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So kannst du Freund:innen, die sich gerade schwertun, wirklich helfen

Foto: Flora Maclean
Wir alle kennen jemanden, der:die gerade mit der psychischen Gesundheit kämpft. Wir alle lieben jemanden, der:die gerade mit der psychischen Gesundheit kämpft. Als Gesellschaft haben wir uns sehr darum bemüht, das Stigma, das mit Problemen dieser Art noch vorherrscht, abzubauen. Nichtsdestotrotz haben wir aber noch einen langen Weg vor uns, bis jede:r Einzelne das Gefühl hat, frei über seine oder ihre Probleme sprechen zu können, ohne verurteilt zu werden oder Angst haben zu müssen. Als Freundin einer Person, die gerade viel durchmacht, weiß ich, dass es möglich ist, wirklich zu helfen.
Als mich zum ersten Mal jemand fragte, ob ich depressiv sei, fühlte ich den Drang, mich zu verteidigen und lachte über die Frage. So oder so ist es immer ratsam, das Gespräch mit jemandem zu suchen, von dem:der du glaubst, dass er:sie Probleme hat – egal, wie unangenehm das ist oder ob deine Sorgen überhaupt nachvollzogen werden. In meinem Fall wusste ich irgendwo tief im Inneren, dass es mir tatsächlich schlecht ging, und die Frage meines Freundes zwang mich, ernsthaft über die Angelegenheit nachzudenken. Ich bin mir nicht sicher, ob es mir dadurch leichter fiel, mich meinen Eltern gegenüber zu öffnen und Hilfe zu suchen, aber es fühlte sich wie ein Anfang an: Ich erkannte, dass ich mich nicht länger zu verstellen brauchte.
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Wie solltest du aber dieses unangenehme und schwierige erste Gespräch mit jemandem führen, um den:die du dir Sorgen machst? Um ehrlich zu sein, verlangt es von dir als Freund:in oder Familienmitglied ganz schön viel ab. Du musst der Person wirklich zuhören, falls sie sich entscheidet, sich dir gegenüber zu öffnen. Versuch nicht, ihr mitzuteilen, dass du weißt, was sie meint, oder dass du dich auch schon einmal so gefühlt hast, sondern lass sie einfach sprechen. Hör dir alles an, was sie zu sagen hat, ohne das Gesagte auf deine eigenen Erfahrungen zurückführen. Sage ihr nicht, dass es sich dabei nur um eine Phase handelt oder dass sie X, Y oder Z ausprobieren sollte. Du willst ihr wahrscheinlich bloß versichern, dass diese schrecklichen Gefühle vorübergehen werden. Das solltest du aber tun, ohne den Eindruck zu erwecken, dass du ihre Probleme auf die leichte Schulter nimmst.
Es kann von unschätzbarem Wert sein, wenn dir jemand wirklich zuhört. Es ist eine große Erleichterung, wenn sich jemand, der:die einen kennt und sich um einen kümmert, die Zeit nimmt, sich deine dunkelsten Gedanken anzuhören. Manchmal geben Personen, die in dem Moment viel durchmachen, diese aber nicht so einfach preis. Manchmal sind sie sich nicht einmal bewusst, wie schlecht es um ihre psychische Gesundheit steht. Das ist eine schwierige Erfahrung für jemanden, der:die mitansehen muss, dass es einer Person, die er:sie liebt, schlecht geht. Oft sprechen wir mit anderen über unsere Sorgen, à la: „Sophie scheint deprimiert zu sein. Trinkt sie zurzeit nicht etwas zu viel? Wir sollten sie zum Essen einladen“, ohne jemals explizit zu sagen, was es genau ist, das uns beunruhigt.
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Denk auch daran, dass viele Menschen mit psychischen Problemen noch nie die Gelegenheit hatten, ein ehrliches Gespräch über ihre Gefühle zu führen – sei es aus Angst, verurteilt zu werden oder aus Sorge, dass sich andere von ihnen distanzieren könnten, wenn sie es tun würden. Früher nahm ich meine Probleme immer auf die leichte Schulter. Obwohl ich sie für gewöhnlich irgendwann ansprach, machte ich mich aber über mich selbst lustig, für den Fall, dass meine Freund:innen dachten, dass ich zu krank sei, um mit mir befreundet zu sein. Wenn dir also eine Person genug vertraut, um sich dir gegenüber zu öffnen, solltest du das wertschätzen und für sie da sein. Das könnte bedeuten, dass du bei deinem guten Freund oder deiner guten Freundin übernachtest, wenn er oder sie eine besonders schwierige Zeit durchmacht (meine Schwester tat das oft, und ich kann dir nicht sagen, was für eine Erleichterung es war, sie an meiner Seite zu haben und einschlafen zu können, ohne dass meine Panik überhand nehmen konnte) – oder dass du deine Pläne cancelst, um ihm oder ihr in einer Kneipe Gesellschaft zu leisten, während er oder sie sich bei dir ausheult.
