich gefunden und daraus ein Business gemacht haben.
Refinery29: Wer ist eurer Meinung nach eigentlich eine karriere-fokussierte Frau?
Lea Vajnorsky: Für mich identifiziert sich eine karriere-fokussierte Frau schon relativ intensiv über ihren Beruf oder ihren Werdegang und sie hat ein klares Ziel vor Augen. Dazu gehört unserer Meinung nach auch, dass Berufliches und Privates sich ab und an vermischen. Das heißt nicht, dass es schlecht ist, wenn es nicht so ist. Jede*r soll es so machen, wie er oder sie es für richtig hält. Wir glauben allerdings fest daran, dass man nur weiter kommt, wenn man sich gegenseitig unterstützt.
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Man kann nicht einfach irgendetwas gründen. Man braucht dieses gewisse Gefühl. Ein bisschen wie Verliebtsein
Lea Vajnorsky
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Refinery29: Wird Frauen karrieretechnisch zu wenig zugetraut?
Robin Haak: Vielleicht ist es oft eher das Gegeneinander statt Miteinander.
Lea Vajnorsky: Wir möchten mit Wo/men Inc. auch zeigen, dass Frauen wie Alexandra von Rehlingen Wege für andere Frauen geebnet haben. Ihre Geschichten möchte ich gerne heraustragen und erzählen.
Refinery29: Kind und Karriere – wie steht ihr dazu?
Robin Haak: Jetzt fragst du natürlich zwei, die beide noch keine Familie gegründet haben. (lacht)
Refinery29: Ich frage deshalb, weil Frauen, die Karriere machen wollen, sich dieser Frage bzw. Herausforderung eben immer wieder stellen müssen.
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Lea Vajnorsky: Das stimmt, ja. Um Kind und Karriere unter einen Hut zu bringen, braucht es gute und flexible Arbeitsmodelle, die es ja auch zum Teil schon gibt. Zum Beispiel das Home Office oder Elternzeit. Selbst eher konservative und große Unternehmen bieten das mittlerweile an. Das zeigt mir, dass sich etwas bewegt. Wir sind da schon weiter als noch vor 20, 10 oder 15 Jahren.
Refinery29: Brauchen wir eine Frauenquote?
Lea Vajnorsky: Quoten können initial dazu beitragen, Strukturen (ob sie nun gut oder schlecht sind) zu durchbrechen und ein Umdenken herbeizuführen. Aber grundsätzlich sollte man auch aufpassen, dass die Quote selbst und der Druck, der dadurch entsteht, nicht die komplette Idee dominiert. Wir sollten mittel- und langfristig darüber nachdenken, nicht nur kurzfristig.
Robin Haak: Ich glaube an komplementäre Teams. Ich denke, dass Diversität zu Erfolg führt. Zudem werden auch Technologien dazu beitragen, dass der Status Quo verbessert wird. Das heißt nicht, dass es nicht auch weiterhin gesellschaftliches Engagement braucht. Ich bin mittel bis langfristig gegen eine Quote. Aber wenn Du mich nach der perfekten Konstellation fragst, dann liegt sie und sollte sie, abhängig vom Beruf, oft bei 50/50 liegen.
Refinery29: Wie wichtig ist es einen Mentor zu haben?
Robin Haak: Ich habe in meiner Gründungsphase bei Jobspotting und in meiner operativen Geschäftsführer-Funktion bei SmartRecruiters immer Leute und Geschäftspartner um mich herum, die mich voran gebracht haben, zu denen ich aufgeschaut habe und die mich immer wieder dazu ermutigt haben, nicht den Glauben in die Sache zu verlieren.
Refinery29: Was würdet ihr Frauen, die selber gründen wollen, raten?
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Robin Haak: Patience and persistance! Ich glaube Elon Musk hat sinngemäß mal so etwas gesagt wie: „Gründen ist wie vor einem Abgrund zu stehen, runter zu gucken und dabei Glas zu essen.“ Man sollte nur gründen, wenn man für ein Thema glüht und passioniert dafür ist. Denn nur dann kann es ein Erfolg werden.
Lea Vajnorsky: Man kann nicht einfach irgendetwas gründen. Man braucht dieses gewisse Gefühl. Ein bisschen wie Verliebtsein. Und ich bin wirklich verliebt in dieses Thema.
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