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Ich bin Ende 20, kriege immer noch Taschengeld & schäme mich kein bisschen

Foto: Rockie Nolan.
An jedem 23ten des Monats, während ich noch friedlich schlummere, wird mein Bankkonto um 1000 Euro angereichert – ohne, dass ich auch nur irgendwas dafür tun muss. Zur gleichen Zeit an einem anderem Ort, wird auch das Guthaben meiner Schwester um eben diesen Betrag aufgestockt. Von diesem Betrag bleiben dann, wenn ich meinen Anteil an der Miete und meine Rechnungen bezahlt habe, noch genau 43 Euro übrig. Als ich noch eine sporadisch beschäftigte Freelancerin war, bedeutete dieses Geld, dass ich mich einigermaßen existieren konnte. Heute sehe ich es eher als Mietzuschuss, es verschafft mir einfach ein bisschen Raum zu Atmen.
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Aber ja, wenn ich ganz ehrlich bin, bekomme ich schlicht und ergreifend einfach immer noch Taschengeld.
Viele meiner Freunde stehen dazu, dass sie das obligatorische Flugticket nach Hause von ihren Eltern gesponsert bekommen oder ab und zu mal eine Anschaffung mit der Kreditkarte ihrer Eltern bezahlen, aber nur wenige von ihnen würden zugeben, dass sie mit Mitte 20 noch immer Taschengeld bekommen. Warum sollten sie auch? Ziemlich schnell wird man da doch als verzogener Schmarotzer abgestempelt oder gilt ab einem gewissen Alter einfach als gescheitert, wenn man sich nach wie vor von seinen Eltern unterstützen lässt. Also ist es am besten, man sagt einfach nichts.
Wahrscheinlich ist das auch der Grund, warum ich es – und sei es auch nur vor mir selbst – immer wieder rechtfertigen muss, dass ich die monatliche Finanzspritze meiner Eltern gerne annehme.
Ich würde mich selbst nicht als verschwenderisch beschreiben. Ich zahle einfach meine Rechnungen sofort, wenn ich sie bekomme, haushalte penibel mit dem, was mir zur Verfügung steht und auch meine Miete ist zwar hoch, aber dennoch im Rahmen dessen, was ich mir mit meinem Gehalt leisten können sollte. Leider gibt es keine Preise oder Vergünstigungen, nur weil man gut mit Geld umgehen kann. Dennoch ist das Leben in einer Großstadt nicht ganz preiswert, auch ohne große Luxusanschaffungen. Das sporadische Paar Schuhe und eine kleine Schwäche für Drogeriemärkte reichen da schon völlig aus, um das monatliche Haben auszuschöpfen.
Wenn man sich allerdings in meinem Alter von seinen Eltern unterstützen lässt, muss man einfach mit gewissen Verurteilungen rechnen. Und natürlich gilt auch für mich: „Wer ohne Vorurteile durchs Leben geht, der werfe den ersten Stein.“
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Ja, auch ich bin nicht frei von ihnen. Wenn ich beispielsweise mitbekomme, wie manche in meinem Alter sich ein gigantisches Penthouse vom erarbeiteten Geld ihrer Eltern finanzieren lassen, dann rümpfe auch ich die Nase und finde das einfach ein bisschen „too much“. Obwohl es uns ja eigentlich alle überhaupt nichts angeht, wie und von welchem Geld jemand seine Miete bezahlt. Wieso sollten wir darüber urteilen, wofür jemand sein Geld ausgibt. Und mal Hand aufs Herz: Würdet ihr das Geld an meiner Stelle ablehnen?
Mir scheint es fast so, dass es für viele nur solange akzeptabel ist, dass andere etwas geschenkt bekommen, solange es nicht mehr ist, als das, was man selbst hat. Schon seltsam, dass das, was wir angemessen finden, fast immer deckungsgleich mit dem ist, was wir selbst zur Verfügung haben. Ganz oft lese ich zwischen den Zeilen der Empörungen über scheinbar privilegierte Gleichaltrige einfach nur ein kindisches „Das ist nicht fair, ich will das auch!“
Was für eine Überraschung – das Leben ist eben nicht fair. War es noch nie! Jahre bevor ich eine Erwachsene mit Taschengeld war, war ich eine Teenagerin, die auf eine Privatschule ging. Auch als Baby habe ich immer schon das Glück gehabt, die beste medizinische Versorgung zu bekommen und bin in einer gutbürgerlichen Gegend aufgewachsen. Der finanzielle Zuschuss, den ich jeden Monat bekomme, gehört einfach zu den glücklichen Umständen, die mir meine Herkunft beschert. Fair ist das nicht. Absolut! Aber warum sollte ich darauf verzichten? So gesehen mag der Betrag, den ich heute von meinen Eltern erhalte, für viele zwar ein ziemlich hoher sein, aber in Bezug auf mein gesamtes Leben ist er so gering wie niemals zuvor.
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