Dank Corona könnte der Duden wohl bald eine Erweiterung gebrauchen, denn die Pandemie hat unser aller Vokabular um ein paar Begriffe ergänzt – wie beispielsweise „Social Distancing“ oder „Zoom-Meeting“. Und dann wäre da noch eine Wortneuschöpfung, die allerdings etwas… sagen wir mal brisanter ist. Und die lautet: „Coronalingus“.
Obwohl ich direkt davon ausging, der Begriff habe etwas mit Oralsex zu tun (da „lingus“ schließlich vom lateinischen Wort „lingere“ abgeleitet ist, was „lecken“ bedeutet), ist seine eigentliche Bedeutung gar nicht so spezifisch. Das Urban Dictionary definiert Coronalingus allgemein als „Sex während des coronabedingten Social Distancings“.
Und wie soll man das jetzt in einem Satz verwenden? Das macht uns das Magazin The Economistvor: „Hat dir ein*e Freund*in von einem ‚Coronalingus’-Abend erzählt, während du noch dabei warst, ein besonders schmerzhaftes ‚Zumping‘ zu verdauen?“ (Auch so eine kreative Wortneuschöpfung – in diesem Fall bestehend aus „Zoom“ und „dumping“, sprich: Schluss machen via Video-Call. Autsch.)
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Okay, das ist also Coronalingus. Aber die viel interessierte Frage ist doch: Ist es überhaupt eine gute Idee, während einer Pandemie Sex zu haben?
Abhängig von deinen Umständen kann dabei ein gewisses Risiko mitspielen, erklärt die Sextherapeutin, Neurowissenschaftlerin und Autorin von Why Good Sex MattersDr. Nan Wise. Wieso, ist klar: Coronalingus, Cunnilingus und die ganzen anderen Lingi sind mit einem Sicherheitsabstand von 1,50 Metern schlecht machbar. „Und es wäre unrealistisch zu erwarten, Leute würden beim Sex Masken tragen“, mutmaßt Wise.
Da stimmt auch die Sexualpädagogin Erica Smith zu. „Ich würde [Sex während COVID-19] nicht als völlig sicher bezeichnen“, sagt sie. „Wenn du während der Pandemie Sex haben möchtest, überlege dir vorher Folgendes: Treffen meine Partner*innen die nötigen Corona-Vorsichtsmaßnahmen – tragen sie Masken, waschen sie sich die Hände, achten sie auf Social Distancing? Mit wie vielen Menschen wohnen sie zusammen, mit wie vielen haben sie im Alltag persönlich zu tun? Waren sie in letzter Zeit in einem Risikogebiet unterwegs?“
Eines steht fest: Während der Pandemie bist du mit Masturbation immer noch am besten beraten. (Das New Yorker Gesundheitsamt riet im Juni sogar explizit dazu und betonte: „Sie selbst sind ihr*e sicherste*r Sexualpartner*in.“) Möchtest du dennoch andere involvieren, ist die sicherste Wahl jemand aus deiner „sozialen Blase“ – also eine Person, mit der du ohnehin schon zusammenwohnst, oder die du oft siehst und die sich deines Wissens nach an die Regeln des Social Distancings hält.
Möchtest du deinen Kreis um eine Person erweitern (zum Beispiel um jemanden, mit dem oder der du bereits ein paar virtuelle Dates hattest), solltet ihr vor dem Sex nicht bloß die Frage eventueller Geschlechtskrankheiten erörtern, sondern auch klären, ob und wann ihr euch zuletzt auf COVID-19 habt testen lassen. „Frage direkt nach“, rät Smith. „Dieses Gespräch ist genauso wichtig wie das über Geschlechtskrankheiten.“
Wenn du all das dennoch übersprungen hast und direkt mit jemandem außerhalb deines engen Bekanntschaftskreises zum heißen Teil vorgeprescht bist, solltest du in Erwägung ziehen, ein paar Tage in Quarantäne zu bleiben. Fallen dir coronatypische Symptome auf, lass dich am besten testen, um die Verbreitung des Virus einzudämmen.
Kurz gesagt: Du solltest Coronalingus nicht auf die leichte Schulter nehmen – ganz egal, wie cool der neue Begriff klingt oder wie heiß er sein mag. „Das ist die perfekte Gelegenheit, um es langsam angehen zu lassen und die andere Person besser kennenzulernen, bevor es zwischen euch so richtig losgeht“, meint Wise. „Wenn du herausfinden willst, ob er oder sie ein*e gute*r Sexualpartner*in sein könnte, lernt euch besser kennen – und dringt eben zuerst in den Kopf des oder der jeweils anderen ein. Das ist sexy.“
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