Schwangere müssen sich oft Rat anhören, ohne je darum gebeten zu haben – und manchmal ist es schwer, inmitten all dieser teils irreführenden Ratschläge noch die richtige Entscheidung zu treffen. Bei der Corona-Impfung ist das Meer aus diesen Ratschlägen besonders groß; Impfgegner:innen verbreiten schon seit Monaten Fehlinfomationen über die Corona-Impfung während der Schwangerschaft und sorgen damit für Angst und Schrecken, obwohl zahlreiche Studien erwiesen haben, dass die Impfstoffe nicht nur für Schwangere, sondern auch ihre Babys sicher sind. Trotz dieser Studien herrscht eben wegen der vielen Falschinformationen große Unsicherheit unter Schwangeren, und trotz der Empfehlung deutscher gynäkologischer Fachgesellschaften zur Impfung während der Schwangerschaft hält sich die Ständige Impfkommission mit derselben Empfehlung bisher zurück. Die Impfung während der Schwangerschaft wird in Deutschland aktuell nur in Einzelfällen durchgeführt – konkret heißt das: „nach Nutzen-Risiko-Abwägung und nach ausführlicher Aufklärung […] mit einem mRNA-Impfstoff ab dem 2. Trimenon“. In anderen Ländern werden Schwangere hingegen schon ganz regulär geimpft.
WerbungWERBUNG
Ich habe das Glück, in der 32. Schwangerschaftswoche geimpft zu sein und bin erleichtert, dass ich mich gemeinsam mit mehreren Ärzt:innen für die Spritze entschieden habe, nachdem ich mir mehrere Studien dazu durchgelesen habe. In der 25. SSW bekam ich die erste, vier Wochen darauf die zweite Moderna-Impfung, und das Ganze war ziemlich unspektakulär: Nach dem ersten Termin hatte ich leichte Oberarmschmerzen, die am nächsten Tag schon wieder verschwunden waren, obwohl die kleine rote Beule an der Einstichstelle noch eine Weile blieb (weil ich zu den Wenigen zählen, die den sogenannten „COVID-Arm“ erlebten, vermutlich wegen meiner empfindlichen Haut). Nach meiner zweiten Spritze wachte ich nachts mit Muskelschmerzen und Schüttelfrost auf; Symptome, die bewiesen, dass mein Immunsystem erfolgreich auf den Impfstoff reagierte. Durch die Schmerzen konnte ich kaum schlafen und döste dann quasi den gesamten nächsten Tag. Das war eine nette Ausrede dafür, einfach mal nichts zu tun und mir ein langes Bad zu gönnen, und etwa 30 Stunden nach der Impfung war ich wieder ganz die Alte. Zusätzlich hatte ich zwei separate Kontrolltermine nach jeder der Impfungen, wo sich zeigte, dass das Herz meines Babys ganz normal weiterschlug. (Ich glaube sogar, er freut sich darüber, dass ich ihm die Immunität weiterreiche – in letzter Zeit ist er deutlich aktiver!)
Während ich mich natürlich glücklich schätzen kann, einfühlsame Ärzt:innen, jede Menge verfügbare positive Informationen zur Impfung während der Schwangerschaft sowie letztlich auch eine harmlose Impfung gehabt zu haben, schaute ich dem Ganzen nicht so entspannt entgegen, wie ich ohne die ganzen ungefragten Ratschläge aus allen Richtungen vielleicht gekonnt hätte. Besonders besorgt mich, dass ich mir absolut vorstellen kann, dass sich viele andere – die sich vielleicht leichter von etwas überzeugen lassen als ich, oder die keine Lust auf das Lesen der Studien zum Thema haben – sicher gegen die Impfung empfehlen, weil es die vielen lauten Stimmen so wollen. Dabei glaube ich jetzt mehr denn je, dass du bei einer Entscheidung zu deinem eigenen Körper (nicht nur im Kontext einer Impfung) auf die verfügbare Forschung, nicht auf Verwandte, Bekannte oder gar Fremde hören solltest, die eventuell falsche Informationen irgendwo aufgeschnappt haben. Damit du eine informierte Entscheidung treffen kannst, habe ich dir hier ein paar typische Fragen und Missverständnisse rund ums Thema Corona-Impfung während einer Schwangerschaft zusammengestellt.
