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Was genau bedeutet „intuitives Essen“ & warum ist es so wichtig?

Heute Morgen hatte ich ein ungewöhnliches Frühstück: einen Apfel mit einem Löffel Erdnussbutter. An und für sich keine ungewöhnliche Paarung, aber ich tendiere morgens normalerweise zu einer viel umfangreicheren Mahlzeit. Für gewöhnlich gibt es bei mir Eier und Toast, oder Porridge mit Obst, Kernen, Nüssen und anderen Toppings. Jede Mahlzeit ist wichtig, aber ohne ein richtiges Frühstück bin ich mittags ein Wrack. Und wenn ich schon mit Appetit auf Eier und Toast geweckt werde, dann wird dieser natürlich gestillt. Möchtest du Marmelade dazu? frage ich mich dann. Es gibt heute früh Himbeere und Sauerkirsche. Oder magst du nur Butter? Gute Wahl.
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Aber heute wachte ich auf und hatte Appetit auf... nichts Besonderes. Kann ich dich für Porridge mit Haselnüssen begeistern?, fragte ich, als ich die Küchenschränke unter die Lupe nahm. Nicht? Er zuckte mit den Achseln. Als ich in den Kühlschrank sah, fand ich einen Apfel. Es war so ein richtig guter Apfel vom Wochenmarkt und ich wusste, er würde knackig und saftig sein. Klar doch, stimmte mein Appetit zu. Ich schnappte mir das Glas Erdnussbutter, um dem Ganzen noch ein wenig Fett und Eiweiß hinzuzufügen, und auch etwas von dem cremigen, salzigen Geschmack, der so gut zur knackigen Süße eines Apfels passt. YAAAS, entgegnete mir mein Appetit. Es war eine recht winzige Mahlzeit, aber eine relativ ausgewogene. Was noch wichtiger ist, es war genau das, was ich wollte. Ich war gesättigt.
Beim intuitiven Essen gibt es keinerlei Regeln, aber es gibt einige hilfreiche Grundsätze. Diese Wegweiser sollen dir dabei helfen, den Weg aus dem endlosen Diätenlabyrinth zu finden und dein Essverhalten wieder zu normalisieren: den Hunger würdigen, spüren, wann du gesättigt bist, die Lebensmittelpolitik herausfordern, deinen Körper respektieren – und so weiter. Obwohl jeder Grundsatz seinen eigenen Fokus hat, sind sie alle durch ein grundlegendes Element miteinander verbunden: die Zufriedenheit.

Wenn du Eis willst, wird dich kein Sorbet der Welt zufriedenstellen.

