Nach ein paar Monaten wurde Romero allerdings klar, dass viele der Wachstumschancen, die ihr anfangs versprochen worden waren, auf sich warten ließen. „Mir wurde immer wieder gesagt, ich sollte mich auf den Job konzentrieren, den ich schon hatte. Sie wollten auch nie irgendwelche neuen Ideen von mir hören“, erzählt Romero gegenüber Refinery29. „Der Druck war enorm, und man bekam wirklich das Gefühl, die Angestellten seien hier total austauschbar.“
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Romero hatte außerdem den Eindruck, andauernd für die kleinsten Dinge bestraft zu werden – zum Beispiel, wenn sie mal einen Blick auf ihr Handy warf oder sich mit Kolleg:innen am Schreibtisch nebenan unterhielt. Irgendwann wurde das Ganze so schlimm, dass sie bei der Arbeit Panikattacken und Schwindelanfälle erlebte und feststellte, dass ihr die Haare ausfielen. „Meine Angstzustände wurden immer heftiger“, erzählt sie. Obwohl ihr hier ein Job versprochen worden war, der ihre Karriere voranbringen würde, befand sie sich dort jetzt in einer furchtbaren Lage. „Ich war am Boden zerstört und verließ nach nur vier Monaten die Firma“, sagt Romero.
Obwohl sie sich durchaus über die Firma informiert hatte, bevor sie die Stelle dort angenommen hatte, meint Romero rückblickend, sie hätte mehr über die Firmenkultur herausfinden sollen, anstatt sich vom externen Marken-Image täuschen zu lassen. „Nach außen hin betonten sie ihr Umweltengagement und gaben damit an, wie viel Gutes sie tun“, erzählt Romero. „Ich schätze, davon ließ ich mich ein bisschen um den Finger wickeln.“
Die Arbeitsplatzkultur wird in der öffentlichen Debatte zu einem immer größeren Thema. Wir verstehen „Sicherheit am Arbeitsplatz“ heute ganz anders als früher und sind uns stärker bewusst, dass es in manchen Betrieben wirklich toxisch zugeht. Das Finden eines positiven, gesunden Arbeitsumfelds ist daher für viele von uns zur großen Priorität geworden. Und weil sich unser Blick auf die Arbeitskultur nach der Pandemie verändert hat, sind viele Jobsuchende heute anspruchsvoller denn je, was ihren potenziellen neuen Arbeitsplatz angeht. Dazu ist es immer eine gute Idee, dich schon im Voraus gründlich über die Firmenkultur der entsprechenden Stelle zu informieren, um sicherzugehen, dass du nicht unabsichtlich irgendwo landest, wo deine Bedürfnisse oder Werte zu kurz kommen.
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Ressourcen wie Glassdoor gewähren Angestellten und Jobsuchenden zwar einen Einblick in die Firmenkultur, haben aber auch ihre Macken. Immerhin kann solches Crowdsourcing von Einzelnen beeinflusst und verzerrt werden, die mit einer Firma noch ein Hühnchen zu rupfen haben. Und obwohl Organisationen wie Glassdoor zwar jährliche oder halbjährliche Listen der besten Arbeitgeber:innen veröffentlichen – und dieses Wissen sehr hilfreich sein kann –, möchte (oder kann) natürlich nicht jede:r für diese Firmen arbeiten.
Wenn du also derzeit auf der Jobsuche bist und dich bei einer Firma bewerben möchtest, deren Arbeitskultur im Netz nicht gründlich dokumentiert ist, fragst du dich vielleicht, wie du herausfinden sollst, ob du dich dieser Firma überhaupt anschließen willst.
