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Die mentale Belastung einer Alleinerziehenden in Armut

Photo courtesy of Stephanie Land.
Diese Story wird von der journalistischen Non-Profit-Organisation „Economic Hardship Reporting Project“ unterstützt.
Ich hatte einen Vollzeitjob als Dienstmädchen und lernte abends für meine College-Kurse – meistens, nachdem ich meine damals dreijährige Tochter ins Bett brachte. Wir lebten in einer 27 Quadratmeter großen Wohnung, die voller Schimmel war und meine Tochter krank machte. Mein Lohn war nur knapp über dem Minimum und reichte hinten und vorne nicht für alle Kosten, die den Monat über aufkamen. Ich war auf Essensausgabestellen und staatliche Zuschüsse angewiesen. Meistens hatten wir im Monat nicht mehr als 50 Dollar, um Pflegeprodukte, Kleidung und Dinge für den Haushalt zu kaufen – also ist es klar, dass ich auf einige Anschaffungen einfach verzichten musste.
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Mein Tagesplan als alleinerziehende Mutter mit geringem Einkommen war vollgepackt mit Terminen. Ständig musste ich einige davon verschieben oder mir eben einen Nachmittag freinehmen, um sie wahrnehmen zu können. Arztbesuche mit meiner Tochter, Treffen mit Anwält*innen für häusliche Gewalt und die andauernden neuen Anträge für Sozialleistungen, führten zu weniger Arbeitsstunden und somit auch zu weniger Lohn. Weniger Lohn bedeutete wiederum Angst zu haben, dass das Geld nicht für alle Rechnungen reichen wird. Es bedeutete, mir bei jedem Lebensmitteleinkauf zehn Mal zu überlegen, welche Produkte ich wirklich brauche und auf welche ich verzichten kann (oder eher muss).
Vor einiger Zeit sah ich einen Comic in meinem Facebook-Feed mit dem Titel You Should’ve Asked (Fallait Demander). In dieser kleinen Illustration wurde über die mentale Belastung, die viele Frauen und vor allem Mütter mit sich tragen, gesprochen. Die Autorin, die sich einfach nur Emma nennt, erklärt die mentale Belastung damit, dass Frauen sich immer an alles erinnern müssen (vor allem was den Haushalt angeht), weil ihr Partner nicht daran denkt. Was auf Dauer ganz schön anstrengend sein kann. Kritisieren würde ich nur die Tatsache, dass in dem Cartoon zwei heterosexuelle Erwachsene mit mittelständigen Gehältern in einer Beziehung dargestellt sind.
Meine mentale Last fühlte sich viel schwerer an. Nicht nur, weil ich single und alleinerziehend war. Im Gegensatz zu mir, konnten wohlhabendere Familien die nötige Hilfe einstellen. Zum Beispiel ein Dienstmädchen, wie mich. Nicht nur mein Haushalt lag also in meiner Verantwortung, sondern auch der von anderen. Ich verstehe, dass dieser Comic vielen Frauen die Augen öffnete, aber für mich war das nichts Neues. Ich weiß, wie viel Kraft es erfordert, einen Haushalt komplett alleine zu schmeißen. Ich nahm den Comic auf eine ganz andere Art wahr – nämlich als Alleinerziehende, die sich durch die Armut kämpfte.
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Niemand bot mir Hilfe an. Meine Familie, verbrachte nur sporadisch Zeit mit meiner Tochter. Sie fragten mich nie, ob sie bei ihnen übernachten soll und haben sie auch nie zum Essen gehen mitgenommen. Ihr leiblicher Vater zahlte mir einen geringen Unterhalt und verlassen konnte ich mich sowieso nicht auf ihn. Ihn zu fragen, ob er die Kleine für einen Abend zu sich nehmen konnte, bedeutete auch, ihm die Macht zu geben, mir in letzter Minute abzusagen und dann musste ich nach einem Babysitter oder einer Babysitterin suchen oder ich verlor meinen Job. Das klingt jetzt wahrscheinlich alles sehr erschütternd, aber das ist für viele für Alleinerziehende in Armut die Norm. Der konstante Stress ist ein Teil unseres Lebens.

Ich weiß, wie viel Kraft es erfordert, einen Haushalt komplett alleine zu schmeißen.

Wen kann man als alleinerziehende Person schon um Hilfe bitten? Ich weiß, wie es ist, auf sich allein gestellt zu sein. Alles, was ich brauchte, um meine mentale Belastung zu verringern, waren ein vernünftiges Einkommen, gute und bezahlbare Kinderbetreuung und Sozialleistungen, die nicht bei jeder kleinen Gehaltserhöhung gestrichen werden.
„Das Problem“, schreibt Emma, „ist, dass wenn wir aufhören an alles zu denken, die ganze Familie darunter leidet.“ In meinem Fall bedeutete leiden eher so etwas wie nicht genug zu Essen zu haben oder sogar obdachlos zu werden.
„Wenn ein Mann von seiner Partnerin erwartet, an jede Aufgabe erinnert zu werden, sieht er sie als Managerin der Aufgaben im Haus“, erklärt Emma. Die mentale Belastung als das, was sie ist zu akzeptieren, war für mich der erste Schritt. Der nächste war dann, herauszufinden, was ich tun kann, um mich zu entlasten. Darüber reden zu können, hat mir sehr geholfen. Seitdem ich den Comic gesehen habe, habe ich mit anderen sehr viel über meine mentale Belastung gesprochen. Auch meinem jetzigen Ehemann habe ich davon erzählt. Einmal sagte ich verärgert zu ihm: „Du musst mir helfen, an Dinge zu denken!“. Dieser Comic half mir dabei, ihm etwas klarzumachen, was für mich und viele andere Frauen Teil des Lebens ist. Jetzt reden wir öfter darüber, was wir brauchen. Und wenn ich mal die Windeln des Babys Zuhause vergessen sollte, weiß ich, dass er daran gedacht und sogar noch Feuchttücher und Ersatzkleidung mitgenommen hat.

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