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Ich möchte meinem Kind ein genauso guter Vater sein, wie mein Papa für mich einer war

Es gibt wirklich niemanden auf der Welt, der so gute Käseomelettes macht wie mein Vater. Er nennt sie “Cheesers”, und für sie würde ich jederzeit von Brooklyn, wo ich mit meiner Frau Lindsey und unserem Sohn Desmond lebe, nach Connecticut zu meinen Eltern fahren. Als ich jünger war, habe ich die Omelettes meines Vaters nicht gemocht, aber dafür ziemlich viele von den anderen leckeren Gerichten, die er für mich gekocht hat. Mein Vater hat viel hinterm Herd gestanden, als ich noch ein Kind war. Außerdem hat er sich die Haushaltspflichten und Kindererziehung mit meiner Mutter geteilt und nebenbei immer Zeit gefunden, mir Raumschiffe aus großen Pappkartons zu bauen.
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Eigentlich sollten solche Sachen normal sein für Väter, aber wie wir alle wissen, sind sie auch heute noch alles andere als die Norm. In den Achtzigern, in denen ich aufgewachsen bin, war ein solches Verhalten nahezu exotisch. In diesem Jahrzehnt sorgten in Komödien wie Mr. Mom oder Sitcoms wie Full House männliche Protagonisten, die die Hausarbeit übernahmen, für Lacher. Obwohl es normal wurde, dass Frauen arbeiteten, war die Rolle des Mannes als Familienernährer schwerer zu töten als Sylvester Stallone in Rambo. 1980 verdienten 13 Prozent der US-amerikanischen Frauen genauso viel oder mehr als ihr männlicher Partner. Im Jahre 2017 sind wir immerhin bei 31 Prozent angekommen.
Dass mein Vater seine Elternrolle so stark wahrgenommen hat, ist aber nicht nur deswegen so besonders, weil es die Achtziger waren, sondern auch, weil er noch verdammt jung war, als ich kam. Zu meiner Geburt war mein Vater 22 Jahre alt und schulte gerade von Abteilungskoch im Hotel zu Maler und Lackierer um. Aus diesem Job machte er später ein erfolgreiches Kleinunternehmen. Hätte er 1980 so etwas wie einen Lebenslauf auf Papier gehabt, nichts darauf hätte „qualifizierter Elternteil“ gerufen. Und trotzdem ging er auch diesen Job an, als ob er nie etwas anderes gemacht hätte.
Rückblickend scheint der Erziehungsstil meines Vaters ziemlich fortschrittlich. Laut einer Studie verbrachte der durchschnittliche US-amerikanische Familienvater 2016 acht Stunden in der Woche mit seinen Kindern. Das ist dreimal so viel Zeit wie noch 1985, als Väter im Schnitt 2,6 Stunden wöchentlich mit ihren Kindern zusammen waren. Wer diese Studie in der Realität untermauert haben möchte, sollte mittwochsmorgens mal bei einem Spielplatz in Brooklyn vorbeigehen. Als ich letzten Samstag im Carroll Park war, glich dieser einer Papa-Party: Soweit das Auge reichte, sah man tätowierte Väter mit Buggys.
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In einer US-Umfrage sagten 57 Prozent der befragten Familienväter, dass ein Elternteil zu sein „einen extrem großen Beitrag zu ihrer Identität“ beisteuert. Der Leiter des Zentrums für „WorkLife Law“ am Rechtsinstitut der University of California, Joan C. Williams, sprach in einem New York Times-Interview im Jahre 2010 von einem „neuen Ideal des guten Vaters als fürsorglicher Papa und nicht nur als Brotverdiener.“
Diesem „neuen Ideal“ versuche ich gerecht zu werden, seit ich 2016 selbst Vater geworden bin. Nur dass es dank meines Vaters nicht neu für mich ist. Bevor unser Sohn kam, habe ich nie viel über die Rolle meines Vaters in meinem Leben nachgedacht. Er war einfach immer da. Das ist einer der unerwarteten Vorteile, wenn man irgendwann selbst Kinder hat: Man fängt an, sich mit seinen Eltern auf eine Art und Weise zu identifizieren, die man früher nie für möglich gehalten hätte.
