Schmuck im Wert von 350 Euro, eine Smythson-Handtasche für 400 Euro, 470 Euro für ein iPad, eine Foundation für 123 Euro, ein 590 Euro teurer Missoni-Sweater, ein Paar Jeans für 230 Euro, ein Malerei-Starter-Set für 400 Euro, eine 54 Euro teure Kerze, Theaterkarten für rund 120 Euro, ein 110-Euro-Parfum und eine Tasche von Chanel für 1.200 Euro. Keine schlechte Liste, oder? Dabei sind das nur ein paar der schönen Weihnachtsgeschenke, die Paula* für ihre Freund:innen und Verwandten kaufte.
Sobald Weihnachten in greifbare Nähe rückt, fühlen sich viele von uns unter Druck gesetzt, deutlich mehr Geld für Geschenke und Essen hinzublättern, als wir uns eigentlich leisten können – und landen dabei regelmäßig in der Schuldenfalle. Denn obwohl Weihnachten als „magische“ Jahreszeit gilt, bedeuten die Feiertage für viele einen enormen finanziellen Druck.
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Das kennt auch die 40-jährige Paula. Für sie war Weihnachten immer kompliziert. Sie erzählt Refinery29, wie ihre unkontrollierten Weihnachtsausgaben schließlich sogar dazu führten, dass sie Tausende Euro Schulden hatte – aufgrund von Spenden und Geschenken für ihre Freund:innen und Verwandten, inklusive einer 1.200-Euro-Tasche für ihre Schwester. „Ich kaufte immer Geschenke für meine Liebsten und spendete Geld an Wohltätigkeitsorganisationen. Diese Einrichtungen bedankten sich dann immer so überschwänglich bei mir, dass ich nach dieser Wertschätzung quasi süchtig wurde. Dabei gab ich die ganze Zeit Geld aus, das ich eigentlich gar nicht hatte“, erzählt Paula. „Ich erschwerte mir mein eigenes Leben dadurch, dass ich versuchte, andere Leute glücklich zu machen.“
Paula hat eine schwierige Vergangenheit, und ihre Geldprobleme sitzen sehr tief. Als sie sechs Jahre alt war, wurde ihre Mutter alkoholsüchtig. „Es war schwierig, mit einer Süchtigen zusammenzuleben. In so einem Umfeld kannst du [als Kind] eigentlich gar nicht leben.“
Sie erzählt, ihre Mutter habe zu Weihnachten immer versucht, alles wiedergutzumachen, indem sie Hunderte von Euro für Paula und ihre Schwester ausgab, damit sie an den Feiertagen glücklich waren. „Meine Mutter baute rund um Weihnachten immer so einen emotionalen Druck auf“, sagt sie. „Sie wollte, dass alles perfekt war. Also gab sie viel zu viel Geld aus, und meine Eltern stritten sich andauernd deswegen. Mein Vater hasste das Thema Geld.“
Sie erzählt weiter: „Für mich war Weihnachten immer die schönste Zeit des Jahres, aber auch nur, weil meine Schwester und ich diese idealisierte Vorstellung von Weihnachten hatten; wir glaubten, Weihnachten sollte so sein. Es war die einzige Zeit des Jahres, zu der meine Mutter glücklich war. Sie war glücklich darüber, andere glücklich machen zu können, und das habe ich definitiv von ihr übernommen.“
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Ich dachte nie darüber nach, dass ich mir mit meiner Kreditkarte Schulden aufbaute. Ich dachte einfach, ich könnte jeden Monat 1.500 Euro ausgeben, ohne weiter drüber nachzudenken.