Du könntest auch anbieten, mit deinen Freund:innen zum Arzt bzw. zur Ärztin zu gehen, wenn sie Angst davor haben, alleine zu gehen. Du kannst dir auch die Zeit nehmen, etwas über ihre Krankheit in Erfahrung zu bringen – egal, ob es sich dabei um Angstzustände oder um eine bipolare Störung handelt. So machst du dich mit den Tücken der Erkrankung vertraut und bringst keine Stereotypen auf. Menschen, die eine Ahnung von Angstzuständen und Zwangsstörungen haben und in der Lage sind, mit mir darüber zu sprechen, bin ich unendlich dankbar: So habe ich nicht das Gefühl, meine Probleme erklären zu müssen, und fühle mich weniger allein. Informier dich auch über Medikamente, die nötig sein könnten, und ihre möglichen Nebenwirkungen. Weil Psychopharmaka immer noch ein stigmabehaftetes Thema sind, sollten wir offen darüber sprechen, wie wir es auch bei Antibiotika tun würden.
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Manchmal sind wir gezwungen, schwierige Entscheidungen zu treffen. Wenn du also bemerkst, dass dein:e Freund:in in ein tiefes Loch fällt, kann es sein, dass du vielleicht keine andere Wahl hast, als seinen oder ihren Eltern Bescheid zu geben oder ihn bzw. sie ins Krankenhaus zu bringen. Das alles sind keine einfachen Beschlüsse, können aber unter Umständen notwendig sein. Wenn es sich um ein Familienmitglied handelt, kannst du vielleicht sogar noch mehr Verantwortung übernehmen. All diese Dinge sind beängstigend und fühlen sich wahrscheinlich wie eine große Last an. Menschen, denen es psychisch gerade nicht gut geht, passiv dabei zuzusehen, wie sie leiden, weil du dich nicht einmischen willst, wird aber auch nicht helfen.
So viele von uns, die mit psychischen Problemen zu kämpfen haben, müssen mit enttäuschenden Reaktionen von Menschen zurechtkommen, die wir lieben – auch wenn sie gut gemeint sind. Sie mögen natürlich ihre eigenen Probleme haben, aber das kann das Gefühl von Einsamkeit, das psychische Erkrankungen oft mit sich bringen, nur noch weiter verstärken. Wenn selbst diejenigen, die dir am nächsten stehen, nicht verstehen, was du gerade durchmachst, kann sich das sehr einsam anfühlen. Wenn es dir selbst psychisch gut geht, solltest du dich also regelmäßig bei Leuten, die dich brauchen, melden und ihnen beistehen, wann immer es ihnen schlecht geht.
Ich will nicht undankbar rüberkommen – ich weiß, dass es schwierig, traurig und frustrierend sein kann, mit jemandem befreundet zu sein, der:die psychische Probleme hat – aber wir alle sollten mehr tun, um zu helfen. Auch wenn du vielleicht denkst, dass du das Nötige getan hast, wenn du der Person in Frage die Möglichkeit gegeben hast, sich auszusprechen, solltest du dich fragen, ob du möglicherweise noch etwas anderes tun könntest. So viele von uns werden im Laufe ihres Lebens mit psychischen Erkrankungen zu kämpfen haben. Eines Tages könntest auch du betroffen sein. Um das Stigma, das es immer noch in Zusammenhang mit unserer psychischen Gesundheit gibt, abzubauen, müssen wir alle gute Freund:innen und Familienmitglieder sein. Du wirst vielleicht nie erfahren, was deine Unterstützung bewirkt hat, aber glaub mir eine Sache: Die Person, der du geholfen hast, wird deine Hilfe nie vergessen.
Mehr zum Thema gibt es in meinem Buch Jog On: How Running Saved My Life.
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