Die Redakteurin Laura Reilly hatte eigentlich gar nicht vorgehabt, ihren eigenen Fashion-Newsletter zu starten. Als die Corona-Pandemie über uns alle hinwegrollte, arbeitete sie gerade bei InStyle und beschloss, ihre Vollzeit- auf eine Teilzeitstelle zu reduzieren, um sich zu überlegen, was sie beruflich eigentlich erreichen wollte. „Ich hatte keinen Plan, kein Ziel“, erzählt sie. Diese Umstellung führte sie aber doch dazu, schließlich ihren Fashion-Newsletter Magasin zu gründen, für den sie das Internet nach den besten Styles und Sales durchforstet.
„Ich habe dabei keine Vorgesetzten und keine Marken-Guidelines, an die ich mich halten müsste. Dadurch kann ich quasi machen, was ich will – ich kann ich selbst sein“, sagt sie. „Über so einen Newsletter bekommst du plötzlich Zugang zu einer superinteressierten Leser:innenschaft, die sich genau das wünscht, was du postest.“
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Über so einen Newsletter bekommst du plötzlich Zugang zu einer superinteressierten Leser:innenschaft, die sich genau das wünscht, was du postest.
Laura reilly, Gründerin von magasin
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Reillys Erfahrung mit ihrem Newsletter Magasin ist nur ein Teil eines großen Phänomens in der Fashion-Welt, das schon seit einiger Zeit brodelt. Immer mehr Creators und Redakteur:innen launchen ihre eigenen Plattformen auf E-Mail-Basis. Im Gegensatz zur Content Creation auf TikTok und Instagram erlaubt es das Newsletter-Format nämlich, eine Art virtuelles Magazin zu kreieren, ohne dafür von einem Algorithmus abhängig zu sein.
Viele dieser Creators nutzten dazu ihre bereits bestehende Social-Media-Followerschaft aus, um Abonnent:innen für ihre Newsletter rund um Style, Shopping und Fashion-News zu gewinnen, die direkt per Mail im Postfach landen. So wuchs der Newsletter der Stylistin und Trendprognostikerin Becky Malinsky, „5 Things To Shop This Week“, zum Beispiel auf mittlerweile über 22.000 Subscriber heran, und Leandra Medine, die Gründerin von Man Repeller, erreicht mit ihrem Newsletter „The Cereal Aisle“ inzwischen über 70.000 Abonnent:innen. Zu anderen Newsletter-Autor:innen zählen auch die ehemalige Vogue-Redakteurin und Gründerin von Neverworns, Liana Satenstein, die Ex-Chefredakteurin der InStyle, Laura Brown, und die Illustratorin Jenny Walton. Die Fashion-Redakteurin Rachel Tashjian von der Washington Post startete mit Opulent Tips einen Newsletter, für den du eine Einladung brauchst. In Deutschland bieten die Fashion Changers mit Modepost einen Newsletter zur Welt der Fair Fashion und Nachhaltigkeit, und auch das Online-Fashion-Magazin Beige liefert dir im eigenen Newsletter jede Menge Inspiration direkt ins Postfach. Laura Reilly ist also in bester Gesellschaft – und obwohl sie die Anzahl ihrer Abonnements nicht verrät, hat sie bisher schon über 130 Ausgaben von Magasin gepostet und sogar ein paar Events in New York City veranstaltet.