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Als Paula ihr Studium abschloss, fing sie einen Job als Buchhalterin an und gab Hunderte Euro ihres neuen Gehalts für Weihnachtsgeschenke für ihre Familie aus. „Ich kaufte ihnen teure italienische Klamotten, und meinem Vater sogar einen Anzug. Ich wollte, dass sie alle spürten, dass ich sie liebte. Ich dachte aber nie darüber nach, dass ich mir mit meiner Kreditkarte Schulden aufbaute. Ich dachte einfach, ich könnte jeden Monat 1.500 Euro ausgeben, ohne weiter drüber nachzudenken.“
Jedes Weihnachten veranstaltete Paula dann ein großes Festessen bei sich zu Hause, zu dem sie 12 Leute am Tisch versammelte, die sie allesamt von vorne bis hinten verwöhnen wollte. „In einem Jahr kaufte ich sechs frische Hummer für die Vorspeise und gab ein Vermögen für Cocktails und Deko aus.“ Durchschnittlich zahlte sie etwa 120 Euro pro Geschenk für ihre Freund:innen. „Ich schrieb mir in einer Excel-Liste auf, was ich meinen Freund:innen und Verwandten so alles kaufen wollte. Ich hörte das ganze Jahr über genau hin, wenn sie erwähnten, was sie sich wünschten, um sie dann an Weihnachten damit überraschen zu können. Wenn sie mir das nicht gleichtaten, war ich sehr verletzt.“
Sie vergleicht ihre Sucht zum Geldausgaben mit einer Drogenabhängigkeit und gesteht, dass sie ihre Einkaufstüten immer schuldbewusst versteckte. „Zehn bis 15 Minuten lang war das wie ein High. Ich fühlte mich so toll, weil ich etwas gekauft hatte, das andere nicht hatten.“
Über ein Jahrzehnt hinweg war Paula beruflich sehr erfolgreich, was es ihr erlaubte, sich auch Luxusartikel von beispielsweise Prada oder Chanel zu kaufen. Doch dann führte ein Konflikt mit ihrem damaligen Geschäftspartner dazu, dass alles in sich zusammenbrach. Sie verlor ihr Business – und hatte daraufhin enorme Rechnungen offen. „Ich fühlte mich gedemütigt, und mir war das so peinlich. Ich war am Boden zerstört“, erinnert sie sich.
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Erst dann wurde Paula klar, wie hohe Schulden sie sich wirklich aufgebaut hatte. Während sie noch fröhlich Geschenke für ihre Liebsten gekauft hatte, hatte sie bereits 35.000 Euro an Schulden angehäuft. Ihre Kreditkartenrechnung belief sich auf rund 23.000 Euro, und sie schuldete einer Darlehensfirma weiteres Geld. Dazu kam die monatliche Abzahlung für ihr Haus. Und trotzdem gab sie weiter Geld aus. „Ich kaufte meiner Schwester selbst dann noch teure Geschenke, als ich schon Schwierigkeiten hatte, überhaupt meine Stromrechnung zu zahlen“, sagt sie.
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Ich kaufte meiner Schwester selbst dann noch teure Geschenke, als ich schon Schwierigkeiten hatte, überhaupt meine Stromrechnung zu zahlen.
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Der Wendepunkt kam für sie erst dann, als ihre Schwester ihr von den Anonymen Schuldner:innen (kurz „DA“, für „Debtors Anonymous“) erzählte. Die Selbsthilfegruppe traf sich auch in ihrer Stadt. „Es war mir viel zu peinlich, mit meinen Freund:innen über meine Schulden zu sprechen. DA half mir dabei, eine Gruppe zu finden, wo mich niemand verurteilen würde.“
Sie ist jetzt seit fast drei Jahren Mitglied bei den Anonymen Schuldnern und besucht weiterhin zweimal pro Woche die Gruppensitzungen. Außerdem hat sie das 12-Schritte-Programm abgeschlossen, das Betroffenen dabei helfen soll, ihre Schulden unter Kontrolle zu bringen, indem sie sich ein Budget festlegen und die emotionale Last der Schulden mithilfe von Achtsamkeitsübungen zu bewältigen lernen. „Schulden können dich dem Suizid nah bringen. Sie richten viel Schaden an. Mein Problem war aber nie nur das Geld – ich hatte immer Schwierigkeiten, Menschen auch mal Nein zu sagen. Bei den DA-Treffen habe ich erkannt, wieso ich mich eigentlich so verhalte, und dass Weihnachten für mich am schwierigsten war, weil ich aufgrund der Sucht meiner Mutter dahingehend so ein emotionales Trauma erlebt hatte. In der Gruppe bekam ich die emotionale Unterstützung, die ich brauchte.“
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Gleichzeitig schenkte ihr die Gruppe ein ganz neues Selbstbewusstsein. „Es hat mir geholfen, mich selbst wieder zu lieben. Ich dachte nie, ich sei gut genug.“
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Du lernst tatsächlich auch, die Dinge mehr zu schätzen, wenn du nicht mehr zu allem freien Zugang hast.