WerbungWERBUNG
Woher wissen Ärzt:innen, dass der Corona-Impfstoff während einer Schwangerschaft sicher ist?
Schwangere und Stillende nahmen nicht an den ersten Corona-Impfstoff-Versuchen teil, wodurch es vielen Ärzt:innen schwer fällt, ihre schwangeren Patient:innen von der Sicherheit der Spritze zu überzeugen. Dabei kann eine tatsächliche Corona-Erkrankung für Schwangere und Babys wirklich riskant sein, ergab eine aktuelle Studie der Universität Oxford: Schwangere, die an COVID-19 erkranken, haben ein 20-mal so hohes Sterberisiko wie nicht infizierte Schwangere. Auch Auswertungen einer Studie der amerikanischen Gesundheitsbehörde CDC im New England Journal of Medicine zufolge spricht alles für eine Impfung Schwangerer: Unter den 35.691 schwangeren Teilnehmer:innen an der Impfstudie ergaben sich keine offensichtlichen Sicherheitsmängel.
Viele Ärzt:innen empfehlen die Impfung außerdem, weil sie wissen, wie die Impfstoffe wirken – und dass von ihrer Funktionsweise keine Gefahr ausgeht. Zum Beispiel scheint sich die Impfung nicht auf die Plazenta auszuwirken, wo Ärzt:innen meist zuerst nachschauen, ob mit der Schwangerschaft etwas nicht stimmt. Das zeigt eine Studie im Fachmagazin Obstetrics & Gynecology, die geimpfte Schwangere untersuchte und ergab, dass der Impfstoff die Plazenta nicht beeinflusste. „Wir sehen keine Indizien dafür, dass die Plazenta durch die Impfung verletzt wird“, stellt eine der Forscher:innen der Studie, Dr. Emily Miller, gegenüber der Chicago Tribune klar. „Das ist nur eine von inzwischen vielen Studien, die beweisen, dass die Impfung während der Schwangerschaft ungefährlich ist.“ Eine andere Studie der Northwestern University hingegen zeigte, dass die Plazenta bei Schwangeren, die sich mit COVID infizierten, sehr wohl Verletzungen aufwies.
Welche Vorteile hat eine Corona-Impfung während der Schwangerschaft?
WerbungWERBUNG
Der erste Vorteil ist ziemlich offensichtlich: Wie auch bei nicht-schwangeren Geimpften sorgt die Impfung bei Schwangeren für einen zuverlässigen Schutz vor dem Virus. Während die Impfstoffe derzeit aber noch nicht für Kinder und Babys zugelassen sind, schützt du durch eine Schwangerschaftsimpfung zusätzlich noch dein ungeborenes Kind. Es gibt viele wissenschaftliche Indizien dafür, dass Schwangere nicht nur selbst eine gesunde Immunreaktion auf den Corona-Impfstoff aufweisen, sondern die Antikörper auch an ihre Babys weiterreichen. Es sind sogar schon zahlreiche Babys zur Welt gekommen, die COVID-Antikörper im Blut haben, weil sich ihre Mütter während der Schwangerschaft haben impfen lassen. Eine Studie des American Journal of Obstetrics & Gynecology untersuchte 131 Patient:innen, von denen 84 schwanger waren, 31 stillten und 16 nicht schwanger waren, die alle entweder mit Pfizer-BioNTech oder Moderna geimpft wurden. Die Studie zeigte, dass der Impfstoff hocheffektiv dafür sorgte, dass die schwangeren und stillenden Teilnehmer:innen Antikörper produzierten, und bestätigte auch die Ergebnisse anderer Studien, die ergeben hatten, dass Schwangere ihre Antikörper über die Plazenta oder beim Stillen an ihre Kinder weitergeben konnten.