Dazu haben wir mit Cynthia Pong von Embrace Change gesprochen. Sie arbeitete früher als Anwältin, ist heute aber Karriere-Coach mit dem Ziel, Frauen (und vor allem Frauen of color) in ihrer beruflichen Laufbahn zu unterstützen. Sie erzählt uns, wie du schon vor der Bewerbung oder dem Unterschreiben eines Vertrags eine potenziell toxische Firmenkultur erkennen kannst. Hier hat sie uns sechs einfache Tipps zusammengestellt – damit du am Ende nicht mit einem Job dastehst, den du überhaupt nicht leiden kannst.
*Name wurde von der Redaktion geändert.
1. Finde jemanden, der oder die in der Firma arbeitet
Laut Pong findest du am besten etwas über die Arbeitskultur einer Firma heraus, indem du mit jemandem sprichst, der oder die aktuell dort arbeitet. Wenn du dort bereits jemanden kennst, kannst du dich bei dieser Person melden und nachfragen, ob ihr vielleicht ein ehrliches Gespräch über ihre dortigen Erfahrungen führen könntet. Was gefällt ihr am besten an dieser Firma? Was, glaubt sie, könnte noch besser werden? „Der beste Zeitpunkt dafür ist noch vor deiner Bewerbung, weil es dann nicht so aussieht, als hättest du dafür ein konkretes Motiv“, meint Pong.
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Wenn du niemanden dort kennst, empfiehlt sie, dich mal auf LinkedIn oder der Unternehmenswebsite umzusehen, ein paar Leute anzuschreiben und ein Interesse an ihrer Branche oder Jobposition auszudrücken. Wären sie vielleicht gewillt, mal mit dir zu reden? Ein solches Gespräch sollte aber am besten nicht direkt am Arbeitsplatz oder in dessen Umgebung stattfinden, weil du dann „eventuell keine objektive oder ehrliche Meinung hörst“, meint Pong.
Bevor du dieses Gespräch anstößt, solltest du du dir überlegen, was deine persönlichen K.O.-Kriterien für einen Arbeitsplatz sind, rät Pong. Sie empfiehlt außerdem, offene Fragen darüber zu stellen, wie es ist, für diese Firma zu arbeiten, und wie sich die Person mit ihren Kolleg:innen versteht. Pong zufolge erfährst du auch viel über die wahren Gefühle deines Gegenübers, indem du darauf achtest, wie dir die Person antwortet – ob sie zögert oder auf manche Fragen keine Antwort gibt. „Auch nicht-verbale Hinweise können dir viel verraten“, sagt sie.
Bedenke dabei aber, dass manche Leute nicht gern über ihren Arbeitsplatz lästern, ergänzt Pong. „Gleiche deine direkteren Fragen auch mit solchen aus, die mit den Firmenwerten und dem Job selbst zu tun haben“, sagt sie. „Abhängig von ihren Antworten kannst du dann auch weitere Fragen stellen. Zum Beispiel, ob die Angestellten dort länger arbeiten oder schnell wieder kündigen.“
2. Stelle beim Vorstellungsgespräch ganz direkte Fragen
Auch beim Vorstellungsgespräch kannst du viel über die Firmenkultur in Erfahrung bringen. Pong zufolge ist das aber nicht immer die beste Strategie. Immerhin haben die Menschen, die dir dort gegenübersitzen, meist kein großes Interesse daran, völlig transparent zu sein. Immerhin ist es ihre Aufgabe, die Stelle zu besetzen – und nicht, Kandidat:innen abzuschrecken. „Manche Firmen sind sehr ehrlich. Bei der großen Mehrheit würdest du darauf aber sicher eine vorgefertigte Antwort bekommen“, meint Pong. „Soll heißen: etwas, das sich gut anhört, letztlich aber nicht viel aussagt.“
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Wenn du die Firmenkultur schon vor deinem Vorstellungsgespräch ein bisschen misstrauisch betrachtest – ob nun wegen deiner eigenen Recherche oder aufgrund eines Gesprächs mit wenig begeisterten Angestellten –, kannst du in dem Gespräch auch darum bitten, mal mit Angestellten über ihre Erfahrungen sprechen zu können. „Wenn sie diese Bitte empört abweisen, ist das ein Warnsignal“, erklärt Pong.