Deswegen hatte ich die Idee, ein Interview mit meinem Vater darüber zu führen, wieso er in meiner Kindheit so eine große Rolle gespielt hat. Ich weiß schon, dass seine große Präsenz in meinem Leben zu einigen Teilen eine Notwendigkeit war, da Kinderbetreuung zur damaligen Zeit unglaublich teuer war. Aber das ist nur ein kleiner Teil der Geschichte. Ich wollte von ihm außerdem wissen, ob er sich damals um die gleichen Dinge Gedanken gemacht hat, die mich jetzt beschäftigen: ein stabiler Arbeitsplatz, Karriere, Work-Life-Balance und der Spagat zwischen den eigenen Interessen und dem Elternsein. Obwohl ich schon 36 Jahre alt war, als ich Vater wurde, glaube ich nicht, dass ich besser vorbereitet war als mein Vater mit 22. Ich bin unsicher, ob ich so genau weiß, wie ich meinen Sohn zu einem ausgeglichenen, empathischen Menschen erziehen soll.
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Nachdem ich mit meinem Vater gesprochen habe, wurde mir klar, wie viel ich von ihm gelernt habe, einfach nur indem ich ihm dabei zugesehen habe, wie er es gemacht hat. Jetzt muss er mir nur noch zeigen, wie er diese Käseomelettes macht.
Lindsey und ich haben jahrelang hin- und herüberlegt, ob wir Kinder haben wollen oder nicht. Als sie dann tatsächlich schwanger wurde, bin ich zunächst ziemlich ausgeflippt. Wie war deine Reaktion, als du herausgefunden hast, dass Mama schwanger ist? Warst du eher nervös oder hast du dich gefreut?
Erstmal war es eine Überraschung. Aber nachdem die verdaut war, war für mich klar, wie es weitergeht. Ich habe damals gesagt: „Komm, legen wir los. Wir sollten heiraten und ein paar Sachen regeln.“ Klar ist man zunächst nervös. Dass man sich dann freut, das kommt später.
Hast du dir damals schon Gedanken darüber gemacht, wie die Vaterrolle in deinen Augen auszusehen hat?
Ich hab einfach versucht, mein Bestes zu geben und mich nach bestem Wissen, um dich zu kümmern. Ich habe gelernt, ein Vater zu sein, indem ich einfach geschaut habe, was zu den bestimmten Zeiten zu tun war. Es war eine natürliche Entwicklung. Ich wollte, dass du gesund bleibst und habe einfach improvisiert. Einige Freunde deiner Mutter hatten schon Kinder, von denen konnten wir uns auch was abschauen.
Hattest du eine Ahnung, wie die Ehemänner von Mamas Freundinnen ihre Vaterschaft gehandhabt haben? Was für ein Vater warst du im Vergleich zu anderen Männer in eurem sozialen Umfeld?
Ich habe mich damals nicht viel mit den anderen Vätern auseinandergesetzt und ich kannte sie auch gar nicht so gut. Es waren eher die Mütter, die zusammengekommen sind. Von meinen Freunden hatten noch nicht so viele Kinder. So habe ich das alles eher mit mir allein ausgemacht.
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In den letzten Jahren ist mir erst bewusst geworden, wie teuer Kinderbetreuung eigentlich ist. Ich sage Lindsey sogar, dass sie mir den genauen Betrag gar nicht sagen soll, deswegen weiß ich gar nicht, wie viel wir im Monat tatsächlich für die Kita ausgeben. Wie seid ihr das Thema Kinderbetreuung in den Achtzigern angegangen?
