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Der Busch ist zurück: 5 Frauen erzählen, wieso sie ihr Schamhaar wachsen lassen

Foto: Ashley Armitage
Vielleicht hast es schon gehört: Der Busch ist zurück. Wir sind uns darüber im Klaren, dass es problematisch ist, zu behaupten, ein Körperteil oder dessen Behaarung seien in oder out. Trotzdem sehen wir in der Öffentlichkeit immer häufiger üppige Schamhaarfrisuren, die wir in dieser Form lange Zeit nicht zu Gesicht bekommen haben.
Die Fotografin Petra Collins lud 2013 ein Bild bei Instagram hoch, auf dem ihr Schamhaar zu sehen war. Der Post wurde gelöscht, nachdem er für Aufruhr gesorgt und eine heftige Diskussion in Gang gebracht hatte. 2017 erklärte das gefragte Model Ashley Graham im Interview: „Ich habe einen Busch. Ende der Diskussion. [Bei deiner Schamhaarfrisur] geht es um deine Vorlieben und die Vorlieben deines Partners.“ Im selben Jahr postete auch Amber Rose ein Bild ihres vollen Schamhaars. Und auch dieses Foto wurde von der Plattform gelöscht, ist aber weiterhin auf Twitter zu sehen. Sogar in der US-Ausgabe der Vogue, die nach wie vor unter dem strengen Regiment Anna Wintours geführt wird, gab es einen Artikel zur Rückkehr des Busches. Hier kam Pat Stark zu Wort, die in einem Waxing-Studio arbeitet. Sie bemerkt, dass der Trend wieder zu mehr Schamhaar geht und glaubt, das liege auch daran, dass aktuell dichte, buschige Augenbrauen angesagt sind.
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In den Neunzigern und 2000ern kamen und gingen etliche Haartrends. Wer in dieser Zeit eine junge Frau war, wird sehr wahrscheinlich mit einem weiblichen Körperbild aufgewachsen sein, das Haarlosigkeit an jeglicher Stelle als Ideal propagiert hat. Heute, 2020, kämpfe ich immer noch mit meinen Augenbrauen, die ich mir 17 Jahre zuvor dem gängigen Schönheitsideal folgend zu superschmalen Strichen gezupft habe. Wer sich an Christina Aguilera und Paris Hilton zu dieser Zeit erinnert, weiß, dass ich in diesem Leben wohl keine Cara mehr werde. Und auch wenn sich viele Frauen schon immer dem gesellschaftlichen Druck der absoluten Haarlosigkeit widersetzt haben, die schiere Anzahl an Waxingstudios, die auch heute noch den Brazilian oder Hollywood anbieten, spricht eine eigene Sprache.
Die Annahme, eine glattrasierte Intimzone sei erst mit Aufkommen der unerhört tiefsitzenden Hüfthosen in Mode gekommen, ist trotzdem nicht richtig. Frauen waxen, rasieren und trimmen ihr Schamhaar seit Anbeginn der Menschheit. Möchte man den Kunstwerken zu Beginn der Renaissance glauben, wurde damals von Frauen (des Adels) erwartet, komplett haarlos aufzutreten. Ein im Jahre 1532 erschienenes Buch zum Thema enthält alle möglichen Haarentfernungsrezepte. Eine Mischung aus dem giftigen Stoff Arsen und Kalkerde sollte damals beispielsweise für glatte Haut sorgen. Das Buch empfiehlt: „Sobald die Haut zu heiß wird, sollte man die Mischung abwaschen, damit man das Fleisch nicht mit ablöst.“ Hört sich nicht gerade nach einem großen Spaß an, oder?
Bei den alten Griechen ging es nicht ganz so gefährlich zu, zimperlich durften man hier aber auch nicht sein. Zur Haarentfernung rissen sich die Frauen ihre Haare entweder einzeln mit einer Pinzette aus oder sengten sich den Flaum mit heißen Kohlen oder einer Lampe ab.
