Geruch und Romantik gingen schon immer Hand in Hand. Wenn du an die erste Person zurückdenkst, auf die du standest, kannst du dich bestimmt noch an ihren ganz eigenen Duft erinnern (und wer dabei jetzt an Axe-Deo denkt: hey, geht mir auch so!). Dass unsere Nase auch die Anziehungskraft einer Person mitbestimmen kann, merkst du auch jeden Valentinstag – denn ohne frische Rosen, Parfums und Pralinenschachteln geht da nichts.
Obwohl viele von uns künstliche Düfte lieben, mögen es andere lieber natürlich. Diese sogenannte Olfaktophilie (oder „Geruchsfetischismus“) sorgt laut Wikipedia für „sexuelle Erregung durch Geruchsempfindungen von […] Körpergerüchen“. Diese Erregung kann durch den natürlichen Körpergeruch einer Person ausgelöst werden, aber auch von spezifischeren Düften – wie dem von Scheidenausfluss, Sperma oder Schweiß in intimen Körperzonen. Aber wie viele von uns stehen eigentlich wirklich auf den natürlichen Geruch unserer Partner:innen?
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Die 26-jährige Sophie* erzählt, sie fände den Schweißgeruch definitiv heiß – aber nur, wenn er von jemandem kommt, auf den oder die sie ohnehin schon steht. „Ich glaube, das Aroma direkt nach dem Fitnessstudio ist nicht so meins, aber wenn die Person ein bisschen geschwitzt hat oder einfach von sich aus riecht, denke ich direkt: Ooh, hallo! Oder wenn du der Person im Arm liegst und die Achsel nicht superfrisch duftet? Das mag ich“, erklärt sie.
Auch in der Popkultur ist dieses Phänomen ziemlich weit verbreitet. Denk nur mal an Edward aus Twilight, der wegen Bellas Duft im Unterricht kaum noch klarkommt. Oder an Elio aus Call Me By Your Name, der an Olivers verschwitzten Badeshorts schnuppert. Oder an Ross, der seine Gefühle für Rachel in Friends fast verrät, als er an ihren Haaren riecht. Diese Hingezogenheit zu natürlichen Gerüchen ist oft im Zusammenhang mit Pheromonen ein Thema (das sind einzigartige Chemikalien, die der Körper absondert, um eine Reaktion eines Individuums derselben Spezies zu fördern). In Säugetieren findest du diese Chemikalien in Körperflüssigkeiten wie Schweiß und Sperma. Sie können anderen Informationen übermitteln, wie zum Beispiel: „Ich möchte mich fortpflanzen.“
Laut der somatischen Psycho- und Sextherapeutin Dr. Holly Richmond spielen die Pheromone bei der sexuellen Anziehungskraft unter Menschen aber nicht die Hauptrolle (im Gegensatz zur Tierwelt). „Olphaktofilie wird immer wieder mit Pheromonen in Verbindung gebracht. Dabei müssen wir aber bedenken, dass bei der Sexualität jeder einzelnen Person aber ganz individuelle biopsychosoziale Faktoren zusammenkommen“, erklärt sie. Dazu gehören zum Beispiel das Begehren (was du sexy findest) und die Erregung (was dich heißt macht). Dr. Richmond zufolge werden diese Faktoren von unseren Genen, unserem Geburtsort, unserer Erziehung, Religion, Bildung und unseren ersten sexuellen Erfahrungen beeinflusst.
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Die kosmetische Biochemikerin Nausheen Qureshi sieht das genauso. „Es gibt nur wenige wissenschaftliche Indizien dafür, dass sich die chemischen Zusammensetzungen im menschlichen Schweiß als Pheromone klassifizieren lassen. Es gibt aber sehr wohl ein paar Studien, die diese chemischen Stoffe mit den Vorgängen der zwischenmenschlichen Anziehung in Verbindung bringen, auch wenn diese Studien recht klein und begrenzt waren“, erklärt sie. „Manche dieser Studien ergaben zum Beispiel, dass die teilnehmenden Männer den Schweiß von Frauen bevorzugten, die gerade ihren Eisprung hatten.“
In der Welt der Wissenschaft stehen die Anziehung und der Geruch tatsächlich miteinander in Verbindung. Eine Studie von 2011 zeigte beispielsweise, dass ein angenehmer Achselgeruch als einziger Faktor die Attraktivität nonverbalen Verhaltens konsequent vorhersagen konnte. Bei einem der angesehensten Experimente zu dem Thema forderte eine Forschungsgruppe aus der Schweiz Männer dazu auf, dasselbe T-Shirts zwei Tage lang zu tragen, ohne es zwischendurch zu waschen. Diese T-Shirts wurden dann in identische Kisten gelegt, und eine Gruppe Frauen sollte an den T-Shirts riechen und bestimmen, welchen Geruch sie sexuell attraktiver fanden. Das Ergebnis zeigte, dass sich die Frauen am stärksten zu den Männern hingezogen fühlten, deren MHC-Gene (die für unsere Immunität entscheidend sind) sich am meisten von ihren eigenen unterschieden.
