Als Corona ausbrach und die ersten Einschränkungen in Kraft traten, hatte Tori das Gefühl, die spannende Welt ihres Jobs in einer PR-Firma sei ganz plötzlich zusammengeschrumpft. Auf einmal arbeitete sie nur noch im Homeoffice in ihrer kleinen Ein-Zimmer-Wohnung – und kam damit nicht gut klar.
„Ich konnte meine Arbeitszeit nicht von meinem restlichen Tag trennen und hatte das Gefühl, immer verfügbar sein und mehr arbeiten zu müssen. Während andere Firmen Angestellte entlassen mussten, wollte ich das Business am Laufen halten“, erzählt die heute 26-jährige Tori. „Ich glaube, ich ging einfach daran kaputt.“
Tori schloss sich daraufhin der „Great Resignation“ an, der Kündigungswelle zu Beginn der Pandemie. Nachdem sie daraufhin ein Jahr lang selbstständig und für zwei andere Agenturen arbeitete, hatte sie ihre Work-Life-Balance besser im Griff. Mit ihrer ehemaligen Chefin blieb sie weiterhin in Kontakt, und eines Tages fragte diese sie bei einem gemeinsamen Lunch, ob Tori eigentlich glücklich sei. „Ich sagte ihr, ich sei zwar zufrieden, aber irgendwie gelangweilt“, erzählt sie. Schließlich entschloss sich Tori dazu, zu ihrem alten Job zurückzukehren – und bisher läuft das auch gut.
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Es war entspannt, dass ich nichts Neues lernen musste. Was ich dort machte, war weitestgehend dasselbe wie vorher, und im Büro saßen immer noch dieselben Leute. Der Job wurde aber schnell sehr langweilig und repetitiv.
Hannah
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„Ich fühle mich dort wertgeschätzt und respektiert. Wenn ich es mir verdient habe, werde ich gefeiert“, sagt sie. „Ich bin sehr zufrieden.“
Die Karriereleiter verläuft nicht zwangsläufig immer senkrecht nach oben. Manchmal hängst du jahrelang auf derselben Stufe fest; manchmal stößt du an eine gläserne Decke. Vielleicht beschließt du auch, die Leiter komplett zu wechseln. Und manchmal kehrst du zu einem Punkt zurück, den du glaubtest, hinter dir gelassen zu haben. Die Entscheidung zu einer Rückkehr ist jedoch keine leichte. Woher sollst du schließlich vorher wissen, dass du nicht nur von derselben „Die Kirschen in Nachbars Garten sind immer süßer“-Mentalität geleitet wirst, die dich überhaupt von vornherein dazu geführt hat, den alten Job zu kündigen?
Vor diesem Problem stehen aktuell mehr Leute als je zuvor, nach drei Jahren Pandemie. Eine aktuelle Studie der HR-Plattform Paychex ergab zum Beispiel, dass 80 Prozent aller amerikanischen Angestellten, die während der „Great Resignation“ ihre Jobs gekündigt haben, es mittlerweile bereuen – ein Phänomen, dass die Firma als „Great Regret“, also „große Reue“, bezeichnet.
Alison Stevens, die Leiterin der Personaldienstleistungen bei Paychex, empfiehlt dennoch, gründlich nachzudenken, bevor du zu einem alten Job zurückkehrst. „Es ist nichts verwerflich daran, einen ehemaligen Job wiederaufzunehmen. Ich würde dir trotzdem dazu raten, dich vorher in die Situation zurückzuversetzen, die du dort verlassen hast“, meint sie. „Verzichte dabei auf die rosarote Brille, und halte dir stattdessen all die Gründe vor Augen, die dich damals zur Kündigung bewegt haben. Was hast du dir damals gewünscht? Was würde dir eine Rückkehr zu deinen alten Arbeitgeber:innen heute geben?“
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Für die 28-jährige Hannah war die Rückkehr zu einem alten Job mit Anfang 20 eine Chance, gutes Geld zu verdienen und mit Kolleg:innen zusammenzuarbeiten, mit denen sie sich schon früher gut verstanden hatte. Sie sagt aber auch, das Ganze sei „nur eine temporäre Lösung“ gewesen.