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Im Elisabethanischen Zeitalter (von 1558 bis 1603) waren die Frauen schon eher geneigt, ihr Schamhaar stehen zu lassen. Wenn sie sich jedoch dazu entschlossen, ihre Körperhaare zu entfernen, folgte das eher praktischen als ästhetischen Gesichtspunkten: Sie wollten das Risiko, sich Filzläuse einzufangen, minimieren.
Aus Überlieferungen wissen wir also, dass Frauen innerhalb der Geschichte, um ihr Körperhaar loszuwerden, zu teilweise radikalen Maßnahmen griffen und ihre Haut verbrannten, verbrühten oder gar zerfleischten. Um dem jeweils geltenden Schönheitsideal zu entsprechen, war dem weiblichen Teil der Bevölkerung zu unterschiedlichen Zeiten und in verschiedenen Kulturen also offenbar noch kein Preis zu hoch. Wer schön sein will, …
Als ich bei mir selbst wachsendes Schamhaar entdeckte, war mein erster Impuls, einfach alles abzurasieren. Nicht, dass ich von dem Anblick meines haarigen Venushügels geschockt gewesen wäre. Ich hatte schon früher gelernt, dass dort mit Einsetzen der Pubertät Haare wachsen würden. Es war eher so, dass das Entfernen meiner Schambehaarung für mich etwas sehr Erwachsenes hatte. Was an sich ein Widerspruch war, denn indem ich mir dieses Zeichen meiner Geschlechtsreife entfernte, sah mein Körper keineswegs erwachsener aus. Aber zu wissen, dass ich allein darüber entscheiden konnte, wo welche Haare zu stehen hatten, gab mir damals ein Gefühl von Selbstbestimmtheit, das für so viele heranwachsende Frauen extrem wichtig ist.
Heute lasse ich meine Schambehaarung stehen. Zwischen mir und den Frauen, die ihren Schambereich mit Arsen verätzen oder mit Feuer verbrennen mussten, liegen Welten. Mehr und mehr lernen wir als Frauen, uns den gesellschaftlichen Vorstellungen davon zu widersetzen, wie unsere Körper auszusehen haben, damit wir geliebt, begehrt oder wenigstens akzeptiert werden können.
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Ich habe mit fünf Frauen gesprochen, die sich dazu entschlossen haben, ihr Schamhaar nicht mehr zu entfernen.
Millie
Die 21 Jahre alte Studentin Millie sagt: „Als Kind habe ich mir ein Zimmer mit meiner Schwester geteilt, und die hat sich immer rasiert. Auch wenn ich meine Mutter als Kind nackt gesehen habe, war sie immer komplett haarlos. Als mir dann Schamhaare wuchsen, war ich erstmal verwirrt. Sogar heute noch versucht meine Familie, mich dazu zu bringen, mich zu rasieren, weil sie nicht mögen, dass ich so haarig bin.
Millie hat sich mit 19 dazu entschlossen, sich nicht mehr zu rasieren. „Ich liebe meine Beinhaare, mein Schamhaar und sogar die Haare unter meinen Achseln. Ich finde es schön, und bin der Meinung, dass die natürliche weibliche Form das Schönste auf der ganzen Welt ist.“
Kim
Seit sich die 25-jährige Kim nicht mehr rasiert, hat sie das Gefühl, ihre Selbstliebe und -akzeptanz sind größer geworden. Obwohl sie in einem liberalen Elternhaus großgeworden ist, wären Bein- oder Achselhaare in ihrer Jugend undenkbar gewesen.
