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Sind Safe Spaces für Frauen wirklich sinnvoll?

Foto: Alexandra Gavillet.
„Ihr Süßen, ich zeige euch jetzt mal wo der Hammer hängt“, das Bild von einem Mann, der aus seiner Werkzeugkiste auch gleich einen sexistischen Witz nach dem anderen rausholt, kam mir sofort in den Kopf, als ich die Anzeige der BAUHAUS Heimwerkerkurse für Frauen sah. Was dieser Markt und viele andere Firmen momentan zuhauf bieten, sind geschützte Räume frei von geschlechtsspezifischen Vorurteilen. „Schleifen, bohren, dübeln, schrauben, Fliesen verlegen und vieles mehr – und das alles in entspannter Atmosphäre. Ohne Berührungsängste und frei von Seitenblicken“, bewirbt der Baumarkt die Frauenaktion auf seiner Seite. Eine schöne Erklärung und auch plausibel – immerhin befinden wir uns da in einem Themenfeld, das gesellschaftlich noch immer vor Testosteron trieft. Und doch – wie man an meinem zynischen Anfangsbild merkt – reibe ich mich derzeit an den vielen „Women only“-Programmen: Denn wenn wir uns trennen, uns voneinander entfernen, betonen wir doch erst recht Unterschiede, oder? Ich zimmer' mir lieber eine Zukunft, in der alle gemeinsam existieren und sich gegenseitig helfen. Und sich eben auf Augenhöhe begegnen. Frauen fühlen sich dann nicht mehr wie das „schwächere“ Geschlecht, weil sie vielleicht weniger Muskelmasse haben und Männer dürfen sich stark fühlen, wenn sie Sanftheit zulassen.
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Und gleichzeitig war ich selbst schon zu Frauenrunden eingeladen, die gerade deshalb so viel Kraft und Unterstützung vermittelt haben, weil wir einander unmittelbar verstehen konnten. Da ging es nicht um Nageln im Baumarkt, sondern um Sexualität und unsere Menstruation. Ich habe die Intimität einer Frauengruppe so sehr geschätzt, weil ich noch zu viele Männer kenne, die erröten, wenn man über den Rotton des Menstruationsblutes spricht. Hilfe, ich weiß nicht, ob ich für oder gegen für „Women Only Safe Spaces“ bin.

Wenn wir uns trennen, uns voneinander entfernen, betonen wir doch erst recht Unterschiede, oder?

Deshalb frage ich die Expertin: Alexandra Lia ist Lifecoach und Meditationslehrerin in Berlin, sie selbst leitet Safe Spaces im eigentlichen Sinne an. Zunächst erklärt sie: „Es geht für mich darum, einen Raum halten zu können. Safe Space ist ein Ort oder ein gefühlter Zustand, in dem man sich in seiner Ganzheit begegnen kann. Die Attribute, die dort geteilt werden, sind Transparenz und Integrität und man ist frei von Beurteilung. Man fühlt sich gesehen, geachtet, und respektiert. Wenn ich Workshops, Seminare oder Meditationen anleite, ist es mir wichtig, den Menschen das Gefühl des Aufgehobenseins zu schenken und es mit ihnen zu kultivieren. Alle können sich mitteilen, ohne Angst sie würden ausgelacht oder gewertet. Es ist so faszinierend für mich, in diesem Kontext jedes Mal aufs Neue Menschen aufblühen zu sehen und zu sehen, wie sie voneinander lernen, vor allem weil sie sich mehr und mehr öffnen, innere Beklemmungen loslassen und sich zeigen können.“
Foto: Alexandra Gavillet.
Klingt wunderschön, wenn ein Raum geschaffen wird, wo Klischees und Verurteilung draußen bleiben. Jetzt bleibt die Frage, ob das Frauen und Männer getrennt voneinander besser gelingt? „Meiner Erfahrung nach ist es von Vorteil für einige Frauen, sowie auch für einige Männer, die erste Erfahrung in einem geschützten Kreis des sich Öffnens, des sich Mitteilens, des sich einander Zuhörens zu machen, wenn sie sich unter ihres Gleichen fühlen“, so Lia. „Wenn sich jemand in erster Linie durch das Geschlecht definiert, wird er oder sie sich eher mit gleichgeschlechtlichen Menschen sicherer fühlen. Ich bin allerdings der Überzeugung, dass wenn wir uns durch einen äußeren Safe Space mehr und mehr in unserem Inneren sicher fühlen, uns dann auch vor Menschen, die vermeintlich ganz anders sind, öffnen können und darüber hinaus auch andere inspirieren können, sich in ihrer Verletzlichkeit zu zeigen.“
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When we throw walls horizontally, we build bridges.

Maya Angelou
Und jetzt weiß ich auch, warum ich so zwiegespalten bei dem Thema bin: Es gibt für mich keinen Zweifel daran, dass man den Teufelskreis nur durchbricht, wenn man den Dialog mit dem anderen Geschlecht startet. Die Frage ist also nicht, ob Safe Spaces in gemischter Runde sinnvoll sind. Die Frage ist, wann sind wir so weit, uns mit bei dem Gedanken daran sicher zu fühlen?
„Wenn wir Frauen und Männer uns mit den erwähnten Attributen begegnen, und in erster Linie berücksichtigen, dass jede*r ganz eigene Challenges im Leben hat, jede*r irgendwann durch Schmerz geht und den Horizont kontinuierlich erweitert, dass wir alle von einem Vater und einer Mutter stammen, dass wir Menschen sind und in zweiter Linie Mann, Frau, hetero, gay, trans... – wenn wir an diesen Punkt ankommen, dann finden wir mehr Dinge, die wir gemein haben, als Dinge, die uns trennen“, ist sich Alexandra Lia sicher.
Einen schöneren Abschluss zu diesem Thema gibt es fast nicht. Nur ein weiser Satz von Maya Angelou toppt das Ganze: „When we throw walls horizontally, we build bridges.“
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