Das ist es, was Evelyn Tribole und Elyse Resch, die Autorinnen des Buchs Intuitive Eating, als „Drehscheibe“ bezeichnen. Zufriedenheit ist eines der Konzepte, das am schwersten zu erreichen ist, besonders für diejenigen von uns, die ihr Leben lang auf Vermeiden und Abwehr konzentriert waren, wenn es ums Essen geht. Aber es ist die Grundlage, auf der alles andere aufgebaut ist. Wie Tribole und Resch in ihrem Buch schreiben, „ist die treibende Kraft dieses Prozesses, die Zufriedenheit im Essen zu finden“ – das trifft auch auf alle anderen Lebensbereiche zu. „Ob nun Essen, Beziehungen oder Karriere – wenn wir nicht zufrieden sind, sind wir nicht glücklich. Abraham Maslow hat uns gelehrt, dass wir von unseren unbefriedigten Bedürfnissen angetrieben werden. Wir wollen das, was wir nicht haben können, und tun alles, was nötig ist, um das Entzugsgefühl abzumildern, das unvermeidlich aufkommt, wenn unsere Bedürfnisse nicht befriedigt werden.“
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Anders ausgedrückt: Wenn du Eis willst, wird dich kein Sorbet der Welt zufriedenstellen. Wenn du wiederum Sorbet willst, aber das Eis nimmst, weil es da ist und weil du den heutigen Tag als „Cheat Day“ betrachtest (ein Wort, das du sowieso aus deinem Wortschatz streichen solltest), dann wirst du auch nicht zufrieden sein. Selbst, wenn du beide Desserts nimmst, dich dann aber ins Schlafzimmer verkriechst, um sie mit ausgeschaltetem Licht zu essen, weinend – naja, dann ist das auch nicht gerade ein befriedigendes Erlebnis.
Aber es ist vielen von uns vertraut. Wie Elyse Resch mir selbst sagte, „leben wir in einer moralischen Umgebung, und selbst das Essen nimmt einen moralischen Ton an“. Sie weist darauf hin, dass die Amerikaner seit der buchstäblichen Puritaner-Ära übertrieben sittenstrenge Esser sind, und wir neigen immer noch dazu, jede angenehme Erfahrung als „sündhaft“ zu assoziieren. Du kannst über diese Theorie sagen was du willst, aber es ist wirklich schwer, hier keinen Zusammenhang zwischen Diäten und Dogmen ziehen zu wollen. Die Lebensmittel einschränken, nach denen wir verlangen, und uns dann schlecht fühlen, wenn wir sie konsumieren? Das ist es, was manche Leute unter einem „gesunden Essverhalten“ verstehen. Genuss am Essen – das ist Maßlosigkeit. Und das vor anderen Leuten, ohne Entschuldigung oder Vorbehalte? Völlerei! Das Eiskrem-Thema taucht häufig unter den Klienten von Resch auf, die sich ein Leben vorstellen, in dem sie all die Eisbecher mit Karamellsauce essen könnten, die sie haben wollen. Sie sagen: „Oh, wäre es nicht wunderbar, wenn ich all das Essen essen könnte?“, und korrigieren sich dann sofort selbst: „Allerdings darf ich das nicht.“ Und so werden Karamelleisbecher zu verbotenen Speisen. Es ist die köstlichste Speise, und deshalb auch die regelwidrigste. Es gibt keine Möglichkeit, sie zu genießen, ohne sich dabei nicht auch gleichzeitig schlecht zu fühlen.
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Resch fährt fort: „Aber wenn man sie fragt, ‚Sagen wir, das ist alles, was du essen kannst – Eisbecher mit Karamellsauce zum Frühstück, Mittag- und Abendessen, jeden Tag in dieser Woche. Was glaubst du, wie das wohl wäre?’ Der Klient sagt zwangsläufig: ‚Nun, das wäre wirklich richtig toll, aber ich wette, nach einer Weile würde ich sie satt haben.’“ Das macht Sinn. Die meisten von uns haben schon genug von Karamelleisbechern, noch bevor wir einen einzigen überhaupt aufgegessen haben. Die meisten von uns verpassen aber den Sättigungsmoment und hören nicht auf zu essen, bis wir den Punkt des Ekels oder Unbehagens erreicht haben. So gehen wir nunmal mit verbotenen Speisen um.
Aber wenn man das „verboten“ wegnimmt, ist es nur eine Speise. „Wenn wir uns erlauben, alles zu haben, was wir haben wollen – es uns wirklich erlauben, ohne irgendein verstecktes Urteilsvermögen – dann fangen wir mit der Zeit an zu erkennen, dass es einfach nur ein Karamelleisbecher ist.“ Wenn jedes Verlangen nach etwas erlaubt ist, dann werden die Patienten abwechslungsreicher und ausgeglichener, sagt Resch. „Man fängt an, sich nach einem Stück Huhn oder einem Salat zu sehnen... man hat das natürliche Verlangen nach einer ganzen Reihe von Lebensmitteln.“ Aber wenn du damit beschäftigt bist, über die Eisbecher mit Karamellsauce zu fantasieren, die du nicht haben darfst, wirst du diese anderen Gelüste wahrscheinlich nicht mal bemerken.
Stell dir deinen Appetit als ein hungriges, weinendes Neugeborenes vor. Du kannst dem Baby einen Schnuller in den Mund geben und es mit Kuckuck! ablenken, aber letztendlich wirst du das Baby doch füttern müssen. Und warum auch nicht?! Wenn ein Baby hungrig ist, füttert man es, oder etwa nicht?! Ich selbst bin keine Mutter, aber ich habe noch nie ein hungriges, jammerndes Baby angeschaut und zum ihm gesagt: „Brauchst du diese Flasche wirklich? Oder geht es hier nur um diesen einen Typen, der dich nicht zurückruft?“ Ja, als Erwachsene verwebt sich unsere Ernährungsweise mit Gefühlen und sozialen Interaktionen und allen möglichen Dingen, Hunger inklusive. Aber letztendlich spielt das keine Rolle. Wenn die Gelüste da sind und nicht verschwinden wollen, befriedige sie. Füttere das Baby und beruhige es, damit du wieder zu den anderen Teilen deines Lebens zurückkehren kannst (und damit das Baby die Nahrung bekommt, die es eindeutig braucht). Andernfalls wirst du deinen restlichen Tag damit verbringen, ein schreiendes Baby herumzutragen.
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Aber bei Zufriedenheit geht es nicht bloß ums Essen von Desserts. Es geht auch darum, es auszulassen, wenn es das ist, was du tun möchtest. Das hört sich sehr einfach an, aber manchmal ist es sogar noch sehr viel kniffliger. Stell dir vor, du bist unterwegs zu einem fabelhaften Abendessen an einem Tisch voll mit Freunden. In Italien. Du bist in einem Land, das es irgendwie geschafft hat, eine Version von Eiscreme zu erfinden, die besser ist als Eiscreme – aber dir ist heute einfach nicht nach Gelato. Deine Freunde sagen alle, „Ach komm schon, wir essen alle noch ein Eis. Du machst uns ein ganz schlechtes Gewissen, wenn du keins isst!“ Dein Abendessen war schon zufriedenstellend genug und du weißt, dass ein Nachtisch es nur ruinieren würde. Du würdest die ganze Nacht mit Bauchschmerzen wach liegen und müsstest morgen vielleicht sogar die Reise nach Pompeji absagen. Und auch wenn du gerade in Italien bist und im Urlaub und alle deine Freunde ein Dessert essen, isst du keins. Denn dir ist bewusst, was passiert, wenn man ein Baby füttert, das schon mehr als genug zu essen hatte: Es übergibt sich am Tisch.