„Den Job hatte ich zum ersten Mal, als ich neben der Uni in Teilzeit arbeitete“, erzählt sie. „Es war ein Callcenter für Online-Autoverkäufe, und die Provision war fantastisch. Dadurch konnte ich die Uni schuldenfrei abschließen und hatte sogar genug Geld, um danach reisen zu können.“
Da sie dort gut bezahlt wurde und die Leute mochte, die dort arbeiteten, überlegte sie nicht lange und nahm eine Vollzeitstelle in dem Callcenter an, nachdem sie von ihrer Reise zurückgekehrt war. „Es war entspannt, dass ich nichts Neues lernen musste. Was ich dort machte, war weitestgehend dasselbe wie vorher, und im Büro saßen immer noch dieselben Leute. Der Job wurde aber schnell sehr langweilig und repetitiv.“
Nach einem Jahr reichte Hannah wieder die Kündigung ein und hatte seitdem diverse Jobs – zum Beispiel als Hostess in einem Luxus-Skiresort. Heute arbeitet sie als Tarot-Lehrerin. Trotzdem ist sie dankbar für die Erfahrungen, die sie aus ihrer Rückkehr ins Callcenter mitnahm. „Ich weiß jetzt, dass ich bei der Arbeit viel Abwechslung brauche.“
Obwohl das Gehalt und die Zusatzleistungen eines Jobs wichtig sind, fand die Paychex-Umfrage außerdem heraus, dass die Angestellten, die während der „Great Resignation“ kündigten, vor allem ihre Kolleg:innen vermissten. Das gilt insbesondere für Frauen, die ihre Kolleg:innen beim Jobwechsel um 31 Prozent häufiger vermissten als Männer. Aber selbst, wenn du dich vorher gut mit den Kolleg:innen verstanden hast, empfiehlt Stevens, dir darüber Gedanken zu machen, was sich seitdem verändert haben könnte. Zurückkehrende Angestellte erfahren an ihrem neuen/alten Arbeitsplatz nämlich womöglich „Feindseligkeit oder Misstrauen von Kolleg:innen, die die Kündigung als Mangel an Loyalität oder Engagement betrachten können“.
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Die 30-jährige Sheree erlebte genau das, als sie in ihren 20ern zu einem Verwaltungsjob zurückkehrte, nachdem sie nach einer Beförderung vorübergehend als persönliche Assistentin gearbeitet hatte. Als dieser Vertrag auslief, nahm sie wieder ihre alte Position an – nur um festzustellen, dass es ihr ihre Kolleg:innen übel nahmen, die Beförderung angenommen zu haben. „Weil ich befördert worden war und einige von ihnen dort schon sehr lange arbeiteten, empfanden sie es so, als hätte ich mich ‚vorgedrängelt‘ und ihnen einen Job weggenommen – für den sie sich nicht mal beworben hatten“, erzählt sie.
Aus dieser Situation heraus ergab sich ein feindseliges Arbeitsumfeld. Ihre Kolleg:innen löschten sie sogar bei Facebook als Freundin. „Ich wurde aus wichtigen E-Mails rausgelassen, nicht in Chatgruppen eingeladen, bei Events ausgegrenzt. Irgendwann war es so schlimm, dass es mir schwerfiel, meinen Job zu machen, weil ich die Team-E-Mails nicht bekam, die ich brauchte, um meine Aufgaben erledigen zu können.“
Sie hielt das Ganze sechs Monate lang durch, konnte dann aber glücklicherweise kündigen. Heute schaut sie auf diese Zeit als „eine der schlimmsten Phasen meines Lebens“ zurück.
Und selbst, wenn dich deine Kolleg:innen mit offenen Armen willkommen heißen, erwartet dich vermutlich dennoch irgendetwas anderes, was in deinem neuen/alten Job nicht funktioniert – schließlich bist du damals nicht ohne Grund gegangen. Im besten Fall erlaubt es dir der Abstand, diese alten Probleme zu lösen. Manche, wie Tori, stellen fest, dass ihnen die „Pause“ mehr Balance ermöglicht. Andere können bei der Rückkehr mehr Gehalt aushandeln.
Ella*, 28, hat sich für einen Weg entschieden, der für viele eine gute Option ist: Sie freelanct für ihre alte Firma, ohne in Vollzeit dort angestellt zu sein. Nachdem sie ihren Job bei einer Zeitschrift gekündigt hatte, um eine Ausbildung zur Sozialarbeiterin zu beginnen, fiel ihr dieser Karrierewechsel unerwartet schwer. Sie brach die Ausbildung ab, ohne einen Plan B parat zu haben. „Ich war so gestresst, dass ich beschloss: Ich habe jetzt nicht die Kraft, eine weitere Entscheidung zu meinem nächsten Lebensschritt zu treffen.“
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Nachdem sie sich eine Pause gönnte, um neue Kraft zu schöpfen, meldete sie sich bei ihrer ehemaligen Chefin – die, wie sich herausstellte, Unterstützung brauchte. Mit der Zeit bekam Ella weitere Freelancing-Angebote. „Als ich mich langsam an diesen Lifestyle gewöhnte, wurde mir klar, dass ich den Job machen konnte, ohne mich dabei auf fünf Tage die Woche festlegen zu müssen“, sagt sie. „Die Option war mir vorher nie so bewusst gewesen. Um dahin zu kommen, musste ich viel ausprobieren: X hatte nicht funktioniert, Y auch nicht. Aber Z ist jetzt genau richtig.“
* Name wurde von der Redaktion geändert.
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