„Du hast ein gebärfreudiges Becken“ ist wohl einer der eigenartigsten Kommentare überhaupt. Als würde jemand sagen: „Wow, du bist aber fruchtbar!“ oder „Auf Fotos siehst du ja richtig gut aus!“. Irgendwie unpassend, irgendwie unsensibel. Selbst wenn „gebärfreudig“ einfach nur eine Umschreibung für besonders breite Hüften sein sollte.
Wahrscheinlich kommt es darauf an, wer dich gebärfreudig nennt und in welcher Situation. Aus dem Mund einer Frauenärztin bei der Vorsorgeuntersuchung während der Schwangerschaft wirkt die Aussage schließlich ganz anders als bei einer Kaffeepause mit einer Kollegin. Beleidigung (oder Kompliment?) hin oder her, die viel interessantere Frage ist doch: Eignen sich manche Hüften wirklich besser zum Kinderkriegen als andere? Um das beantworten zu können, haben wir uns von der Frauenärztin Dr. Lakeisha Richardson erst mal die vier grundlegenden Beckenformen erklären lassen: gynäkoid, android, platypelloid und anthropoid.
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Das gynäkoide Becken ist die häufigste Form und kommt etwa bei der Hälfte aller Menschen mit einer Vagina vor. Diese Beckenform kann die Vaginalgeburt erleichtern, weil sie sehr weit und flach ist und einen ovalen Ausgang hat. Sie bildet also eine schöne Wiege für das Baby, sagt der New Yorker Frauenarzt Dr. Daniel Roshan. Ein androides Becken ist tiefer, aber schmaler, was eine vaginale Geburt erschweren kann, so Dr. Richardson. Auch bei einem platypelloiden Becken (schmal und klein) kann die Geburt schwer sein. Das anthropoide Becken sieht wie eine Mischung aus platypelloid und android aus – es ist also herzförmig und damit auch nicht ganz optimal für die Geburt.
Welche Beckenform du hast, kannst du übrigens nicht erkennen, indem du einfach nur in den Spiegel schaust. Wenn die Frauenärztin eine schwangere Person in der 37. bis 38. Schwangerschaftswoche untersucht, überprüft sie normalerweise die Beckenbreite und -größe, so Dr. Roshan. Während sich das Knorpelgewebe zwischen den Knochen während der Schwangerschaft meist entspannt oder lockerer wird, um sich auf die Geburt vorzubereiten, bleibt das Becken in der gleichen Form, erklärt Dr. Richardson.
Aber das Becken ist nur ein Faktor, der die Geburt beeinflussen kann. Dr. Roshan sagt, es gibt insgesamt drei Variablen, die beachtet werden müssen: „Power, Passage, Passenger“. Will heißen: Wichtig sind die Kraft der Gebärenden beim Herauspressen des Babys, die Form und die Größe des Beckens sowie die Größe des Kindes. Wenn du also beispielsweise ein gynäkoides Becken hast, dein Baby aber sehr groß ist und du keine Kraft hast, könnte es schwierig werden. Andersrum kann es aber auch bedeuten, dass du mit einem platypelloiden Becken problemlos ein kleines Baby auf die Welt bringen kannst.
Am Ende ist die Geburt eines Kindes nie einfach – ganz unabhängig von Beckengröße oder Körperbau der Schwangeren. Trotzdem kommen jeden Tag gesunde Babys auf die Welt. Außerdem darf man nicht vergessen, dass man niemandem äußerlich ansehen kann, ob sie oder er gesund ist. Genauso wenig können wir mit einem einzigen Blick auf die Hüfte wissen, ob die Geburt einfach und schnell verlaufen wird oder nicht.