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Warum & wie du anfangen solltest, deine Beckenbodenmuskulatur zu trainieren

Foto: Lauren Perlstein
Hast du Schmerzen beim Sex oder wenn du einen Orgasmus hast? Landet manchmal ein Tröpfchen im Schlüpfer, wenn du lachst oder hustest? Musst du mehr als einmal pro Nacht aufs Klo? All das können Zeichen für eine Beckenbodenstörung sein.

Aufgaben der Beckenbodenmuskulatur

Die Beckenbodenmuskulatur stützt die Bauch- und Beckenorgane sowie den Enddarm. Außerdem kontrolliert sie die Blasentätigkeit, so Professorin Linda Cardozo, die Pressesprecherin des Royal College of Obstetricians and Gynaecologists (Fachgesellschaft im Bereich Gynäkologie und Geburtshilfe). Die Skelettmuskulatur kannst du dir in etwa wie eine Acht vorstellen. Sie verläuft vom Schambein zum Steißbein.
„Wenn du auf der Toilette bist und versuchst, den Urinstrahl anzuhalten, dann spannst du die Beckenbodenmuskulatur an“, erklärt die Physiotherapeutin und Beckenbodenexpertin Ruth Jones. Durch diesen kleinen Test kannst du also herausfinden und spüren, wo sich die Muskulatur befindet und wie sie funktioniert. Jedoch solltest du das nicht zu oft machen, denn es ist keine geeignete Übung, um den Muskel zu trainieren, warnt Jones.
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Körperliche Symptome einer Beckenbodenstörung & seelische Belastung

Schwangerschaft und Geburt, aber auch Übergewicht, chronische Verstopfung und häufige Überbelastung des Beckenbodens können die Muskulatur schwächen oder dauerhaft schädigen. Die Folgen können beispielsweise Harn- oder Stuhlinkontinenz, Verstopfungen, Unterleibsschmerzen, schmerzhafter Sex oder sogar Prolaps (Senkung einer oder mehrerer Organe) sein. Es gibt zwar nur wenige Untersuchungen, aber eine Studie aus dem Jahr 2003 besagt, dass mindestens ein Drittel der erwachsenen Frauen davon betroffen sind.
„Die Beckenbodenmuskulatur kann sowohl zu schwach als auch zu stark sein. Du musst also erst mal herausfinden, ob du die Muskulatur zu wenig oder zu viel trainierst“. Wenn sie zu straff ist, kann das beispielsweise beim Sex oder beim Orgasmus schmerzhaft sein. „Es ist sehr, sehr wichtig, die Muskulatur, so oft es geht, zu entspannen. Wenn du vorher schon denkst, es könnte beim Geschlechtsverkehr wehtun, dann spannst du wahrscheinlich noch mehr an“, so Jones. Eine schwache Muskulatur kann dagegen laut Professor Cardozo für Inkontinenz, eine geringere Empfindsamkeit beim Sex oder einen Prolaps verantwortlich sein. Der Grund dafür ist aber nicht zwingend zu wenig Training. „Wenn eine Frau ein Kind bekommt, kann dadurch unter Umständen ein Teil der Muskulatur beschädigt werden, was oft Folgen nach sich zieht. Die Muskeln können sich dann nicht mehr zusammenziehen und die Blase oder Harnröhre nicht mehr stützen“.
Eine Beckenbodenstörung kann Auswirkungen auf die intimsten Lebensbereiche haben – also nicht nur auf die physische Gesundheit, sondern auch auf das Sozialleben, Beziehungen, die Karriere und tägliche Aktivitäten. Und das kann wiederum die psychische Gesundheit der betroffenen Person negativ beeinflussen. „Viele leiden an Depressionen oder Angststörungen. Sie haben das Gefühl, ihr Leben nicht mehr einfach leben zu können, weil sie zum Beispiel nicht mehr mit jemandem intim sein können“, sagt Jones. Sie hatte sogar schon Klient*innen, die irgendwann die Wohnung nicht mehr verlassen haben, weil sie befürchteten, sich einzunässen. Andere konnten sich nicht mehr hinsetzen oder Jeans tragen, weil dies starke Schmerzen verursachte.
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Bei Elaine zeigten sich schon vor knapp zwölf Jahren die ersten Symptome, die sie anfangs ignorierte. „Tatsächlich verhalten sich viele Frauen ähnlich wie ich: Sie stellen eine Blasenschwäche fest, machen es aber nicht zu ihrer Priorität, sich dem Problem auseinanderzusetzen“. Die Forschung scheint dies belegen zu können. Eine Studie zeigt beispielsweise, dass es im Schnitt zwischen drei und zehn (!) Jahren dauert, bis sich die Betroffenen um eine Behandlung kümmern. Dass so wenige Frauen über die Symptome sprechen liegt laut Miller hauptsächlich an vorherrschenden Stigmen und der eigenen Scham. Außerdem haben frisch gebackene Mütter oft das Gefühl, sie hätten weder die Zeit noch die Energie, sich um die eigene Gesundheit zu kümmern. Doch wie bei vielen Krankheiten ist auch bei Beckenbodenstörungen eine frühzeitige Diagnose und Behandlung sehr wichtig. Ob Kräftigung oder Entspannung, es gibt spezielle Übungen, die du machen kannst, damit deine Beckenbodenmuskulatur gesund wird oder bleibt.