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Was macht diese Fashion-Newsletter so beliebt? Vielleicht ist es die Tatsache, dass sie ein Kontrastprogramm zur TikTok-besessenen Medienwelt stehen, in der Video über alles geht und Blogs als überholt verpönt werden. Sie sind eine Art Portal zurück in eine simplere Zeit, in der man mit einem Blog mit einer einzigartigen Stimme und einem individuellen Style in der Fashion-Welt noch groß werden konnte. „Newsletter sind sowohl für die Verfasser:innen als auch für die Leser:innen eine tolle Erfahrung, weil sie eine direkte Verbindung herstellen“, meint Hamish McKenzie von Substack, einer führenden Newsletter-Plattform. „Es fühlt sich an wie eine ehrliche Beziehung.“
Auch die Mode-Akademikerin und Gründerin der Fashion and Race Database, Kimberly Jenkins, ging vor Kurzem mit einem gleichnamigen Newsletter an den Start, der bereits über 2.000 Abonnent:innen zählt. Dort schreibt sie über diverse Themen – von Rassismus und Gender bis hin zu Nachhaltigkeit und Modegeschichte. Jenkins zufolge erlaubt es ihr das Newsletter-Format, ihren Leser:innen Themen nahezubringen, die ansonsten sehr komplex und kompliziert sind. „Das ist eine leichter zugängliche und verständlichere Option, unseren Content zu konsumieren“, meint Jenkins. „Mich stört die Vorstellung, dass sich unserer Follower im akademischen Jargon verlieren oder das Gefühl bekommen könnten, ein Thema sei zu kompliziert, um es verstehen zu können.“ Genau deswegen liest sich der Newsletter von Fashion and Race Database überhaupt nicht wie ein akademischer Text, sondern ist voller News, persönlicher Briefe von Jenkins an ihre Leser:innen und Leseempfehlungen. Für Jenkins, die sich selbst als „unakademische Akademikerin“ beschreibt, ist der Newsletter eine willkommene Abwechslung von den anspruchsvollen Texten, die sie ansonsten für die Fashion and Race Database verfasst. „Ich empfinde das sogar als therapeutisch. Es macht mir Spaß“, erzählt sie. „Es fühlt sich an, als würde ich das einem Freund oder einer Freundin schreiben.“
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Dieses Vertrauen zwischen Abonnent:in und Autor:in erinnert an eine Zeit zurück, bevor es echte Influencer:innen gab. Beim Lesen eines Newsletters hat man nicht den Eindruck, der Verfasser oder die Verfasserin verfolge damit irgendeine geheime Absicht. Man bekommt eher das Gefühl, die Person sei ehrlich daran interessiert, einfach etwas zu teilen, was ihm oder ihr wirklich am Herzen liegt – so wie in einem Tumblr-Blog Ende der 2000er.
Rachel Tashjian beginnt ihren Newsletter Opulent Tips zum Beispiel jedes Mal damit, Fragen von Leuten zu beantworten, die sie als „RAFTM“ bezeichnet – kurz für „Reader And A Friend To Me“, also „Leser:in und Freund:in“. Die Message dahinter ist klar: Sobald du Tashjian zum Beispiel um Tipps zu einem guten Büro-Outfit oder ihre Meinung zu einem aktuellen Trend bittest, steigst du vom „Leser:in“-Level auf eine intimere Ebene auf. Diese Intimität spiegelt sich beispielsweise auch in Jenny Waltons Newsletter Jenny Sais Quoi wider: Jenny weiß genau, was sich zu kaufen lohnt, was du tragen solltest, was du packen kannst – in einem Format, das eher als ein Tagebuch als an ein Magazin erinnert.
Was all diese Newsletter gemeinsam haben, ist dieses Gefühl der Nähe und Direktheit, das du in traditionellen Print- und digitalen Magazinen so nicht bekommst. Stattdessen durchbrechen die Newsletter-Autor:innen die vierte Wand und sprechen mit ihren Leser:innen, als seien sie mit ihnen befreundet. Genau diese Form der Kommunikation sorgt laut McKenzie dafür, dass die Abo-Zahlen der Newsletter so schnell in die Höhe schießen – und das gilt auch für bezahlte Abonnements, die ein großer Grund dafür sind, dass viele Fashion-Newsletter überhaupt wachsen können: „Meistens bezahlen die Leute für die intimeren Sachen“, erzählt sie. „Der Paid Content ist dann quasi der Backstage-Pass.“
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Reilly ist sich dennoch bewusst, das auch die Newsletter-Bubble – wie die Blog-Bubble zuvor – jederzeit platzen könnte. „Selbst in der kleinsten Fashion-Nische gibt es inzwischen immer mehr Newsletter“, sagt sie. „Das sollte man immer im Hinterkopf behalten und es sich daher nicht zu bequem machen.“
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