Die daraus entwickelte These: Es könnte sein, dass Menschen dahingehend anderen Tieren ähneln, die sich ihre Partner:innen auf Basis der sehr anderen Gene aussuchen, um möglichst gesunde Nachkommen zu zeugen. „Die Evolution bevorzugt Diversität. Sich also zu einem Partner oder einer Partnerin hingezogen zu fühlen, der oder die über andere, aber doch ergänzende Gene verfügt, ergibt demnach Sinn“, erklärt Dr. Richmond.
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Die Gründe dafür, den natürlichen Körpergeruch einer Person zu mögen oder auf das verschwitzte T-Shirt deines Partners oder deiner Partnerin zu stehen, können aber auch komplexer sein. Dr. Richmonds Klient:innen erzählen oft, sie fühlten sich dann zu ihren Partner:innen am stärksten hingezogen, wenn die gerade besonders selbstbewusst oder stark wirken – wie beim Sport oder anderen körperlichen Betätigungen. Das könnte darauf hinweisen, wieso wir zum Beispiel den Geruch von Schweiß attraktiv finden, weil er mit unserem allgemeineren Wunsch nach einem:einer selbstbewussten Partner:in zusammenhängt.
Dazu gibt es bisher nur wenige Forschungsergebnisse. Illana Gambrill, Gründerin des Tanzstudios DanceBox, hält das aber durchaus für plausibel. Sie erzählt, dass sich die Teilnehmenden ihrer Tanzkurse oft zueinander hingezogen fühlen (und darüber wird ja auch im Kontext von Shows wie Let’s Dance häufig gesprochen). „Ich liebe natürlichen Körpergeruch, und davon erzähle ich auch oft bei meinen Tanzkursen. Ich finde, dass Schweiß und natürlicher Körpergeruch eine große Rolle darin spielen, wieso Tanz als so sinnlich empfunden wird“, erklärt sie.
Für andere ist der Schweißgeruch eines Partners bzw. einer Partnerin aber eher romantisch und weniger sexuell. „Wenn mein Ex joggen war und mich danach umarmte, war das ein beruhigender, vertrauter Geruch. Ich glaube, sein Torso duftete dabei für mich am besten. Ich wollte danach aber eher mit ihm kuscheln, als ihm die Klamotten vom Leib zu reißen“, erklärt die 28-jährige Imogen*. Auch diese beruhigende Wirkung lässt sich wissenschaftlich erklären, meint Dr. Richmond: Immerhin gibt es bereits Daten, die nachweisen, dass wir weniger Cortisol (unser Stresshormon) produzieren, wenn wir den Geruch eines Partners oder einer Partnerin wahrnehmen.
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Das könnte an der erwiesenen Verbindung zwischen Gedächtnis und Gerüchen liegen. Immerhin greifen wir oft zu den Klamotten unserer Partner:innen, wenn die gerade nicht da sind, um uns mit einem Hauch ihres Dufts zu trösten. „Es ist allseits bekannt, dass Gerüche viel mehr als alle anderen Sinne das Erinnerungszentrum des Gehirns reizen. Wenn jemand also eine schöne Erinnerung mit einem bestimmten Geruch verbindet, reagiert diese Person eher positiv darauf, wenn sie den Geruch erneut schnuppert, weil dabei die alte Erinnerung aufgerufen wird“, erklärt Nausheen.
Fühlen wir uns also von Natur aus zu Körpergerüchen hingezogen? Das kommt darauf an. Wohingegen manche sexuell erregt werden, wenn sie zum Beispiel den Schweiß einer (für sie attraktiven) Person riechen, verlassen sich andere wiederum gar nicht auf ihren Geruchssinn, um die Attraktivität ihres Gegenübers zu bewerten. Die Tendenz dazu, jemanden „gut riechen“ können zu müssen, um ihn oder sie attraktiv zu finden, ist also mehr eine Geschmacksfrage als ein fester Bestandteil unserer Sexualität. „Wir Menschen fühlen uns zu verschiedenen Gerüchen unterschiedlich stark hingezogen. Das ist ein ganz individueller Teil unserer Sexualität“, erklärt Dr. Richmond. „Wenn der Geruch ein zentraler und nötiger Faktor darin wäre, was uns anmacht, würde Olfaktophilie als Paraphilie gelten – also als ungewöhnliche sexuelle Vorliebe. Für die meisten Menschen ist es aber eher ein Bonus, wenn uns der Duft unserer Partner:innen gefällt, und kein großer Grund dafür, warum wir uns für diese Person überhaupt entschieden haben.“
* Name wurde von der Redaktion geändert.
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