Wann sollte ich mich während der Schwangerschaft am besten impfen lassen?
Zum besten Zeitpunkt für die Impfung gibt es noch nicht sehr viele Studien; Ärzt:innen empfehlen aber die Impfung deutlich vorder Entbindung. Eine Studie der Northwestern University fand heraus, dass Schwangere, die zu Beginn des dritten Trimesters geimpft wurden, mit höherer Wahrscheinlichkeit Antikörper ans Baby weiterreichten als Schwangere, die näher am Entbindungstermin geimpft wurden.
Kann mich der Corona-Impfstoff mit COVID infizieren? Kann der Impfstoff meine DNA verändern?
WerbungWERBUNG
Nein und nein.
Die Moderna- und Pfizer-BioNTech-Impfstoffe sind mRNA-Impfstoffe, die nicht das lebende COVID-Virus enthalten – sie können dich also nicht mit Corona infizieren. mRNA-Impfstoffe können deine DNA außerdem nicht beeinflussen oder gar verändern, weil sie nicht in den Nukleus deiner Zellen eindringen, wo sich deine DNA befindet.
„Die mRNA-Stoffe transportieren die mRNA in einer speziellen Hülle“, erklärt die Ärztin Dr. Abisola Olulade gegenüber Refinery29. „Diese Hülle schützt die mRNA vor Enzymen im Körper, die sie zersetzen könnten. Die mRNA braucht der Körper, um die Antikörper zu produzieren, die dich vor COVID schützen. Weil im Körper dadurch nur ein Teil des viralen Spike-Proteins erstellt wird, schadet dieses der geimpften Person nicht – und nachdem das Protein hergestellt wurde, zerstört die Zelle die mRNA mithilfe der körpereigenen Enzyme. Die mRNA tritt dabei nie in den Zellkern ein, der das genetische Material (DNA) trägt, und kann sich daher gar nicht auf die Gene auswirken. Kurz gesagt: Die Impfstoffe beeinflussen oder ändern unsere DNA nicht, und sie lösen auch keine Corona-Erkrankung aus.“
Die Impfstoffe von Johnson & Johnson und AstraZeneca sind hingegen Vektorimpfstoffe und funktionieren daher etwas anders, ergänzt Dr. Olulade. Auch virale Impfstoffe haben sich aber nicht negativ auf Schwangere ausgewirkt.
„Die Antikörper, die von Vektorimpfstoffen generiert werden, entstehen aus DNA, nicht aus mRNA“, erklärt Dr. Olulade. „In diesem Fall sind die für die Antikörperproduktion enthaltenen Informationen als DNA in einem sogenannten Adenovirusvektor enthalten. Dieses Adenovirus dient als Träger für die DNA, ist aber abgewandelt und kann keine Infektion auslösen. Beim Vektorimpfstoff wird die DNA sehr wohl in den Zellkern geführt. Dort nutzt die Zelle die DNA zur mRNA-Produktion, um Antikörper zu produzieren. Viele Leute glauben, das hieße, der Impfstoff könne unsere eigene DNA verändern – das stimmt aber nicht. Das lässt sich ganz einfach damit erklären, dass wir dauernd mit Adenoviren in Kontakt sind. Sie sind zum Beispiel für eine Erkältung verantwortlich. Und trotzdem glaubt niemand, eine Erkältung könne die DNA verändern. Tut sie nicht – und der Impfstoff genauso wenig.“
WerbungWERBUNG
Muss ich während der Schwangerschaft mit stärkeren Impfnebenwirkungen rechnen?
