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COVID-19: Interview mit der ersten Versuchsperson für den neuen Impfstoff

Photo: AP Photo/Ted S. Warren.
In vielen Teilen der Welt arbeiten Pharmaunternehmen und akademische Einrichtungen Tag und Nacht daran, einen Impfstoff gegen den COVID-19, aka Coronavirus, zu entwickeln, um die rasch voranschreitende Pandemie aufzuhalten.
Auch die Forscher*innen des Kaiser Permanente Washington Research Institute in Seattle arbeiten auf Hochtouren, um einen Impfstoff zu entwickeln – und ihre Forschungen scheint einen Schritt weiter gekommen zu sein. Laut Berichten der Associated Press starteten sie vorgestern, um 8 Uhr, mit den ersten Tests für einen experimentellen Impfstoff gegen das Virus an Versuchspersonen. Zuerst haben nur vier Personen die Spritze bekommen, aber im Laufe des Versuchs werden noch 45 weitere Testpersonen geimpft. Damit soll die Sicherheit und Wirkung des Impfstoffs ermittelt werden. Andere Studien werden dann beurteilen, wie gut es wirklich ist. Selbst wenn alles gut geht, könnte es aber wahrscheinlich ein Jahr dauern, bis der Impfstoff von Moderna Inc. für alle verfügbar sein wird.
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Die allererste Person, die die Impfung erhielt, war Jennifer Haller. Die 43-Jährige ist Betriebsleiterin in einem kleinen Tech-Unternehmen und Mutter von zwei Teenies. Sie hat das Virus nicht und meldete sich freiwillig, um bei der Bekämpfung der Krankheit zu helfen.
In einem Telefon-Interview mit Refinery29 erklärt sie, wie es sich anfühlt, ein menschliches Versuchskaninchen zu sein und wie der Test ablief.
Refinery29: Wie hast du von der Forschung erfahren und was hat dich dazu bewegt, dich freiwillig zu melden?
Jennifer Haller: Vor etwa zwei Wochen veröffentlichten sie fast überall Anzeigen, in denen sie nach Freiwilligen suchten. Ein Freund von mir postete ihn auf Facebook und da ich sowieso helfen wollte, dachte ich, ich füll die Umfrage einfach mal aus. Am nächsten Tag erhielt ich einen Anruf, indem sie mich nach meiner medizinischen Vorgeschichte befragten.
Nachdem ich mich qualifiziert hatte, machten sie am nächsten Tag Tests, um meinen körperlichen Zustand zu checken und ein Blutbild zu machen. Anscheinend war alles gut, darum war ich die erste Person, die den Impfstoff verabreicht bekam.
Wie oft sollst du geimpft werden?
Zweimal. Die erste Impfung hab ich schon hinter mir. Jetzt muss ich zwei Wochen lang Tagebuch darüber führen, ob und wenn ja, welche Symptome ich aufweise und wie meine Körpertemperatur ist. Nach einer Woche gehe ich wieder ins Labor für ein weiteres Blutbild. Und in knapp vier Wochen bekomme ich die zweite Impfung und muss die ganze Prozedur wiederholen. In den nächsten 14 bis 18 Monaten muss ich dann immer wieder für ein Blutbild zurückkommen.
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Wirst du dafür bezahlt?
Wir bekommen eine Aufwandsentschädigung dafür. Aber sind wir mal ehrlich: Was ich hier tue, ist eigentlich unbezahlbar. Das Geld ist natürlich ein schönes Plus, aber dafür mache ich das Ganze hier nicht.
Warst du überrascht, als sie dich anriefen? Glaubst du, es haben sich sehr viele freiwillig gemeldet?
Ja, das war schon sehr verrückt! Ich weiß nicht, wie viele Leute genau sich freiwillig gemeldet hatten. Ich denke, es waren Tausende. Ich war mit einer Freundin beim Dinner, als ich den Anruf bekam. Ich fragte sogar, ob ich sie bitte zurückrufen könnte, weil ich gerade beim Essen war. Sie sagten zwar „Ja, Sie können uns zurückrufen“, aber ich merkte, wie zurückhaltend sie waren. Also nahm ich mir die Zeit mit ihnen zu reden – und ich bin froh, dass ich das tat!
