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Diese intimen Fotos zelebrieren die Beziehung von Frauen zu ihren Körpern

Foto: Jomile Kazlauskaite.
Justice
„Während meiner Jugend fühlte ich mich in meinem eigenen Körper sehr unsicher. Ich verglich mich dauernd mit den Mädchen und Frauen, die ich in Zeitschriften sah – und diese Bilder waren damals noch nicht sehr inklusiv. In der Schule wurde ich außerdem für mein Aussehen gemobbt. Dieses Projekt war für mich daher auch eine Form der Therapie, um einige der Probleme zu bewältigen, die mich schon lange quälen. Und genau deswegen habe ich so tiefe Bindungen zu den Frauen entwickelt, die ich fotografiert habe.“
Die 27-jährige Londoner Fotografin Jomile Kazlauskaite erzählt von der Inspiration hinter ihrem fortlaufenden Fotoprojekt Under Her Skin – einer ehrlichen, einfühlsamen Bilderreihe, die die Beziehung von Frauen zu ihren Körpern beleuchten möchte. Under Her Skin besteht aus zahlreichen wunderschön inszenierten Porträts, Nahaufnahme-Nacktbildern und handgeschriebenen Erzählungen und beschäftigt sich mit kulturellen Schönheitsstandards rund um den weiblichen Körper sowie mit den Auswirkungen des gesellschaftlichen Drucks auf unser Selbstbild.
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Foto: Jomile Kazlauskaite.
Daniela
Foto: Jomile Kazlauskaite.
„Dick, Schwarz, klein, und alles dazwischen“
Kazlauskaite wuchs in Litauen auf, einem baltischen Land, dem sie eine reiche kulturelle Geschichte und ein starkes Gemeinschaftsgefühl zuschreibt. „Ich wurde ein paar Jahre geboren, nachdem das Land seine Unabhängigkeit von der Sowjetunion umgesetzt hatte. In einer postsowjetischen Gesellschaft aufzuwachsen, hat mir vermittelt, wie wichtig Freiheit und deren Ausdruck sind – sowie ein Verantwortungsbewusstsein für meine Community und einen tiefen Respekt für andere Menschen“, sagt sie.

Wir haben diesen Körper bekommen, der uns durch die Höhen und Tiefen des Lebens begleitet. Wir lieben ihn vielleicht nicht immer, und das ist okay – aber wir müssen lernen, ihn mit Respekt zu behandeln.