3. Recherchiere, ob die Firma schon verklagt wurde
Weil du nie darauf zählen kannst, dass man dir beim Vorstellungsgespräch komplett ehrlich begegnet, empfiehlt Pong, dich nach öffentlichen Berichten rund um eventuelle juristische Schwierigkeiten der Firma umzusehen. Solche Informationen findest du meist schon mithilfe einer simplen Google-Suche.
Wenn du mehrere Artikel oder Berichte darüber findest, dass die Firma schon wegen Belästigung oder rassistischer Diskriminierung oder Ähnlichem verklagt wurde, ist das vielleicht nicht der Arbeitsplatz deiner Träume. „Wenn es über viele Jahre hinweg zu ein, zwei Klagen kam, ist das eine Sache“, sagt Pong. „Wenn es aber eher ein Trend zu sein scheint, ist das ein eindeutiges Warnsignal.“
4. Sieh dir den Lebenslauf der Geschäftsleitung an
Pong zufolge können Jobsuchende viel über einen Betrieb lernen, indem sie sich die Werdegänge der Geschäftsführung bzw. des oberen Managements mal genauer ansehen. Daran erkennst du zum Beispiel, ob die Firma wirklich so viel Wert auf Diversity legt, wie sie nach außen hin behauptet. Gleichzeitig erfährst du dabei, wo diese Leute vorher waren, bevor sie hier angefangen haben.
Dadurch bekommst du außerdem ein Gefühl dafür, wie die Firma die persönliche Weiterentwicklung ihrer Angestellten fördert. „Erkennst du ein Muster darin, ob Beförderungen meist innerhalb des Unternehmens passieren? Oder stößt das obere Management meist von außen hinzu?“, fragt Pong.
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5. Sieh dir, wenn möglich, die Finanzen der Firma an
Wenn du für eine gemeinnützige Nonprofit-Organisation arbeiten möchtest, solltest du dir laut Pong vorher den Geschäftsbericht der Firma ansehen, sofern du ihn finden kannst.
Öffentliche Unternehmen (und auch manche gemeinnützige) müssen ihre finanziellen Informationen öffentlich machen. Dadurch bekommst du einen Einblick darin, wie ein Unternehmen sein Geld ausgibt – und auch, ob es in die Fortbildung und berufliche Weiterentwicklung seiner Angestellten investiert, oder eher viel für gerichtliche Verhandlungen hinblättern muss. „Gleichzeitig erfährst du daraus womöglich, wer in der Firma das meiste Geld bekommt“, ergänzt Pong.
6. Sieh dir Blogposts und Pressemitteilungen der Firma an
Um herauszufinden, ob du wirklich für eine Firma arbeiten möchtest, kannst du dir auch firmeneigene Blogposts, Pressemitteilungen oder andere Formen der öffentlichen Information durchlesen. „Schau, ob das Unternehmen die Erfolge seiner Angestellten feiert“, empfiehlt Pong. „Scheint es seine Mitarbeitenden zu unterstützen? Oder wird sich nur auf den Profit konzentriert?“
Darüber hinaus ist es laut Pong auch eine gute Idee, ob die Firma auch Posts über die professionelle Weiterentwicklung oder Initiativen zugunsten ihrer Angestellten absetzt. Auch anhand von Pressemitteilungen bekommst du einen guten Eindruck davon, ob in der Firma meist intern befördert wird, oder ob Positionen von außen besetzt werden.
Egal, welche Methoden du am Ende ausprobierst: Denk dran, dass es nur vernünftig ist, dich mit der Kultur einer potenziellen Arbeitsstätte zu befassen, um herauszufinden, ob ihr gut zueinanderpasst – und dass du damit langfristig dir selbst und dem Unternehmen einen Gefallen tust.
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