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Kein Baby für mich, danke: Warum mich die Storys meiner Mama-Freundinnen abschrecken

Photo: Eylul Aslan
„Ich liebe meinen Sohn, aber ich hasse mein Leben“, erzählt mir meine Freundin Louise an einem ihrer seltenen kinderfreien Abende. Für unser Treffen hatte sie einen komplizierten Deal mit ihrem Mann ausgehandelt: Sie hatte sich ein paar zusätzliche Schlafenszeit- und Badezimmer-Pflichten mit ihrem 14-monatigen Kind aufgehalst, um sich jetzt mit mir ein klitzekleines bisschen betrinken zu dürfen.
Louise zieht eine gequälte Grimasse. „Wir sind nur noch am Verhandeln.“
Mein Mann und ich sind beide Mitte 30 und haben vor zwei Jahren geheiratet – und allmählich steigt der gesellschaftliche Druck, uns endlich mal fortzupflanzen, ins Unermessliche.
Allein in den letzten sechs Monaten sind in meinem engeren Freundeskreis ganze fünf Babys zur Welt gekommen. Und kribbelt’s mir deswegen in den Eierstöcken? Null. Eher im Gegenteil: Ich habe das Gefühl, meine Eileiter hätten sich vor lauter Panik zusammengezogen. Und ich habe übrigens auch zweimal checken lassen, ob meine Spirale auch noch richtig sitzt. All das verdanke ich der völlig tabufreien “Neue Mamas“-Whatsapp-Gruppe.
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Chatgruppen, die ursprünglich mal für Drogendeals auf Ibiza gegründet wurden, haben sich in virtuelle Therapiesitzungen für frischgebackene Mamis verwandelt. Da wird thematisch alles abgedeckt – von kauterisierten Vaginas bis hin zu Analfissuren.
Eine Woche nach der Geburt ihres Kindes warnt mich meine älteste Freundin Katie: „Oh mein Gott, das da unten ist ein Katastrophengebiet. Ich bin praktisch schon tablettenabhängig wegen der Schmerzen und Schwellungen. Genieß deine Vagina, solange du noch kannst!“ Nikki, die einen neun Monate alten Sohn hat, wird noch deutlicher: „Sex ist keine Option. Ich lasse niemanden auch nur in die Nähe meiner Vagina oder Vulva. Niemals. Nope. Wegen Renovierung geschlossen. Für immer. Ich bekomme langsam eine vage Idee davon, wie sich die Leute nach dem Weltkrieg gefühlt haben müssen: total traumatisiert.“
Kurz gesagt: Sie machen mir das ganze Baby-Ding nicht gerade schmackhaft.
Ich sehe ja ein, dass dieser Chat meinen Freundinnen dabei hilft, vor lauter Stillen und schlaflosen Nächten nicht völlig die Nerven zu verlieren. Für Nikki ist die Gruppe ein echter Rettungsanker. „Du weißt dadurch, du bist nicht alleine. Und das ist wichtig, denn es ist scheiße einsam. Und ich glaube, es ist für uns alle wichtig, zwischendurch zu hören, dass alle ihre Babys manchmal hassen.“
Ihnen mag diese Gruppe also durchaus guttun, aber was ist mit uns – denjenigen, die noch keinen Nachwuchs in die Welt gesetzt haben und die jetzt auf diese Weise eine sehr verzerrte Realität des Elternseins präsentiert bekommen? Nur Tief-, keine Höhepunkte? Schließlich stecken sie genau in der schwierigsten Phase, in der sie von ihren Kleinen wenig zurückbekommen. Meine Freundinnen haben gerade echt zu kämpfen, doch das Elternsein ja viel mehr ist als nur die ersten paar schwierigen Monate.
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„Das langweilige süße Zeug will aber ja niemand sehen“, versucht Nikki mir zu erklären. „Das ist wie ein Autounfall: Wir wollen das Drama. Und die schönen Sachen teilt man alleine schon deswegen seltener, weil man dabei eben keine Hilfe braucht.“
Sarah, deren Sohn inzwischen 15 Monate alt ist, sagt, wenn du wirklich ein Baby haben willst, ist dir die Realität ohnehin egal. „Meine Freundinnen erzählten mir alle dasselbe. Trotzdem wollte ich unbedingt schwanger werden. Und als es nicht klappte, war ich sauer auf sie, weil sie so rumjammerten.“
Und wie sieht es bei den anderen aus? Würden sie das alles nochmal erleben wollen, auch mit ihrem heutigen Wissen (das sie netterweise bis ins kleinste Detail mit mir teilten)?
„Manchmal denke ich, es ist irgendwo auch meine Pflicht, zu erzählen, wie scheiße alles ist“, sagt Nikki. „Wenn du nicht unbedingt ein Baby haben willst, krieg halt keins. Es macht nämlich alles noch viel schwieriger, wenn du gar keins wolltest. Ehrlich gesagt würde ich das Ganze niemandem empfehlen, der oder die sich vorher nicht komplett sicher ist. Lass es lieber!“
„Aber jetzt mal im Ernst“, sage ich, „denkst du bei deinen ganzen Horrorstorys nicht auch mal an meine verstörten Eileiter?“
„Wenn ich wüsste, dass du ernsthaft über ein Baby nachdenkst, würde ich das natürlich zurückschrauben!“, gibt Sarah zu. „Denn es ist wirklich das Schönste, was du je erleben wirst. Du solltest echt mal drüber nachdenken.“ Sie lacht. „Wirklich: Es ist das Beste, was mir je passiert ist. Ich frage mich, ob das jetzt an den Hormonen liegt, denn irgendwie passt das ja alles nicht zusammen, mein Geschwärme und mein Gejammer.“
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Nikki stimmt ihr zu: „Du kannst es gar nicht bereuen, ein Baby zu haben, denn du liebst es eben so sehr. Ich würde es viel mehr bereuen, sowas nie empfunden zu haben.“
Katie, die erst seit sieben Wochen Mutter ist, klingt da noch etwas weniger enthusiastisch. „Naja… also, bereuen tue ich es nicht“, meint sie. Und das ist ja immerhin schon mal was.
This new level of openness is the parenting arm of our modern culture of oversharing. I think it’s great that my friends can connect with and support each other during this transformative and challenging time, even if I end up stuck in the middle with a bad case of TMI. And I’m relieved they don’t have to sugarcoat motherhood, to pretend a stork delivers a bundle of joy and life is suddenly complete.
Das Wunder der Geburt und des Mutterseins war einst ein sagenumwobenes Mysterium. Heute ist es ein offenes Geheimnis. Zum Glück, denn das ermöglicht Frauen, sich besser auf alles vorzubereiten. Und dazu gehören eben scheinbar auch Genitalwarzen. Dennoch: Ein Teil von mir wünscht sich vielleicht trotzdem die geheimnisvolle Ära zurück, in der man sich jeder Stufe des Elternalltags stellen muss, wenn sie einen überrannt – anstatt sich schon im Voraus vor der nächsten Eskalationsstufe zu fürchten.
Und während mich die Geschichten von zerstörten Vaginas, wunden Nippeln und drei Stunden Schlaf pro Nacht immer noch verfolgen, bleibt die Spirale genau da, wo sie jetzt ist.
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