Eine Menge völlig alltäglicher Dinge, die Männer tun, sind sexy: ihre Haare vorne kurz und hinten lang zu tragen, einige Tränen zu vergießen und einen Kinderwagen mit zwei Händen anstatt bloß mit einer zu schieben. Vieles davon erfordert ein wenig Anstrengung. Das lenkt letztendlich aber von der bizarrerweise heißesten Sache von allen ab – wenn ein Typ nur das Allernötigste in einer Beziehung tut.
Das absolute Minimum an Aufwand kann ganz unterschiedlich aussehen – abhängig von deinem Alter, deiner Beziehung oder sogar der Art und Weise, wie du in den Genuss davon kommst (z.B. persönlich vs. online). Zum Nötigsten gehören Gesten wie das Angebot, für das erste Date zu bezahlen, eine Nachricht rechtzeitig zu beantworten, dir das kleinste bisschen Respekt zu zeigen oder sogar deine Wäsche zu waschen oder andere Aufgaben zu übernehmen, die Männer üblicherweise eher nicht erledigen. Diese Handlungen sind so selbstverständlich, dass sich die Frage stellt, ob sie überhaupt ein Dankeschön verdienen. Nichtsdestotrotz finden wir oft genau jene Kerle heiß, die nur das Nötigste tun oder von sich geben. 2017 stellte Buzzfeed sogar eine Liste zusammen, die unsere Vorliebe für Männer, die so wenig wie möglich in einer Beziehung tun, enthüllte. Teil davon war auch ein Tweet, in dem es hieß: „Ich heirate den Mann, der bereit ist, mein Auto zu starten, wenn es morgens draußen kalt ist.“ Danke für absolut nichts!
WerbungWERBUNG
Ein weiteres Beispiel fürs absolute Minimum – und unsere Anziehung dazu – ist das Video, das der TikTok-Nutzer Connor Coyne postete. Darin sprach er darüber, wie wichtig es ist, dass sich Männer, die mit psychischen Problemen kämpfen, Hilfe suchen. In einigen der Kommentare von Frauen war dann „Es ist so heiß, wenn Männer zur Therapie gehen“ und „Mein rechter Ringfinger ist bereit, wenn du es auch bist“ die Rede. Es ist bekannt, dass Männer im Allgemeinen Therapien meiden, aber heiß auf jemandem zu sein – nein, ihm einen Heiratsantrag zu machen –, der sich nur… um sich selbst und seine geistige Gesundheit kümmert? Anscheinend könnte unsere Erwartungshaltung kaum tiefer sein!
Women are like: can you believe he supported me when I was in labor for 48 hours? Um, yes, I can, because it’s his child but also can you believe you birthed a human after 48 hours and are giving props to a man who stayed awake? Standards are subterranean.
— Dr. Simone Kolysh, MPH, PhD (@SimoneKolysh) June 15, 2021
Natürlich bevorzugen einige von uns Männer, die aufwendige Dates planen und sich im Allgemeinen sehr viel Mühe geben. So viele andere von uns verspüren aber ein Gefühl von Anziehung, sobald wir einen Kerl sehen, der ein kleines bisschen mehr tut, als uns anzustarren und zu atmen. Und warum? Warum wirkt das absolute Minimum so sexy auf uns?
Moraya Seeger DeGeare, lizenzierte Ehe- und Familientherapeutin und Mitinhaberin der Therapiepraxis BFF Therapy, erklärt, dass zumindest ein Teil dieser Anziehung zu Männern, die nur das Allernötigste in einer Beziehung tun, in unseren Urinstinkten verwurzelt ist. „Das hat eine genetische Ursache: Der Mann in Frage tut Dinge, die du an einem Partner schätzt, und das findest du superheiß“, erklärt sie. Jemand, der nur das Nötigste leistet, löst eine hormonelle, viszerale Reaktion des Verlangens in uns aus.
Natürlich, fügt DeGeare hinzu, ist hier auch das Patriarchat im Spiel. Männer sind seit einer gefühlten Ewigkeit konditioniert worden, so wenig wie möglich zu tun. „Frauen haben sich um alles zu kümmern“, sagt DeGeare. „Sie sollen Männern dienen. Diese Einstellung überträgt sich dann auf die nächste Generation, denn Kinder wachsen mit diesem Vorbild auf.“ Wir sind konditioniert, von den wenigsten Männern auch nur das Allernötigste zu erwarten, sagt sie: „Weil unsere Wünsche so oft enttäuscht werden, veranstalten wir beinahe eine Parade, sobald dann ein Mann auch nur das absolute Minimum leistet“, sagt sie. In gewisser Weise ist die Sehnsucht nach solchen Männern nur ein Schutzmechanismus, denn so ist das Risiko, enttäuscht zu werden, geringer, als wenn wir die Messlatte höher legen – was wir aber verdienen würden.
WerbungWERBUNG
Das hört sich vielleicht etwas deprimierend an, aber es gibt Anzeichen dafür, dass sich das Blatt wendet. Seit Kurzem macht sich ein TikTok-Trend breit, der mir Hoffnung gibt: In den Videos spielen Jungs Szenen nach, in denen ihre Freundin ihre Periode bekommt, während sie kurz davor sind, intim zu werden. Die überraschende Wendung: Statt sich zu ärgern (was sowieso keine normale Reaktion ist), empfindet der Mann darin Mitleid mit seiner Partnerin. „Das hättest du mir sagen sollen“, sagt TikTok-User @sethshyrock. „Ich hätte dein Lieblingsmagazin und Snacks mitgebracht… Ich will, dass du weißt, dass ich dich nur für dich liebe, nicht für deinen Körper.“
Im Kommentarbereich wurde er zurecht und respektvoll auseinandergenommen; Beispiele: „Ich bin so froh, dass mein Uterus von dir anerkannt wird, danke, König“, und: „Ich liebe es, wenn Jungs denken, das bloße Minimum sei romantisch.“
Hoffentlich wird sich dieser Trend fortsetzen, sodass wir irgendwann nicht mehr überrascht sind oder uns angetörnt fühlen, wenn Männer im Grunde nichts anderes tun, als uns wie menschliche Wesen zu behandeln. Bis dahin empfiehlt DeGeare, den Drang zu ignorieren, einem Partner, der nur das Nötigste tut, ein Kompliment zu machen. Zumindest solltest du das Kompliment ihr zufolge mit der Aufforderung verbinden, noch mehr zu tun. „Du brauchst dich nicht unbedingt gleich in sie zu verlieben oder sie heiraten zu wollen, denn sie haben nur das Allernötigste getan“, sagt DeGeare. „Schätze einfach, dass du diesen Punkt abhaken kannst und mach weiter.“
WerbungWERBUNG