DirtyThirty: Maren Aline Merken ist 30 Jahrealt, Wahlberlinerin mit Herz für die Hauptstadt und dennoch ständig unterwegs. Ob auf Recherchereise im kunterbunten Indien, auf der Suche nach den neusten Foodtrends im lebhaften Johannesburg oder beim leicht chaotischen Familien-Kaffeeklatsch in ihrer Geburtsstadt Düsseldorf – sie ist neugierig, begeisterungsfähig, wortverliebt und gar nicht mal so spießig, wie sie selbst sich Ü30-Frauen als Teenager vorgestellt hat. Immer hungrig auf Neues feiert sie das Leben mit der 3 vorne – und versteht bis heute nicht, wie man Angst vor dem 30. haben kann.
Die ganz frühen fangen schon im Juli oder August damit an: Da bekommt man plötzlich eine Nachricht oder wird – besser noch – in eine Whatsappgruppe eingeladen, in der steht irgendwas von Silvester. Und man fragt sich Silvester Stallone? Ist der gestorben? Aber der wird doch anders geschrieben?! Oder vielleicht auch dieser süße Kater mit Tweetie – aber wieso zum Teufel macht man darüber eine WhatsApp-Gruppe?! Und dann plötzlich dämmert es! Sie meinen doch tatsächlich diesen einen Tag am Ende des Jahres, an dem um 0 Uhr alle wie verrückt knallen, also Böller in die Luft schmeißen, ihr wisst schon. Wer das Knallen zweideutig verstanden hat: Das wäre noch eine sinnige Silvesterbeschäftigung, aber vielleicht schwer vorab zu planen im Hochsommer. Und irgendwie haben sie ja Recht, diese Frühplaner, denn wer was richtig Cooles machen will, wegfahren oder gar fliegen, eine Skihütte mieten oder am Strand entspannen, der muss sich warm anziehen – und zwar nicht weil es in der Skihütte kalt ist, sondern weil alles an Silvester gefühlt zehnmal so teuer ist wie an normalen Tagen an denen die Uhr von 23:59 auf 0:00 Uhr wechselt. Und eben früh dran sein. Aber wollen wir das? Etwas besonders „Cooles“ machen? Natürlich sind wir vorbelastet von all den hiesigen Plänen unserer Mitmenschen und irgendwie zittern einem auch schon die Knie, wenn man an die makellosen Fotos sämtlicher Influencer denkt, die spätestens wenn das Netz um 6:00 Uhr morgens wieder belastbar ist und funktioniert Instagram und Facebook überfluten. Bilder, wo immens schöne Menschen in immens schönen Kleidern mit immens teurem Champagner anstoßen und lachen, aber perfekt und ohne Lippenstift auf den Zähnen und so glücklich, als sei ihr Jahr das perfekteste aller Zeiten gewesen und das Neue würde nur noch besser als sowieso schon alles ist.
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Jedes Jahr sagen wir wieder, Silvester ist uns nicht wichtig. Ach, wir essen mit ein paar Freunden Raclette, trinken ein paar Gläser Wein und kurz nach zwölf gehen wir ins Bett. Rausgehen? Auf keinen Fall. Silvester wird sowas von überbewertet. Ich mache mir da schon lang nichts mehr draus. Das ist ein Tag wie jeder andere.
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Es mag sein, dass Silvester überbewertet ist, dass die Konsumwelt ihn für sich nutzt, aber dennoch kann man nicht abstreiten, dass es eben kein Tag wie jeder andere ist.
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Aber dann, so vier Wochen oder vielleicht auch nur zwei oder drei vor dem Abend der Abende, hat man bei H&M, Zara oder sonst wo doch zum dritten mal irgendso einen Glitzerfummel in der Hand und denkt sich, Mensch, das wäre das ideale Outfit. Halt nur nicht, um um kurz nach null Uhr im Bett zu liegen. Selbst wenn man es nicht will, wird man ein wenig in den Strudel der Glitzerwelt gezogen, die zu Silvester für die ganze Welt irgendwie legitim zu sein scheint – denn am 31.12. ist plötzlich all that glitters gold.
