Rollatortanz, Rosamunde Pilcher auf der großen Leinwand oder Candlelight-Dinner für den Seniorenflirt. Wenn Janine von ihrem Arbeitsalltag erzählt, lächelt sie sanft. Die 33-Jährige ist Altenpflegerin im Paritätischen Seniorenwohnen Vincent-van-Gogh in Berlin. Sie ist eine von 1,5 Millionen Menschen, die in Deutschland im Pflegebereich arbeiten, sich um andere kümmern und für eine faire Vergütung kämpfen.
Eine Altenpflegerin verdient nämlich knapp 30 Prozent weniger als eine Krankenpflegerin. Das Gehalt der dreijährigen Ausbildung beginnt bei 1010 Euro im ersten Lehrjahr. Wer Glück hat und nach Tarif bezahlt wird, bekommt ein Einstiegsgehalt von 2400 bis 2600 Euro (brutto). In Berlin vergüten aber die wenigsten nach Tarif, private Pflegeanbieter zahlen meist nur Mindestlohn. Ein Riesenproblem, an dem Politik und die Gewerkschaften dringend arbeiten müssen.
WerbungWERBUNG
„Ich würde mir wirklich sehr wünschen, dass einmal ein Politiker für einen Tag an meiner Seite arbeitet, um zu sehen, was wir leisten“, sagt Janine. Ihr Arbeitstag beginnt um 07:30 Uhr, nach einer Besprechung mit dem Nachtdienst weckt sie die Bewohner, wäscht sie und unterstützt sie beim Anziehen. Dann werden die Betten gemacht und sich die Sorgen und Gedanken ihrer betagten Schützlinge angehört, es werden Tabletten verteilt und Spitzen gesetzt, bevor es für die Senioren Frühstück gibt. „Manchmal fühlt es sich schon ein bisschen so an, als würde man seine Kinder wecken und für den Tag fit machen. Man denkt sich auch immer ein abwechslungsreiches Programm zwischen den Untersuchungen und dem Essen aus – mal basteln wir, mal spielen wir 'Mensch ärgere dich nicht'. Der Tag soll ja Spaß machen“, sagt die Pflegerin aus Berlin-Hohenschönhausen.
Während sie ihre Arbeitsschritte genau erklärt, wie wichtig ihr diese Arbeit ist. „Sie bekommen so viel Liebe und Dankbarkeit von den Bewohnern in diesem Beruf. Sie umarmen einen so oft und bereichern das Leben mit ihrer Art.“ Gewiss gebe es auch unter den Senioren ein paar Zicken, aber hauptsächlich seien die alten Menschen um sie herum wundervoll und dankbar, wenn man sich gut um sie kümmert. „Viele Alte nennen diesen Ort ihr Zuhause und uns Pfleger ihre Familie – das macht dieser Job für mich aus.“
“
MIT KIND WÄRE DIE ORGANISATION UND DIE FINANZIELLE SITUATION ALS ALTENPFLEGERIN EXTREM SCHWIERIG
”
Janine hat zunächst als Friseurin gearbeitet, bevor sie sich vor sieben Jahren für die Ausbildung zur Altenpflegerin entschied. Sie könne sich keinen besseren Beruf für sich vorstellen, auch wenn das privat Einbußen bedeutet. „Wenn man in drei Schichten arbeitet, dann gibt man sich mit seinem Partner die Klinke in die Hand. Oftmals sehe ich meinen Mann 24 Stunden nicht. Ohne seine Unterstützung könnte ich meinen Traumberuf nicht ausüben.“ Sie sagt, eine alleinstehende Frau könne diesen Beruf gar nicht machen, und mit Kind sei die Organisation und die finanzielle Situation auch ziemlich schwierig.
WerbungWERBUNG
Dann spricht Janine aber sofort wieder von der Liebe der alten Herrschaften, die steht für Janine über allem. Deshalb will sie den Beruf auch solange ausüben, bis sie selbst in Rente geht. „Irgendwann muss ich dann vielleicht nur noch Schreibtätigkeiten machen, denn körperlich ist die Arbeit sehr anstrengend. Man steht sehr viel, einige Senioren sind adipös und dementsprechend sehr schwer“, erklärt sie. Wenn sie alt ist, will Janine auch im Altersheim leben. „Ich kann nicht gut allein sein. Und wenn man so liebevoll mit mir umgeht, wie es meine Kollegen und ich trotz Zeitmangel stets versuchen, dann kann ich mich glücklich schätzen.“
Bleibt nur zu hoffen, dass das Pflegepersonal dann endlich besser bezahlt wird.
Janine arbeitet im „Team Franzi“ im Paritätischen Seniorenwohnen – sie wurden gerade zu Berlins beliebtesten Pflegeprofis vom Verband der Privaten Krankenversicherung e.V. ausgezeichnet.
WerbungWERBUNG