„Mit meinem Schamhaar und besonders auch meinem Achselhaar möchte ich ausdrücken: ‚Wie sexy mich andere Leute finden, definiert mich nicht als Person‘“, erzählt Kim, die die negativen Reaktionen auf ihr Körperhaar geradezu genießt. „Als ich mich selbst ohne Schamhaar gesehen habe, fühlte ich mich wie ein Kind. Ich fand es ekelig, mir mich selbst in einem sexuellen Kontext vorzustellen, in dem ich gleichzeitig verkindlicht werde. Darüber, wie sehr es juckt, wenn die Haare nach der Intimrasur nachwachsen, redet außerdem niemand. Würde mein Partner von mir erwarten, dass ich mich rasiere, würde ich erwarten, dass er augenblicklich mein Bett verlässt“, sagt Kim.
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Ich habe mich nicht mehr oder weniger sexy gefühlt, als ich keine Schamhaare hatte. Meine Sexualität wird durch mich definiert, nicht durch mein Aussehen.

Jessie
Jessie
Jessie ist 26 Jahre alt und arbeitet als Beamtin. Das Verhältnis zu ihrem eigenen Körperhaar wurde stark durch ihre Mutter geprägt. „Es ist der Offenheit meiner Mutter zu verdanken, dass ich meinen Körper nie als etwas angesehen habe, für das ich mich schämen muss. Sie hat mir außerdem beigebracht, wie ich meine Bein- und Achselhaare rasiere. Über Schamhaare haben wir aber nie geredet. Als ich dann angefangen habe, mir meine zu entfernen, habe ich mich dafür geschämt und ihr nichts erzählt.“ Sie erinnert sich daran, dass ihre Altersgenossen auf der Oberschule schlecht über Schambehaarung bei Frauen gesprochen haben und die Jungs sich über „Begegnungen“ mit behaarten Frauen lustig machten. „Keiner wusste so richtig, was der Zweck von Schambehaarung war, dass es die Scheide vor Bakterien schützt und manchen beim Sex ein sichereres Gefühl gibt.“
Mit 23 entschied sie sich, ihr Schamhaar wachsen zu lassen. „Es fing an, als ich den Entschluss gefasst hatte, keinen Sex mehr zu haben, bis ich heirate. Ich ‚musste’ mich nicht mehr rasieren, weil es eh keinem aufgefallen wäre.“ Jetzt, wo sie verheiratet ist, hält sie an dem Entschluss fest, sich nicht zu rasieren. Ihr Partner unterstützt sie hier total. „Ich habe gefragt, ob das okay für ihn ist, und er meinte, da ihm das komplett egal sei, läge die Entscheidung bei mir. Das einzige, was ihm wichtig ist, ist, dass ich glücklich damit bin, wie sich mein Schamhaar anfühlt und wie es aussieht. Ich habe mich nicht mehr oder weniger sexy oder sinnlich gefühlt, als ich keine Schamhaare hatte. Meine Sexualität wird durch mich definiert, nicht durch mein Aussehen.“
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Anna
„Mit Schamhaar fühle ich mich weiblicher, weil ich Haarlosigkeit mit Kindern assoziiere“, sagt die 22-jährige Anna. „Indem ich selbst entscheide, was ich mit meinem Körperhaar mache, habe ich das Gefühl der Kontrolle über meinen eigenen Körper. Weil ich mich nicht einfach nur rasiere, um dem Schönheitsideal anderer Leute zu entsprechen.“
Alicia
Alicia ist 23. Als sie auf die Oberschule kam, war sie davon überzeugt, dass Männer nur dann mit Frauen zusammen sein wollen, wenn sich diese ihre Schamhaare entfernen. „Ich dachte, ich müsste mich dafür schämen, und sehe diese Auffassung auch heute noch durch die sozialen Medien geistern. Ich las dann aber irgendwo, dass Schambehaarung eine Schutzfunktion hat und nicht nur Infektionen und Bakterien abhält, sondern auch die Temperatur im Schambereich regelt und Pheromone absondert, die die Attraktivität erhöhen können. Seit ich das weiß, bin ich viel entspannter.“ Sie hat außerdem einen schlüssigen Vergleich auf Lager: So wie Wimpern die Augen schützen, schützen Schamhaare die Vagina.

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