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Plötzlich gehört MDMA zu meinem Freundeskreis

Artwork: Anna Jay.
Es ist doch so: Wenn man einmal auf eine Sache aufmerksam wird, dann ist sie plötzlich allgegenwärtig. Wie damals, als ich mein erstes Auto kaufte, einen roten VW Polo. Auf einmal sah ich überall rote Polos auf der Straße. Was damals das putzige Auto war, ist heute eine Droge, die sich in meine Wahrnehmung geschlichen hat. Und in meinen Freundeskreis.
Es fing damit an, dass ich neulich mit einem Freund über meine Geburtstagsparty sprach und wir darüber lachten, wie lustig er an dem Tag drauf war . „Ich war ja auch auf MDMA", entgegnete er mir ganz selbstverständlich. Was? In meinem Garten? Und ich checke es so gar nicht?
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Mir schossen so viele Fragen durch den Kopf, war verwundert, irgendwie enttäuscht und kam mir gleichzeitig so naiv und unwissend vor. Als ich die Geschichte halbwegs verdaut hatte, erzählte mir eine Freundin von einem ganz besonderen Date. „Und dann haben wir uns MDMA eingeschmissen, und es wurde magisch", bemerkte sie mit ausgesprochener Beiläufigkeit, und wieder fragte ich mich: Wie bitte? Du auch? Ich könnte jetzt viele solcher Anekdoten aufzählen, doch am Ende läuft es immer aufs Gleiche heraus: Menschen in meinem Umfeld nehmen MDMA – mal am Wochenende für die Party, mal beim Sex, mal unter der Woche fürs besondere Feeling.
Artwork: Anna Jay.
Ich bewegte mich also, ohne es zu wissen, in einer Drogenwelt.
Das gefällt mir nicht – auch wenn ich mir schon fast spießig vorkomme, wenn ich es aufschreibe, weil ich sonst eigentlich bei jedem Thema der Meinung bin, dass jeder machen soll, was ihn glücklich macht. Aber hier reden wir von Drogen. Und meinen Freunden. Ich kann nicht abschätzen, was die kleinen Pillen mit oder aus ihnen machen. Vielleicht gar nichts, aber vielleicht ändern sie irgendwann auch einfach alles. In meinem Kopf höre ich das böse Wort „Einstiegsdroge“, mit dem unsere Eltern vor einem Leben am Abgrund warnten, und fühle mich doof deswegen.
Sollte ich etwa nicht weiter darüber nachdenken, weil mich ja niemand unter Druck setzt, selbst etwas zu schlucken? Weil ich bis jetzt bei niemandem meiner Freunde bemerke, dass er oder sie das Leben nicht mehr im Griff hat?
Ich bin mir ganz sicher: Leute, die Spaß an der Partydroge haben, lachen über diesen Bericht. Aber ich musste ja erst einmal MDMA googlen, um überhaupt herauszufinden, dass MDMA in Ecstasy enthalten ist. Und ich dachte, dass die bunten Pillen zusammen mit der Techno-Ära in den Neunzigern irgendwann durch waren. Nichts da.
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Aber woher soll ich das auch wissen? Ich habe in meinem Leben weder gekokst noch ein Pille eingeworfen? Ich bin jungfräulich, was das Thema angeht. Bei meiner Recherche für diesen Artikel merke ich immer mehr, wie ich in meiner eigenen, kleinen, drogenfreien Welt nichts von dem mitbekommen habe, was offensichtlich ist: Laut des Europäischen Drogenberichts der Europäischen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (EMCDDA) ist Ecstasy durchaus angesagt, seit 2014 ist der Konsum in Europa stark gestiegen. „Ein wichtiges Merkmal des aktuellen MDMA-Marktes ist das kreative und manchmal aggressive Marketing für die Produkte, vor allem wenn es um Marken von MDMA-Tabletten geht", heißt es dort.
Die Beobachtungsstelle fand übrigens auch heraus, dass München im deutschen Städtevergleich am meisten MDMA konsumiert: Anhand des Abwassers und der dort herumschwimmenden Spuren sollen 24 Milligramm pro Tag und 1000 Menschen in der bayrischen Hauptstadt vernichtet werden.
Diesbezügliche Anekdoten habe ich von meinen Münchner Freunden allerdings noch nicht gehört, von den Berlinern hingegen zu Haufe. Und es ging mir besser als ich vom guilty pleasure meiner Liebsten noch nichts wusste. Wie sagt man so schön: Die bittere Pille der Wahrheit.
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