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Seitdem hat Paula etwa 93.000 Euro ihrer Schulden abbezahlt, hat aber auch viel verloren. „Wegen meiner Schulden habe ich zwei Immobilien verloren und war schon unzählige Male vor Gericht. Ich weiß inzwischen nicht mal mehr, ob ich nächste Woche noch ein Dach über dem Kopf habe.“
Trotz der großen Herausforderungen, die ihr noch bevorstehen, ist Paula aber weiter optimistisch. „Ich werde ein neues Business hochziehen und mich wieder berappeln. Ich weiß, dass ich das hinkriege.“
Was ihren Lifestyle angeht, musste Paula vieles ändern. Inzwischen macht sie lieber in der Heimat Urlaub, anstatt Tausende Euro für große Reisen hinzublättern, und entscheidet sich eher für günstigere Theaterkarten und Restaurants. „Versteh mich nicht falsch: Ich finde immer noch, dass ich mein Leben auskosten sollte“, sagt sie, „aber mir ist klar geworden, dass ich meinen Lifestyle verändern sollte, damit ich nicht in Versuchung gerate, wieder zu viel auszugeben. Du lernst tatsächlich auch, die Dinge mehr zu schätzen, wenn du nicht mehr zu allem freien Zugang hast. Ich hatte früher viel Geld, konnte machen, was ich wollte, und das Leben war leicht. Es war ein großer Schock, das alles plötzlich nicht mehr zu haben.“
Weihnachten will Paula auch weiterhin genießen. Sie hat aber ihre Ausgaben zurückgeschraubt und verschenkt Dinge, die sie Anfang des Jahres im Januar-Sale gekauft hat. Außerdem ist Paula dankbar für vieles, was sie während der letzten Jahre gelernt hat. „Du wirst durch das Kaufen von Geschenken nie ein Loch in dir füllen können. Du musst schon eine Möglichkeit finden, dich selbst zu mögen und zu lieben. Ich weiß jetzt, dass ich genug bin – genau so, wie ich bin.“
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Aber wie klappt es denn mit dem achtsameren Geldausgeben rund um Weihnachten? Dazu meint Richard Lane von der Schuldner:innenberatungsstelle StepChange: „Wenn du viele Monate brauchst, um das Geld zurückzuzahlen, das du dir für deine Weihnachtsgeschenke geliehen hast, lohnt es sich, mal kurz innezuhalten: Würden sich deine Freund:innen oder Verwandten wirklich wünschen, dass du als Konsequenz deiner Großzügigkeit erstmal finanziell leiden musst? Den meisten Menschen wäre es viel lieber, dass ihre Liebsten finanziell gut ins neue Jahr starten, als dass sie an Weihnachten von ihnen ein schickes Geschenk bekommen. Es macht Spaß, Weihnachten zu feiern – aber nicht, dafür Schulden aufzunehmen.“
Die Beratungsstelle empfiehlt stattdessen, strategisch darüber nachzudenken, wie viel Geld du an Weihnachten wofür ausgibst: Suche zum Beispiel nach den besten und günstigsten Deals – vielleicht gibt es ja auch Rabattcodes? Setze dir außerdem ein festes Budget für Partys und andere Veranstaltungen. Und am wichtigsten: Überlege dir Geschenke für Freund:innen und Verwandte, die dich nicht mal Geld kosten müssen – wie ein Gutschein für einen Hausputz, eine Wäsche mit Bügeln, oder das Beibringen einer neuen Fähigkeit.
Richard ergänzt: „Wenn du ohnehin schon Schulden hast, lass dir nicht von dem Druck oder den Erwartungen, die mit Weihnachten einhergehen können, das Gefühl einreden, du müsstest Geld ausgeben.“
*Name wurde von der Redaktion geändert.
Wenn du unter Schulden leidest oder eine Person kennst, der es so geht, findest du bei den Anonymen Schuldner:innen Informationen und Hilfe.
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