Einfache, aber effektive Übungen, die du überall machen kannst

Photo: Lauren Perlstein
„Regelmäßige Übungen können dabei helfen, den Muskeltonus, also die Eigenspannung von Muskelapparaten zu verbessern. Sie können sich positiv auf die Blasen- und Darmtätigkeit sowie auf das Gefühl bei penetrativem Sex auswirken“, bemerkt Professor Cardozo. „Du solltest bereits damit anfangen, wenn du schwanger bist – oder werden willst. Dadurch reduzierst du das Inkontinenzrisiko nach der Geburt“.
Cardozo hat einen einfachen Tipp für Frauen, die ihre Muskulatur stärken wollen: „Setze oder stelle dich bequem hin. Zwischen den Knien lässt du einen kleinen Abstand und dann ziehst du die Beckenbodenmuskeln ein – als würdest du versuchen, den Urin zu stoppen“. Halte diese Position für etwa zehn Sekunden und wiederhole die Übung zehn Mal; achte darauf, nicht deinen Bauch, Po oder deine Oberschenkel anzuspannen.
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Du kannst den Beckenboden auch mehrfach hintereinander anspannen – vielleicht schon mal was vom „Gänseblümchen pflücken” mit der Vagina gehört – oder ganz langsam an- und entspannen – hier sprechen manche von „Fahrstuhl fahren“. Die Übungen kannst du drei oder vier Mal am Tag machen und zwar so gut wie überall! Am Schreibtisch beim Arbeiten, auf dem Sofa beim Netflixen oder an der Haltestelle, während du auf den Bus wartest. Solltest du am Anfang Angst haben, es könnte beim Lockerlassen doch etwas heraustropfen, dann mach die Übungen doch einfach auf der Toilette – aber, wie schon gesagt, nicht zum Unterbrechen des Urinstrahls, sondern nachdem du die Blase entleert hast.
Es gibt noch eine zweite Übung, die du machen kannst, wenn du das Gefühl hast, extrem oft zur Toilette zu müssen. „Oft“ bedeutet laut Jones übrigens häufiger als aller drei bis vier Stunden. Wenn du nachts mehr als einmal raus musst, kann das ein weiterer Hinweis auf eine überaktive Blase, auch Reizblase genannt, sein. Zurück zur Übung: Stell dich für eine Weile einfach auf die Zehenspitzen. That’s it. Allein dadurch kann das unangenehme Gefühl schon weggehen, denn die Beckenbodenmuskulatur zieht sich dann zusammen.

Rede darüber!

In den letzten Jahren hat sich die Lage schon etwas verbessert, aber trotzdem reden immer noch zu wenige über Beckenbodenstörungen. Sowohl auf wissenschaftlicher als auch auf gesellschaftlicher Ebene muss ein Bewusstsein dafür geschaffen werden. Mehr Menschen müssen umfassend informiert und dazu animiert werden, sich im Fall der Fälle behandeln zu lassen.
Wusstest du zum Beispiel schon, dass auch Männer von Beckenbodenstörungen betroffen sein können? Regelmäßige Übungen können jedoch bei Erektionsproblemen und vorzeitiger Ejakulationen helfen. „Wenn du mit Symptomen wie Inkontinenz oder Prolaps zu deiner Hausärztin oder deinem Hausarzt gehst, wird sie*er dich wahrscheinlich einfach an eine*n Physiotherapeut*in überweisen. Aber bei Schmerzen oder Erektionsschwierigkeiten denken sie vielleicht nicht als erstes an die Rolle der Beckenbodenmuskulatur“.

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