Jomile Kazlauskaite
Diese Werte spiegeln sich auf ganz natürliche Art auch in ihrer Fotografie wider, für die sie als Jugendliche ihre Leidenschaft entdeckte, als sie von ihrem Vater eine Digitalkamera geschenkt bekam. „Ich fühlte mich direkt dazu hingezogen, wie mich die Fotografie Geschichten durch Bilder erzählen ließ“, erzählt sie, „und als ich älter wurde, fiel mir auch auf, wie sehr ich mich für Menschen und das, was sie zu sagen haben, interessiere.“ Daraus entstand schließlich die Ausgangssituation für Under Her Skin. „Ich wollte einen sicheren Raum schaffen, in dem Frauen die persönlichen Geschichten rund um ihre Beziehung zu ihren Körpern erzählen können, und damit gleichzeitig die Körperpolitik und Schönheitsstandards unserer heutigen Gesellschaft kommentieren.“
Foto: Jomile Kazlauskaite.
Ellisha
Foto: Jomile Kazlauskaite.
„Nicht für den männlichen Blick“
Under Her Skin war Kazlauskaites letztes Projekt während ihres Master-Studiums in Modefotografie am London College of Fashion – ein interessanter Twist, wenn man bedenkt, was hinter und unter der Mode steckt, mit der wir uns der äußeren Welt präsentieren. Auf die Frage, was sie zu diesem Studium und Projekt geführt habe, antwortet Kazlauskaite: „Direkt von Studienbeginn an interessierte ich mich für die Körperpolitik in der Modebranche und dafür, wie der Körper selbst zu einer Art ‚Projekt‘ werden kann, das dauernde Arbeit erfordert, um das Bild zu erhalten, das uns in den Medien als Pflicht vermittelt wird. Ich betrachte den Körper prinzipiell als Kernelement der Modekultur – denn ohne einen Körper wären all diese Kleidungsstücke sinnlos.“
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Foto: Jomile Kazlauskaite.
Sabrina
Foto: Jomile Kazlauskaite.
„Auf meine eigene Art“
Kazlauskaite nahm die Arbeit zu diesem Projekt auf, als Corona gerade seinen Höhepunkt erreicht hatte. Die ersten Bilder, die sie knipste, zeigen daher sie selbst und erkunden ihre Beziehung zu ihrem eigenen Körper. Als die Welt Corona allmählich wieder hinter sich ließ, erweiterte sie die Bilderreihe auch um andere Frauen. „Ich kannte die meisten der Frauen, die du auf diesen Fotos siehst, tatsächlich vor dem Shooting gar nicht“, erklärt sie. „Die sozialen Medien waren eine tolle Möglichkeit, mit Menschen in Verbindung zu treten, die daran teilnehmen wollten. Bis heute benutze ich Social Media zu diesem Zweck. Inzwischen werden mir aber auch immer mehr Modelle von denen vermittelt, die ich schon fotografiert habe. Manche Freund:innen verweisen mich auch an Leute, von denen sie glauben, sie könnten Interesse haben.“
Kazlauskaite erzählt, das tatsächliche Fotografieren der Bilder sei immer eine Zusammenarbeit. „Wir fangen damit an, uns erst einmal über unsere Beziehungen zu unseren Körpern zu unterhalten und darüber zu sprechen, welche Gefühle sie in uns auslösen. Jedes Detail auf jedem Bild ist ein visueller Hinweis auf die individuelle Geschichte jeder Person“, sagt sie. „Wir suchen uns Orte aus, die der Person etwas bedeuten, entscheiden uns für Outfits, die ihre Persönlichkeit am besten präsentieren, diskutieren bestimmte Körperstellen, die sie lieben oder hassen – und konzentrieren uns dann für die Nahaufnahmen auf genau diese Partien.“
Foto: Jomile Kazlauskaite.
„Ich hasse dich“
Foto: Jomile Kazlauskaite.
Imogen
Indem sie bei jedem Shooting ganz verschiedene Bilder aufnimmt, will Kazlauskaite eine vielseitige Geschichte jeder einzelnen Teilnehmerin erzählen und verschiedene Blickwinkel auf deren Erfahrungen eröffnen – durch einen bunten Mix aus farbigen, schwarz-weißen und Polaroid-Fotos. Auf einigen der Bilder stehen handgeschriebene Worte der Frauen, die die Konturen ihrer eigenen Körper mit den Worten und Gefühlen verbinden, die sich während des Shootings für sie ergaben.
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Eines von Kazlauskaites Lieblingsbildern aus Under Her Skin ist das Porträt von Justice, die auf eine Nahaufnahme ihrer Haut schrieb: „Das erste Mal, als mich jemand fett nannte, war ich neun Jahre alt.“ „Justice hat meine Herangehensweise an das Projekt tatsächlich in vielerlei Hinsicht beeinflusst“, erinnert sich die Fotografin. „Wir hatten so eine schöne, erkenntnisreiche Session, während der wir mehr redeten als Fotos machten. Wir unterhielten uns darüber, wie uns andere Leute wahrnehmen, und sie sagte zu mir: ‚Das erste Mal, als mich jemand fett nannte, war ich neun Jahre alt. Ich war gar nicht fett, aber diese Person empfand mich schon als fett. Das letzte Mal, als mich jemand fett nannte, war ich 25. Da war ich fett, aber es war mir egal.‘ Ich wusste sofort, dass das das Zitat war, das wir auf das Bild ihrer Haut schreiben würden. Das lag vermutlich am meisten daran, dass ich mich darin selbst wiedererkannte – ich empfand mich selbst nie als übergewichtig, bis ich es von jemand anderem hörte.“
Foto: Jomile Kazlauskaite.
„Das erste Mal, als mich jemand fett nannte, war ich neun Jahre alt“
Foto: Jomile Kazlauskaite.
„Es ist vermutlich gutartig“
Das Foto einer jungen Frau namens Daniela spricht eine ganz ähnliche Sprache. Darauf steht: „‚Du siehst aus wie ein Wal‘ – Mama.“ „Danielas Mutter benutzte diesen Begriff oft, um Daniela zu beschreiben, als sie noch jung war“, erklärt Kazlauskaite. „Dünn zu sein hieß hübsch zu sein und einen Mann zu finden – zumindest laut ihrer Mutter. Deswegen war es wirklich inspirierend, Daniela so selbstbewusst zu erleben und zu sehen, dass sie ihren Körper während des Shootings komplett akzeptierte. Und das, obwohl sie während ihrer Kindheit in ihrem eigenen Zuhause gemobbt wurde.“
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Foto: Jomile Kazlauskaite.
„Schönheit in Einzigartigkeit“
Foto: Jomile Kazlauskaite.
„‚Du siehst aus wie ein Wal‘ – Mama“
Und dann wäre da noch das Foto von einer Mutter mit ihrem Baby, deren Haut sich beim Kuscheln berührt. „Dieses Bild bedeutet mir sehr viel. Es zeigt eine Freundin und ihr kleines Mädchen“, erzählt Kazlauskaite. „Ich fand ihren Körper nach der Geburt so wunderschön. Dieser Körper hatte gerade einen Menschen geboren – was könnte magischer sein? Gleichzeitig war es unglaublich, die kleine Veränderung in ihrem Selbstbild zu beobachten. Am Tag des Shootings war sie ein bisschen verlegen, aber als ich ihr das Bild schließlich schickte, sah sie sich selbst durch meine Augen. Heute hängt das Foto in ihrem Schlafzimmer. Es bereitet mir große Freude, Frauen dabei zu helfen, sich selbst von außen zu sehen – und sich dadurch womöglich befreiter zu fühlen.“
Foto: Jomile Kazlauskaite.
„Die Person, die mich jeden Tag erfüllt, hat mich so aussehen lassen“
Foto: Jomile Kazlauskaite.
„Ich werde dich ewig zelebrieren“
Under Her Skin ist letztendlich ein Raum, in dem Frauen ihre eigenen Geschichten teilen können, meint Kazlauskaite. Solange sie weiterhin Menschen kennenlernt, die gewillt sind, ihre Gefühle rund um ihr Selbstbild, Schönheit, weibliche Stärke und die Entwicklung des Selbstbewusstseins mit ihr zu teilen, wird sie diese Fotos auch weiter aufnehmen. Sie hofft, dass die wichtigste Nachricht des Projekts auf jedem Bild zu erkennen ist. „Wir haben diesen Körper bekommen, der uns durch die Höhen und Tiefen des Lebens begleitet. Wir lieben ihn vielleicht nicht immer, und das ist okay – aber wir müssen lernen, ihn mit Respekt zu behandeln“, sagt sie, und in ihren Worten hallen die Erfahrungen aller Frauen nach, die sie fotografiert hat.
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