Wenn du dich daran erinnerst, wie du im Laufe deines Lebens Freund*innen gefunden hast, kommen dir wahrscheinlich verschiedene Orte ins Gedächtnis: der Schulhof, die Sporthalle deines Turnvereins, das Auditorium in der Uni und das Büro, in dem du dein erstes Praktikum gemacht hast. Der verschwörerische Blick, den ihr euch zugeworfen habt, das Pausenbrot, dass ihr geteilt habt, der Platz neben euch, den ihr immer füreinander freigehalten habt, all diese Dinge machen eine richtig gute Freundschaft zu dem, was sie ist: Eine tiefe Verbindung zwischen zwei Menschen, die sich gegenseitig Vertrauen, Loyalität und Rückhalt schenken. Der Mensch ist ein soziales Wesen. Eine*n gute*n Freund*in zu umarmen und ihre oder seine Präsenz zu spüren, löst in uns eine Ruhe und Vertrautheit aus, die uns ein Gefühl der Wärme spenden kann. Dabei ist es egal, ob wir uns aus der Grundschule kennen oder im letzten Job ein Büro miteinander geteilt haben.
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Das Problem ist nur: Heutzutage bleiben wir im Vergleich zu früher selten an einem Ort wohnen. Gut möglich also, dass keine*r deiner alten Freund*innen aus Schul- oder Unizeiten heute noch in der selben Stadt wohnt wie du. Da ist das mit dem In-den-Arm-nehmen schon mal schwer. Und auch ansonsten ist es leider so, dass zu vielen der Menschen, die aus unserem Alltag verschwinden, früher oder später auch der Kontakt sporadischer wird. An dem Sprichwort „Aus den Augen, aus dem Sinn“ ist leider etwas dran, egal wie viele gute Vorsätze wir uns gefasst haben. Aber richtig gute Freund*innen zu finden ist nicht leicht. Und die, die uns ans Herz gewachsen sind, wollen wir sicher nicht verlieren, nur weil einer von uns für den Job in eine neue Stadt ziehen musste.
Ich spreche aus Erfahrung: Ich bin von Sydney nach London gezogen. Meine vier besten Freund*innen leben in Melbourne, Sydney, New York, LA und New Orleans. Als mir bewusst wurde, wie wichtig mir diese Verbindungen sind und wie schmerzhaft es ist, zu spüren, dass die physische Distanz sich zu einer emotionalen entwickeln kann, habe ich angefangen, zu recherchieren. Das moderne Äquivalent zur Fernbeziehung ist die Fernfreundschaft. Anders als zu ersterem gibt es zu letzterem aber kaum Ratschläge. Deswegen habe ich angefangen, Tipps zusammenzutragen: Von Fremden im Internet, Psychotherapeut*innen und Freund*innen. Schlussendlich habe ich sogar ein ganzes Buch geschrieben, es heißt The Friendship Cure.
Obwohl natürlich jede Freundschaft ihre eigenen Rituale und Rhythmen sowie ihre eigene Sprache hat, habe ich festgestellt, dass es einige Dinge gibt, die dabei helfen können, eure Verbindung auch dann aufrecht zu erhalten, wenn ihr euch über längere Zeit nicht zu Gesicht bekommt. Welche davon für euch funktionieren, solltet ihr einfach ausprobieren.
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Hört eure Stimmen
Whatsapp hat es uns in den letzten Jahren definitiv um einiges einfacher gemacht, mit unseren Freund*innen in Kontakt zu bleiben. Insbesondere die Sprachnachricht hilft uns, so etwas wie ein lebendiges Gespräch miteinander zu führen, wenn wir nicht die Möglichkeit oder die Zeit haben, zu telefonieren. Eine Sprachnachricht mit Neuigkeiten aus dem Leben deiner Freundin oder deines Freundes zu bekommen, in der sie oder er dir von seinem Tag oder seinem letzten letzten Date erzählt, kann überraschend berührend sein. Vor allem dann, wenn sie oder er die Story so erzählt, als würdet ihr gerade wie in alten Zeiten gemeinsam in Pyjamas auf der Couch hängen. Dabei muss die Nachricht aber gar nicht zwingend News-Charakter haben. Manchmal reicht auch eine kleine Voicenote, in der du der oder dem anderen sagst, dass du an sie oder ihn denkst.
Versucht, euch zu Gesicht zu bekommen
Manchmal merkst du gar nicht, wie sehr du jemanden vermisst, bis du ihr oder sein Gesicht bei FaceTime oder Skype siehst. Und nicht nur das, meine gute Freundin Kelly beispielsweise stellte mir ihren Sohn über FaceTime vor. Während des Gesprächs konnte ich so Zeugin eines monumentalen Ereignisses werden: Der Kleine stand zum ersten Mal in seinem Leben auf beiden Beinen, und ich war, wenn auch nur virtuell, dabei. Ein anderes Mal gab ich ihr eine kleine Tour durch meine neue Wohnung, nachdem ich umgezogen war.
Manchmal wenn wir facetimen, kommen auch ihr oder mein Partner mit ins Bild, und wir reden zu viert in Jogginghose und gemütlichem Sweatshirt miteinander. Ein bisschen wie früher, als wir alle ständig beieinander abhingen.
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Schreibt euch
Eine tiefe Freundschaft kann die wahre große Liebe deines Lebens sein. Deswegen solltest du deine Fern-Freundschaft ruhig auch wie eine romantische Beziehung behandeln. Schreibt euch gegenseitig Briefe und Karten, und zwar nicht nur zum Geburtstag. Man kann einer Freundin oder einem Freund mit einer schönen Grußkarte alles Mögliche sagen. Und sei es nur, dass du froh bist, dass es sie oder ihn gibt. Darüber freut sich jede*r!
Fahrt zusammen in den Urlaub
Nichts ist schöner, als mit Freund*innen zu verreisen. Falls ihr es finanziell und zeitlich irgendwie einrichten könnt, fahrt also ein paar Tage zusammen weg. Tage voller Limoncello in Italien, lange Autobahnfahrten durch Südfrankreich und warme Nächte an der portugiesischen Riviera, all das können Erfahrungen sein, von denen ihr noch lange zehren werdet. Ich war letztes Jahr mit einigen Freund*innen für zehn Tage in Griechenland. So lange waren wir alle seit fünf Jahren nicht mehr zusammen und es war der schönste Urlaub, den ich mir hätte wünschen können.
Sagt euch gegenseitig so oft wie möglich, wie wichtig ihr euch seid
Wenn ihr euch schon nicht physisch nah sein könnt, versucht wenigstens die emotionale Distanz zwischen euch so gering wie möglich zu halten. Wie das am besten funktioniert? In dem du deine Freund*innen öfter mal daran erinnerst, wie wichtig sie dir sind. Nicht jedem geht der Satz „Du bist mir wichtig“ über die Lippen, und das muss auch gar nicht sein. Einander kleine Zuneigungsbekundungen zu schicken, wie auch immer diese ausfallen mögen, hilft einfach dabei, eure Freundschaft lebendig zu halten. Denn sie ist wichtig. Passt deswegen gut auf sie auf und haltet an ihr fest.