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Ich habe den Corona-Impfstoff getestet & so geht es mir einen Monat später

Photo: AP Photo/Ted S. Warren.
Als klar wurde, wie schnell sich das Coronavirus auf der Welt verbreitet und wie tödlich es ist, ging die globale Suche nach einem Impfstoff richtig los. Zurzeit ist von 115 Impfstoffkandidaten die Rede, von denen wiederum aktuell 78 weiterentwickelt werden. Die weltweit erste Versuchsreihe am Menschen wurde von Moderna, Inc, einem Biotech-Unternehmen in Massachusetts, ins Leben gerufen. Vor einem Monat bekam dort eine Gruppe von Freiwilligen den Test-Impfstoff gespritzt.
Die erste Person, die die Impfung erhielt, war Jennifer Haller aus Seattle. Einen Tag danach gab sie Refinery29 ein Interview und erzählte über das Verfahren und den getesteten Impfstoff. Etwa einen Monat später, am Dienstag, dem 14. April, erhielt sie nun die zweite und letzte Dosis. Wir nutzten die Gelegenheit, uns bei ihr zu melden. Haller erzählt uns in diesem Interview, welche Nebenwirkungen sie als Folge des Impfstoffs hatte und wie sie mit all der Aufmerksamkeit umgeht, die ihr zuteil wurde, nachdem die Nachricht über ihre Teilnahme an der Studie an die Öffentlichkeit gelangt war.
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Dieses Interview wurde aus Gründen der Klarheit und Länge gekürzt.
Refinery29: Schön, dass wir uns wieder sprechen. Wie war der letzte Monat für dich? 
Jennifer Haller: Im Grunde hatte ich gar keine Symptome nach der Impfung. Mein Arm hat nur einen Tag lang etwas wehgetan. Und heute, nach der zweiten Impfung, ist es wieder so. Aber ich habe keine weiteren Nebenwirkungen – was ein sehr gutes Zeichen ist. Ich habe einfach mein Leben so normal wie möglich weitergelebt und musste auch keine besonderen Vorsichtsmaßnahmen oder Einschränkungen beachten.
Wurde dein Blut zwischen der ersten und der zweiten Impfung mehrmals getestet?
Ja. Eine Woche nach der ersten Impfung ging ich zur Blutabnahme. Die sollte nur meinen allgemeinen Gesundheitszustand prüfen und sicherstellen, dass es mir gut geht. Zwei Wochen danach haben sie mir wieder Blut abgenommen. Dabei wurden auch wieder meine Werte gecheckt und gleichzeitig überprüften sie, ob ich möglicherweise Antikörper gebildet hatte. (Antikörper würden auf eine Immunreaktion auf den Impfstoff hinweisen, was ein positives Zeichen wäre.)
Bis jetzt wissen nicht einmal die Studienärzt*innen, was der Test zur Antikörperproduktion ergeben hat – und ich weiß somit natürlich auch nicht mehr. In der zweiten Phase geht es vor allem aber darum, die Wirkung der Impfung zu beobachten. Ich glaube nicht, dass mir irgendwelche Ergebnisse mitgeteilt werden, bevor sie nicht publiziert wurden.
Am 14. April erhielt ich die zweite Dosis des Impfstoffs. Jetzt wiederholt sich die Prozedur der ersten Impfung: Ich führe die nächsten acht Tage ein Protokoll mit Angaben zu meiner Temperatur und allen Symptomen. Außerdem hatte ich in den ersten zwei Tagen, nach der ersten Impfung, zwei Check-in-Anrufe, bei denen ich den Forscher*innen meine Vitalwerte telefonisch mitteilen sollte. Diese Woche wird mir noch einmal Blut abgenommen und in zwei Wochen auch. Dann muss ich in den nächsten zwölf Monaten noch dreimal zur Blutabnahme. Doch es wird keine weiteren Impfungen mehr geben.
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Hat die Teilnahme an der Studie dein tägliches Leben beeinflusst? Fühlst du dich jetzt irgendwie anders?
Nein. Und ich gehe auch nicht davon aus, dass ich durch die Impfung automatisch immun bin. Ich verhalte mich so, als würde ich nicht an der Studie teilnehmen. Das bedeutet auch, dass ich mich an die allgemeinen Maßnahmen zur Eindämmung des Virus halte.
Viele Menschen reagierten mit einem Gefühl der Erleichterung auf unser erstes Interview mit dir. Sie waren froh über diese positiven Nachrichten. Und nicht nur, wegen des Impfstoffs an sich, sondern auch, weil du und die anderen Teilnehmer*innen euch freiwillig gemeldet habt, um der Gesellschaft zu helfen. Wie kommst du mit dem plötzlichen Interesse an deiner Person klar?
Ich glaube, ich wollte das tun, weil ich mir über meine Privilegien bewusst bin: Ich habe einen sicheren Arbeitsplatz, Freund*innen und Familie in der Nähe, und genug Ersparnisse, um über die Runden zu kommen. Nicht viele Menschen können Teil einer solchen Studie sein, auch wenn sie wollten. Sie stehen unter so viel mehr Stress als ich und haben wegen der Krise oft auch mit Zukunftsängsten zu kämpfen. Genau deshalb wollte ich etwas tun, was andere einfach nicht tun könnten – weil es eben riskant ist.
Anfangs fiel es mir auch schwer, mit dem Lob umzugehen… Ich habe tonnenweise Liebe, Dank und Gebete von Tausenden von Menschen auf Facebook, Instagram, LinkedIn erhalten. Das war schon überwältigend und ich wusste ehrlich gesagt auch nicht genau, wie ich darauf reagieren sollte. Es fühlte sich für mich nicht richtig an, all dieses Lob zu bekommen, weil ja viele andere auch an dieser Studie teilnehmen, damit wir so schnell es geht einen Impfstoff finden. Ich bin nur ein kleiner Teil dieser Bemühungen.
Letztendlich holte ich mir Rat bei einer spirituellen Beraterin, an die ich mich auch schon in der Vergangenheit gewandt habe. Sie sagte mir: „Wenn jemand dich kritisiert oder gemein zu dir ist, dann liegt das daran, dass er oder sie etwas anderes in seinem Leben vor hat. Also nimmst du das nicht persönlich“. Und sie half mir zu verstehen, dass dies nur die Kehrseite der Medaille ist. Auch dieses Lob ist nicht persönlich zu nehmen, denn es geht nicht um mich. Es geht um Menschen auf der Suche nach Hoffnung und einer guten Zukunft. Das hat mir wirklich geholfen, die positiven Botschaften, die ich erhalten habe, anzunehmen und weiterzugeben.
Und ich wollte es an diejenigen weiterreichen, die hier tatsächlich ihr Leben aufs Spiel setzen. Diejenigen, die arbeiten, um ihre Familie zu ernähren und ihre Miete zu zahlen. Diejenigen, die für den Mindestlohn auf Bauernhöfen arbeiten, Lastwagen fahren oder Krankenhäuser reinigen – all jene, die systemrelevante Berufe haben. Diese Menschen bringen Opfer und sie sind diejenigen, die gerade beängstigende Zeiten durchleben.

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