Wahre Befriedigung bedeutet, sich einen Wunsch zu erfüllen und das auch zu genießen – Befriedigung hat im Übrigen nichts mit Völlerei zu tun.

Wahre Befriedigung bedeutet, sich einen Wunsch zu erfüllen und das auch zu genießen. Befriedigung hat im Übrigen nichts mit Völlerei zu tun. Tatsächlich ist es meist das genaue Gegenteil. In meinen eigenen Diättagen aß ich für gewöhnlich einen „Rührschüssel-Salat“ zum Abendessen. Darunter verbarg sich ein Salat, der so riesig war, dass ich ihn aus meiner größten Rührschüssel essen musste. Und wenn ich „Salat“ meine, dann spreche ich von einer Packung Salat in Familiengröße, die in Essig getränkt wurde, und so ziemlich nichts anderem. Am Ende dieser Mahlzeit war ich bis oben hin voll, aber bei weitem nicht befriedigt. Wenn ich gegessen hätte, worauf ich Appetit gehabt hätte – sei es ein Stück Huhn oder Pizza – hätte ich viel weniger gegessen. Ich hätte mich wohl und satt gefühlt, etwas mit meinem Abend anfangen können, außer da zu sitzen und darauf zu warten, dass mein Bauch, der voll mit Ballaststoffen ist, fertig mit dem Verdauen ist. Aber damals wäre mir das nie in den Sinn gekommen – auch nicht, mich zu fragen, was ich überhaupt will. Als ich da so auf meinem Schlafzimmerboden saß (wo ich die meisten meiner Mahlzeiten gegessen habe), fühlte ich mich, als hätte mich jemand gerade mit Styropor aufgefüllt. Ich konnte das Weinen meines eigenen Appetits kaum hören, denn es war ja unter all der Füllung begraben. Und genau das war der Punkt.
Als ich anfing mir intuitives Essen beizubringen, hörte ich damit auf, bedauerliche Salate in der Größe von Kipplastern zu essen, und konnte plötzlich meinen eigenen Appetit wieder wahrnehmen. Trotzdem hat es eine Weile gedauert, bis ich ihm wirklich zugehört habe. Noch länger dauerte es, bis ich ihm vertraute und seine Wünsche als gültig und erlaubt anerkannte. Mit anderen Worten, es dauerte sehr lange, bis ich begriff, dass Befriedung eine echte Bereicherung war und ein Instinkt, auf den ich mich verlassen konnte – und nicht irgendein hinterhältiger Impuls, der mich dazu verleiten wollte, rund um die Uhr Karamelleisbecher zu essen.
Wenn ich jetzt morgens aufwache und Eier will, dann mache ich mir Eier. Wenn sich Haferbrei gut anhört, dann fällt die Wahl auf Haferbrei. Wenn ich mal keine Haferflocken parat haben sollte, dann mische ich mir etwas zusammen, das an Porridge erinnert. Befriedigung bedeutet nicht, alles stehen und liegen zu lassen, nur um die Ansprüche meines Appetits von jetzt auf gleich zu befriedigen. Er mag ein pingeliges Baby sein, aber ich bin eine erwachsene Frau, die ihr Leben zu führen hat. Und dieses Leben ist um einiges einfacher, wenn mein Appetit gesättigt und mein Körper genährt ist. Heute Morgen hieß das für mich einen Apfel mit Erdnussbutter. Später könnte es ein Eisbecher mit Karamellsauce sein. So oder so, es gibt nichts, wofür man sich schämen müsste.

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