Du wohnst in Seattle, einem Hotspot für das Virus. Hast du Freund*innen, die sich schon damit angesteckt haben oder kannst du uns sagen, wie die Situation gerade dort ist?
Ich kann mit der Berichterstattung kaum noch mithalten. Jeden Tag gibt es neue Fälle, Erkenntnisse und so weiter. Freund*innen von meinen Freund*innen haben sich schon angesteckt. Meine Eltern leben in Kenmore – das ist sehr nahe am ursprünglichen US-Epizentrum Kirkland. Meine Mutter ist 70 und mein Stiefvater ein 85-jähriger Asthmatiker. Ich mache mir große Sorgen um ihre Gesundheit. Das alles ist wirklich heftig.
Aber ich weiß, mir wird es gut gehen. Meiner Familie wird es gut gehen. Wir haben all die Dinge, die wir brauchen, um das zu überstehen. Ich mache mir nur Sorgen um all die Amerikaner, die nicht so viele Privilegien haben, wie ich und meine Familie.
Letzten Donnerstag war ich im Supermarkt und gab 250 Dollar für Dinge aus, die wir in den nächsten Wochen brauchen könnten. Und selbst das können viele Menschen nicht machen. Viele, vor allem in der Kunstszene und im Gaststättengewerbe, verlieren gerade ihre Jobs. Das ist schrecklich und es wird wahrscheinlich noch viel schlimmer. Ich mache mir wirklich Gedanken darüber, wie sich das auf ihre körperliche Gesundheit und ihre Psyche auswirken wird.
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Warst du am Tag der Impfung nervös? Was dachten deine Freund*innen und Familie darüber?
Einige meiner Freund*innen waren definitiv besorgt. Ich erklärte ihnen aber, dass der Impfstoff mRNA-basiert ist und ich somit nicht dem Virus an sich ausgesetzt werde. Das beruhigte sie dann schon. Aber ja, ich musste eine 45-seitige Verzichtserklärung unterzeichnen. Und es wurde noch nie an Menschen getestet. Da fühlt man sich schon etwas komisch.
Aber nach meinem Verständnis ist das Virus ähnlich wie bei MERS und SARS. Außerdem ist das Gute, das daraus entstehen kann, so viel mehr wert als all die Risiken, die diese Impfung mit sich bringt. Ich bin ein positiver Mensch und versuche, mich einfach nur auf die Vorteile zu konzentrieren. Ich hatte also keine Angst, auch wenn meine Freund*innen mir immer wieder sagten, dass ich es eigentlich sollte.
Was weißt du noch über den Impfstoff, die Risiken und die Inhaltsstoffe?
Das ist natürlich eher eine Frage für die Wissenschaftler*innen. Ein Risiko ist wohl, dass der Impfstoff nicht funktioniert. Ich tue es nicht in der Hoffnung, mich zu schützen, das erwarte ich auch nicht. Im Moment versuchen sie nur, herauszufinden, welche Dosis sie mir geben müssen, damit der Impfstoff wirksam ist.
Wurden dir noch weitere Vorkehrungen empfohlen?
Was die Teilnahme an der Studie betrifft, habe ich keine weiteren Vorkehrungen treffen müssen. Ich soll nur das tun, was alle anderen auch machen sollen. Auch hier gilt: Da ich nicht dem eigentlichen Virus ausgesetzt bin, besteht für niemanden in meiner Umgebung ein Risiko.
Wie fühlst du dich?
Ich fühl mich großartig. Die Spritze selbst war ziemlich schmerzfrei, sehr ähnlich einer Grippeimpfung – und überraschenderweise tut mein Arm nicht einmal sehr weh. Ich spüre es heute ein wenig. Aber abgesehen davon fühle ich mich super, ganz normal.

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