Kurz gesagt: vermutlich nicht. Die Nebenwirkungen, die in schwangeren Geimpften beobachtet wurden, wurden in den oben genannten Studien als weitestgehend vergleichbar mit den Nebenwirkungen Nicht-Schwangerer beschrieben. Die große Studie der amerikanischen Gesundheitsbehörde CDC wies lediglich auf, dass Schwangere nach der Impfung häufiger über Schmerzen rund um die Einstichstelle sowie Schlappheit klagten als Nicht-Schwangere. (Schlapp sind wir aber ohnehin dauernd. Ich bin so müde!) Dafür meldeten Schwangere seltener Kopf- oder Muskelschmerzen, Schüttelfrost oder Fieber – und dafür gibt es bisher noch keine ausführliche Erklärung. In Zahlen zeigte die Studie: Etwa 71 Prozent der schwangeren Teilnehmer:innen führten nach der zweiten Dosis aller Impfstoffe Schlappheit auf, 55 Prozent litten unter Kopfschmerzen, 54 Prozent unter Muskelschmerzen (bei mir eindeutig), 27 Prozent war übel, und 8 Prozent hatten eine erhöhte Körpertemperatur.
Kann die Corona-Impfung eine Fehl- oder Frühgeburt auslösen?
Von den rund 4.000 Schwangeren, die an der amerikanischen V-safe Pregnancy Registryteilnahmen – eine freiwillige Umfragestudie unter Schwangeren –, haben inzwischen 827 ihre Schwangerschaft beendet. Bei 86 Prozent davon kam es zur Lebendgeburt, 14 Prozent verloren das Kind. Unter denen, die ihr Kind zur Welt brachten, waren 9 Prozent zu früh dran, 3 Prozent der Kinder waren unterdurchschnittlich klein, und 2 Prozent hatten Geburtsfehler. Es kam zu keinem Neugeborenentod. Expert:innen zufolge entsprechen diese Daten aber denen der allgemeinen Bevölkerung. „Ich denke, dass diese Resultate ziemlich beruhigend sind, weil der Anteil von Schwangerschaftsverlusten und gesundheitlichen Auswirkungen auf das Neugeborene dem entspricht, was wir [auch außerhalb der Impfungen] in der Bevölkerung erwarten“, erklärt Dr. Rochelle P. Walensky von der amerikanischen Gesundheitsbehörde in einem Interview mit dem New England Journal of Medicine, wo die Studie der Behörde erschien.
WerbungWERBUNG
Wurde der Corona-Impfstoff lange genug getestet? Er wurde doch so schnell entwickelt.
„Die Impfstoffe wurden an Zehntausenden Menschen getestet und inzwischen an Millionen von Leuten verabreicht“, sagt Dr. Olulade. „Wir wissen genau, was drinsteckt. [Und die genauen Inhaltsstoffe sind auch für jede:n online einsehbar: Johnson & Johnson, AstraZeneca, Moderna, Pfizer-BioNTech.] Dass der Stoff ganz neu sei, ist ein Mythos. Er wurde nicht ‚zu schnell entwickelt‘: Die mRNA-Technologie gibt es schon seit Jahrzehnten. Expert:innen aus aller Welt haben die Daten dazu untersucht und sind sich einig, dass die Impfung sicher und effektiv ist und dein eigenes Leben sowie das deines Kindes retten könnte. Die Tatsache, dass COVID-19 durch ein Coronavirus ausgelöst hat, ist ebenfalls hilfreich, weil wir schon andere Coronaviren untersucht haben – zum Beispiel SARS. Diese Art von Impfstoffen wurde außerdem zum Beispiel schon gegen die Grippe, Tollwut oder das Zika-Virus eingesetzt.“
Kann die Corona-Impfung mein Baby beeinflussen?
„Sie wirkt sich nicht auf die DNA oder die Gene aus“, betont Dr. Olulade. „Es gibt auch keine Indizien dafür, dass der Impfstoff Geburtsfehler auslöst oder die DNA eines Fötus verändert. Bei allen Schwangerschaften gibt es prinzipiell immer ein gewisses Risiko für Geburtsfehler; wenn ein Baby also mit unerwarteten Eigenschaften zur Welt kommt, heißt das nicht, dass die Impfung dafür verantwortlich war.
Du hast weitere Fragen? Wende dich damit am besten an deine Ärzt:innen – ein persönliches Gespräch ist immer die beste Entscheidung.
WerbungWERBUNG