Vielleicht macht man noch hastig und kurzfristig Pläne und kauft Tickets für irgendeine Party, packt seine Freunde ein und fährt in eins der übrig gebliebenen AirBnBs in Brandenburg und erwischt sich dabei, wie man dann doch eher Champagner anstatt den Sekt der Hausmarke kauft.
Vielleicht macht man noch hastig und kurzfristig Pläne und kauft Tickets für irgendeine Party, packt seine Freunde ein und fährt in eins der übrig gebliebenen AirBnBs in Brandenburg und erwischt sich dabei, wie man dann doch eher Champagner anstatt den Sekt der Hausmarke kauft.
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Und plötzlich glänzen die Augen, vielleicht, weil sich das nervige Feuerwerk, das man eh nicht kaufen wollte, darin spiegelt, vielleicht auch weil sie ein bisschen feucht werden.
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Es mag sein, dass Silvester überbewertet ist, dass die Konsumwelt ihn für sich nutzt, aber dennoch kann man nicht abstreiten, dass es eben kein Tag wie jeder andere ist. Wer hat sich nicht schon dabei erwischt, wie er beim Countdown dann doch irgendwie melancholisch wurde – ob es an den Vorkommnissen des Vorjahres lag oder an dem sechsten Glas Prickler an dem Abend. Und plötzlich glänzen die Augen, vielleicht, weil sich das nervige Feuerwerk, das man eh nicht kaufen wollte, darin spiegelt, vielleicht auch weil sie ein bisschen feucht werden. Weil eben ein Jahr rum ist. Wir älter werden, neue Dinge erleben, weil wir Menschen verloren haben, die wir geliebt haben oder eben genau solche dazu gewonnen haben. Weil wir durch Scheiße gewatet sind, die uns bis zum Hals stand, und das hinter uns lassen wollen oder weil wir auf der Sonnenseite des Lebens gesurft sind, das so wunderschön war und wir so dankbar sind. Und urplötzlich tippen wir an unseren Handys herum, obwohl wir genau wissen, gerade geht keine Nachricht raus, aber irgendwie wollen und müssen wir unseren Lieben doch sagen, dass das Jahr mit ihnen toll war und wir noch da sind, auch nächstes Jahr. Ich bin Fan davon, Menschen auch an normalen Tagen zu sagen, wie wunderbar sie sind und wie wichtig für uns, aber wenn es eben dieser eine Abend im Jahr ist, der uns dazu auffordert, dann ist das doch auch schön – im Glitzerkleid oder eben ohne, im Jogger auf der Couch, in der Skihütte, im Haus in Brandenburg.
Das Wort Silvester geht auf das lateinische Wort silva also Wald zurück und bedeutet so etwas wie Waldmensch. Also eigentlich etwas, das fernab von all dem Glitzer, all den Partys und Fotos und plakativen Darstellungen von Spaß existiert. Aber egal ob im Wald, in einer schmucken Stadtwohnung oder irgendwo in der Welt am Strand: Silvester ist vor allem eins. Eine neue Chance, ein neuer Anfang, den wir jedes Jahr wieder geschenkt bekommen und mit dem wir machen können, was wir möchten. Hach, und plötzlich ist es doch ganz schön, dieses ganze Drumherum und wir erwischen uns dabei, dass unser kurzfristig zusammen gezimmerter Jahreswechsel doch wunderschön war – und so besonders. Vielleicht sogar schöner als der derer, die ihn immens lange geplant haben, in immens schönen Kleidern mit immens teuren Getränken. In dem Sinne: Einen guten Rutsch und einen wunderbaren Start in das Jahr 2018. Das uns etliche neue Chancen gibt – zum Beispiel Silvester früher zu planen ;-) #justkidding #happynewyear