Als du kamst, habe ich ja im Restaurant gearbeitet. Da hatte ich einen gewissen Spielraum, wie ich mir die Schichten einteile. Deine Mutter war damals Krankenschwester, bei ihr war das also genauso. So habe ich dann beispielsweise im Restaurant die Frühschicht von 7 bis 15 Uhr gemacht und sie ist dann zur Spätschicht von 15 bis 23 Uhr ins Krankenhaus gegangen. Dementsprechend haben wir gar nicht an Kinderbetreuung denken müssen. Wir haben damals ja beide nicht so viel Geld verdient. Meine älteste Schwester hat uns deswegen von Zeit zu Zeit unterstützt, wenn wir beide arbeiten mussten. Das war damals mehr so nach dem Motto: „Okay, du nimmst die Schicht und dann mache ich die andere.“ Wenn man nach Hause kam, war der andere gerade auf dem Weg zu Arbeit.
War es nicht hart, sich gar nicht so richtig zu sehen? Und auch ein bisschen einsam? Lindsey und ich können fast jeden Tag zusammen abendessen.
Es war anders. Als ich im Hilton Hotel gearbeitet habe, gab es einen Kollegen, mit dem ich mich gut verstanden habe. Der kam öfter mal vorbei und wir haben dann mit dir Football geschaut. Es gab also schon Leute, die kein Problem damit hatten, ihre Freizeit mit Kindern zu verbringen. Ich war jetzt nicht die ganze Zeit allein.
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Wie habt ihr euch das Kochen und Putzen aufgeteilt?
Man hat einfach erledigt, was gerade zu tun war, während man sich um dich gekümmert hat. Wenn man selbst abends zu Hause war, hat man eben Abendessen gekocht, abgeräumt, gespült und dich dann ins Bett gebracht. Wenn man tagsüber da war, waren es andere Aufgaben. Je nachdem, wann man zu Hause war, hat man einfach das gemacht, was gerade anfiel.
Bevor unser Sohn Desmond kam, habe ich mir tierisch viele Gedanken ums Windeln wechseln gemacht. Es stellte sich dann aber heraus, dass das eine der einfachsten Sachen ist, wenn man Eltern wird. Gab es etwas, was du schwieriger fandest als erwartet?
Klar gibt es Augenblicke, in denen man selbst verblüfft darüber ist, was man gerade macht. Was Sachen angeht, für die ich nicht bereit war: Die Vorstellungen, die man selbst für sein Kind hat. Wir haben mit dem Karate angefangen, da warst du fünf. Du hattest richtig große Ziele. Ich dachte noch: „Oh, das wird ihm Spaß machen.“ Ich habe es dann selbst auch ausprobiert. Und musste kurz darauf feststellen, dass weder du noch ich in der Lage dazu waren. Man muss ein bisschen lernen damit umzugehen, dass, so sehr man sich wünscht, dass das Kind in etwas erfolgreich wird, das manchmal eben einfach nicht passiert.
Schlussendlich hast du das mit der Schichtarbeit sein lassen und bist Maler und Lackierer geworden. Hat es deine Ziele bei der Arbeit beeinflusst, dass du Vater geworden bist?
Als ich den Job wechselte, hatte wir gerade unser erstes Haus gekauft. Da warst du im Grundschulalter und konntest dich schon ein bisschen um dich selbst kümmern. Ich kam am späten Nachmittag nach Hause, kurz nachdem du aus der Schule gekommen warst. Deine Mutter hat von 7 Uhr früh bis 15 Uhr gearbeitet. Wir mussten nicht mehr unterschiedliche Schichten machen und konnten beide tagsüber arbeiten. So war wenigstens immer einer von uns zu Hause, wenn du aus der Schule kamst.
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Und wenn ihr mal nicht zu Hause wart, hat MTV mich erzogen. Mötley Crüe haben definitiv zu meiner Erziehung beigetragen.
Sicher, das waren damals auch andere Zeiten. Es war alles noch nicht so verrückt, wie es jetzt ist. Damals hatte man ein bisschen die Ruhe weg. Klar, man hat sich schon Gedanken um seine Kinder gemacht, aber bestimmt nicht in dem Ausmaß, in dem das heute der Fall ist.
