Wenn du selbst deine Arbeitswoche am Montag am liebsten mit den banalsten, am wenigsten anstrengenden Aufgaben beginnst, bist du damit nicht allein. Tatsächlich ist diese Taktik inzwischen so weit verbreitet, dass TikTok sie „Bare Minimum Mondays“ getauft hat – auf Deutsch so viel wie „Absolutes-Minimum-Montage“. Der Trend hat schon über 600 Millionen Views gesammelt. Warum? Weil er angeblich das Mittel gegen die „Sunday Scaries“ sein soll – das Gefühl, wenn du dich sonntags schon vor der neuen Arbeitswoche graust.
Auf den ersten Blick klingt es nach einer guten Idee, die Woche im Job erstmal damit zu starten, nur das absolut Nötige zu erledigen. Aber sind „Bare Minimum Mondays“ wirklich die beste Möglichkeit, dein Arbeitspensum zu reduzieren und die Woche mit möglichst viel Energie zu überstehen?
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Bei vielen Jobs gehört ein gewisses Maß an banalen Verwaltungsaufgaben, die erledigt werden müssen, einfach mit dazu. Aber obwohl es sich demnach vielleicht gut anfühlt, sie alle an einem Tag zu erledigen (in diesem Fall eben montags), bleibt doch die Frage: Was bedeutet das für die restliche Arbeitswoche? Wenn du danach nämlich nur noch anstrengende, aufwendige Aufgaben übrig hast, ist fraglich, ob du dich nach einem entspannteren Montag während der restlichen Woche wirklich produktiver oder besser fühlst. Ich jedenfalls vermute, dass es für die meisten Leute eigentlich eher besser ist, hier und da im Laufe der Woche weniger intensive Aufgaben einzustreuen, um nicht nahtlos von einer großen Herausforderung zur nächsten übergehen zu müssen.
Ich glaube daher, dass „Bare Minimum Mondays“ also weniger eine ideale Vorgehensweise sind – und eher ein Hilferuf. Schließlich vermittelt uns der Trend die Message, dass junge Menschen in aller Welt die kapitalistische „Hustle Culture“ satt sind und keine Lust und/oder Energie mehr haben, der Arbeit die höchste Priorität einzuräumen. Sie sind ausgebrannt. Eine der besten Langzeitlösungen gegen ein solches Burnout ist natürlich die begehrte, oft aber unmögliche Vier-Tage-Woche. Studien haben erwiesen, dass diese Arbeitsstruktur sowohl den Menschen als auch den jeweiligen Geschäften dahinter guttun würde; kein Wunder also, dass sich das Konzept immer größerer Beliebtheit erfreut. Weil es in vielen Firmen aber weiterhin undenkbar ist, suchen viele jüngere Arbeitnehmer:innen verzweifelt nach einer Möglichkeit, dem Burnout vorzubeugen – und genau da kommen die „Bare Minimum Mondays“ ins Spiel.
In einem Punkt sind wir uns sicher einig: Die Corona-Pandemie war furchtbar. Dennoch hat sie vielen von uns ein neues Maß an Flexibilität und Work-Life-Balance beschert, das einige auch gern in die Zeit nach Corona mitnehmen möchten. Das gilt insbesondere für junge Menschen, die erst während der Pandemie ins Berufsleben eingestiegen sind. Viele von ihnen kennen gar nichts anderes als Homeoffice und flexible Arbeitszeiten.
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Vielleicht denken manche jetzt, wir hätten es deswegen sehr leicht gehabt und seien verwöhnt. Aber bitte hört mir zu, wenn ich sage: Eine „Weniger Arbeit, mehr Spaß“-Philosophie könnte eine ähnlich positive Wirkung wie eine Vier-Tage-Woche erzielen. Wenn wir nämlich die Produktion runterschrauben, fördert das die Produktivität.
@caitlinjwinter @Caitlin Winter Contrary to the beliefs held by certain members of my comment section, my Bare Minimum Mondays are actually very productive. Here’s a little sample of what I get up to 💁🏻♀️ #BareMinimumMondays #corporatelife #wfhlife #wfhmondays ♬ original sound - Caitlin Winter
Natürlich sind „Bare Minimum Mondays“ dennoch nicht das beste Beispiel für ideales Zeitmanagement und ordentliche Aufgabenverteilung. Wenn Arbeitgeber:innen jetzt nämlich anfangen zu glauben, wir würden montags nur chillen, könnte das unsere neu gewonnene Flexibilität gefährden.
Gleichzeitig sollten wir anerkennen, dass es ein enormes Privileg ist, in deinem Job einen Tag lang einfach mal einen Gang runterzuschalten. Schließlich gibt es zahlreiche Berufe, die außerhalb eines traditionellen Büros stattfinden; in diesen Jobs wäre ein „Bare Minimum Monday“ überhaupt nicht machbar. Dasselbe gilt für all diejenigen von uns, deren Lohn vom Produktivitätslevel abhängt. Noch dazu ist es nicht zwangsläufig ein Heilmittel gegen die Hustle Culture, genau das Gegenteil zu machen.
Einige TikToker:innen, denen wir den Trend zum „Bare Minimum Monday“ überhaupt verdanken (wie @itsmarisajo), nehmen das Konzept aber nicht so wörtlich, wie du vielleicht erwarten würdest. Sie arbeiten montags effizient, aber achtsam, um unnötigen Stress zu vermeiden. Es geht dabei nicht darum, bei der Arbeit zu faulenzen – sondern darum, einen realistischen Blick darauf zu werfen, was du zu Beginn einer Arbeitswoche erreichen kannst. Kurz gesagt: Der „Bare Minimum Monday“ soll dir zu einem besseren Mindset verhelfen, indem er dir den Druck erleichtert, den du dir zu Beginn einer Woche vielleicht sonst machen würdest – ohne dabei Erwartungen seitens deiner Vorgesetzten zu enttäuschen.
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@itsmarisajo Replying to @alysialovesmakeup This shift would’ve saved me so much stress & overwhelm back in my corporate days 😵💫 #bareminimummonday #bareminimummondays #worklifewellbeing #burnoutrecovery #wfhtips ♬ Theme From A Summer Place - Percy Faith
Wenn uns die Beliebtheit dieses Trends eines zeigt, dann, dass wir dringend ein Mittel gegen Burnout brauchen – eines, das reguliert wird und für alle Arbeitnehmer:innen verfügbar ist, ob nun in Form einer kürzeren Arbeitswoche oder anderen Grenzen zugunsten der Work-Life-Balance. Eins ist klar: „Bare Minimum Mondays“ sind ein eindeutiges Zeichen dafür, dass wir unbedingt etwas ändern sollten.
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