Wie meinst du das?
Natürlich gab es damals auch schon Verbrechen und all solche Sachen, aber zur damaligen Zeit hat man sich da noch nicht so viele Sorgen drum gemacht. Mittlerweile muss man ja Angst haben, dass jemand einem das Kind von der Straße klaut, wenn man sich mal für fünf Sekunden umdreht. Als wir unser erstes Haus gekauft haben, warst du schon in der Schule und du warst ein verantwortungsbewusstes Kind für dein Alter. Die Arbeitspläne von deiner Mutter und mir passten gut zusammen und alles wurde ein bisschen normaler.
Heutzutage reden viele Leute über die Work-Life-Balance. Ich erinnere mich, dass du eine Menge Malerjobs noch nebenbei am Wochenende gemacht hast, bevor du dich selbstständig gemacht hast. Hast du nie gedacht, du verpasst gerade was im Privatleben?
Nein, das Gefühl hatte ich nicht. Es war halt dazuverdientes Geld. Ich musste die Jobs nicht annehmen, um zu überleben. Aber es wäre einfach blöd von mir gewesen, diese Möglichkeit nicht anzunehmen.
Egal was ich gemacht habe, du hast dich immer für meine Hobbys interessiert. Das haben andere Väter in unserem Umfeld nicht. Warum war es dir so wichtig, hier eine aktive Rolle einzunehmen?
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Stimmt, als du jünger warst, schien es nicht so, als ob sich viele Väter für die Interessen ihrer Kinder begeistern konnten. Man weiß ja vorher nicht, was die Kinder so interessieren wird. Aber du hast dir Sport als Hobby ausgesucht und andere Sachen, die mich auch selbst interessiert haben. Als ich ein Kind war, fand ich Basketball toll. Nicht, dass ich gehofft hätte, dass du dich auch für Basketball interessierst, aber ich hatte einfach schon ein bisschen Ahnung davon. Als du dich dann aber von alleine für Basketball begeistert hast, hat das natürlich gut gepasst. Was das mit dem Karate angeht, gut, das hätte ich mir jetzt nicht für mich selbst ausgesucht, aber es war eine schöne Möglichkeit um zu sehen, ob wir das beide durchziehen können. Wie schon gesagt, hat das aber leider nicht so gut funktioniert.
Wenn du mich heute mit Desmond siehst, was, denkst du, mache ich anders als du?
Es gibt da keine allgemein gültige Schablone. Jeder macht die Sachen so, wie er oder sie es für richtig hält. Ich denke, du hast dich sogar selbst überrascht, wie gut du in deine Rolle gewachsen bist. Ich finde, du machst das ziemlich gut und dir ist jetzt, wo du einen Sohn hast, bewusst geworden, dass du als Vater Verantwortung trägst. Du musst ihn lieben und dich um ihn kümmern. Eventuell kollidiert das mit anderen Plänen, aber da du nun verantwortlich für einen anderen Menschen bist, musst du das tun, was für ihn am besten ist.
Ich weiß von anderen Vätern in meinem Alter, dass sie jede Menge Elternratgeber gelesen haben. Mir scheint aber, dass man Elternsein nicht auf diese Weise lernen kann.
Kann man auch nicht. Man muss schauen, wie die Kinder mit dem zurechtkommen, was man mit ihnen machen möchte. Man darf sich da nicht mit anderen Leuten vergleichen, die sagen: „Also mein Kind konnte mit acht Monaten laufen und mit zehn Monaten hat es sein erstes Wort gesagt. Und dann hat es noch dies und jenes gemacht.“ Erinnere dich mal dran, wie es bei euch war, als Des noch kleiner war. Du hast ständig gefragt: „Wann läuft er denn endlich? Er macht alles außer Laufen.“ Und irgendwann ist er dann gelaufen und gerannt und nun geht’s weiter. Jetzt rennst du hinter ihm her. Wenn man Kinder hat, ist jeder Tag neu.
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