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Warum ich es trotz Kinderwunsch hasse, schwanger zu sein

Photographed by Erin Yamagata.
Schwanger zu sein ist schwer. Ich hatte keine Ahnung, wie schwer es ist. An den meisten Tagen fühle ich mich nicht wie ich selbst. Manchmal glaube ich, ich werde mich nie wieder so wie früher fühlen.
Diese Gedanken kreisen konstant in meinem Kopf, seit ich herausfand, dass ich schwanger bin. Als ich auf den positiven Schwangerschaftstest blickte, war ich nicht überglücklich. Ich war nicht komplett aus dem Häuschen. Ich hätte nicht die ganze Welt umarmen können. Die ersten Wochen fühlte ich mich wie eine Heuchlerin. Weil ich im letzten Winter eine Fehlgeburt erlitten hatte, machte ich mir Sorgen, auch dieses Baby verlieren zu können. Jedes noch so kleine Ziehen in meinem Bauch machte mir Angst. Der dunkle Ausfluss, der einen Fleck in meiner Unterwäsche hinterließ, machte mir Angst. Also tat ich etwas, das ich sonst nie tat: Ich recherchierte online nach Erklärungen. Ich verschlang einen Artikel nach dem anderen, lass Ratgeber, Forenbeiträge, Blogs. Alles in der Hoffnung, herauszufinden, dass das, was ich erlebte normal war. Das Internet wird niemals dafür sorgen, dass du dich normal fühlst.
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Ich hatte mit Morgenübelkeit zu kämpfen, die den ganzen Tag andauerte, und aß deswegen pausenlos Salzcracker. Ich sagte Kolleg*innen ab, die nach der Arbeit noch etwas trinken gehen wollten, und behauptete, ich wolle die „Dry January Challenge“ auch im Februar durchziehen. Ich versuchte, mich möglichst entspannt und unauffällig zu geben, während mein Geheimnis mich innerlich fast auffraß. Fast noch schlimmer als das ständige Übelkeit, die Erschöpfung und die Ängste war das Gefühl, in meinen Job zu versagen. Es fühlte sich so an, als wären all meine guten Ideen (für immer?) weg.
Das Baby wuchs und gedieh, wie man so schön sagt. Jeder Ultraschall offenbarte etwas Neues, etwas Wundervolles. Die Übelkeit verschwand und wurde durch spannende Brüste und einen wachsenden Bauch ersetzt. Alle hatten immer von diesem Energieschub im zweiten Semester geschwärmt, aber ich war immer noch müde. Lag das an meiner Schwangerschaft oder an meinem anstrengenden Job? War mir so oft zum Heulen zumute, weil es einen echten Grund gab oder lag es an den Hormonen? Warum war ich auf einmal so verunsichert? Es ging doch hier schließlich um meinen eigenen Körper!
Ich finde nicht, dass ich strahle, seit ich schwanger bin. So viel zum Thema Pregnancy Glow. Meistens hasse ich meinen gigantischen Bauch. Und ich finde mich auch nicht mehr attraktiv. Ich würde mich nicht als übermäßig eitel beschreiben, aber in letzter Zeit mag ich das, was ich im Spiegel sehe nicht mehr. Manchmal erschrecke ich, wenn ich mich im Profil sehe. Wer ist diese schwangere Frau da? Mein Körper ist schwer und sperrig und an manchen Tagen überfordert mich selbst der kurze Weg zur U-Bahn-Station. Dann frage ich meinen Ehemann, ob er sich heute nicht mal den Bauch umschnallen könnte. Nur für ein paar Stunden.
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Manchmal erschrecke ich, wenn ich mich im Profil sehe. Wer ist diese schwangere Frau da? Mein Körper ist schwer und sperrig und an manchen Tagen überfordert mich selbst der kurze Weg zur U-Bahn-Station.

Fast genauso schlimm wie mein sich veränderndes Körperbild ist die Art und Weise, wie mich alle behandeln. Als wäre ich zerbrechlich. Ich darf keine schweren Kisten tragen – beziehungsweise noch nicht mal leichte, wenn es nach dem Mitarbeiter eines Umzugsunternehmens gehen würde, der es nur gut meinte. Joggen war ich seit der 12. SSW nicht mehr, weil es auf meine Bänder ging und ich schon nach einer kurzen Runde anfing, zu humpeln. Ich hätte es nicht gedacht, aber tatsächlich vermisse es sehr. Ich bin zwar vielleicht relativ klein und zart, aber ich war immer stolz darauf, stark zu sein. Jetzt bin ich von anderen abhängig und ich hasse es.
In letzter Zeit habe ich das Gefühl, nur noch als schwangere Frau wahrgenommen zu werden. Alle wollen über meine Schwangerschaft reden, andere Themen gibt es nicht mehr. Vor ein paar Tagen habe ich mich mit zwei guten Freundinnen zum Dinner getroffen. Erst unterhielten wir eine Weile über ihre Jobs: Die eine Freundin erzählte von ihrem Bewerbungsgespräch, die andere von einer Buchidee, die sie pitchen möchte. Das waren beides superaufregende Dinge und ich freute mich sehr für sie. Aber als ich dann an der Reihe war, ging es auf einmal nicht mehr um die Arbeit. Ich weiß, sie haben das Thema nicht aus Desinteresse an meinem Job, sondern aus Interesse an meiner Schwangerschaft gewechselt. Sie meinten es nicht böse. Aber für mich wirkte es trotzdem so als wäre meine Karriere – jetzt, wo ich ein Baby in mir trug – auf einmal unwichtig.
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Alle fragen mich ständig, wie es mir geht und ich antworte immer nur: „Schwanger.“ Was soll ich sonst auch sagen? Ich kann ja schlecht sagen, dass es mir schrecklich geht und ich denke, in allen Bereichen meines Lebens zu versagen. Auf Arbeit kann ich keine 100 Prozent mehr geben. Im Geburtsvorbereitungskurs habe ich immer das Gefühl, zu schlecht vorbereitet zu sein und zu wenig gelesen zu haben. Alle anderen Schwangeren scheinen alle Bücher gelesen zu haben. Sie wollen jedes klitzekleine Detail wissen und stellen tausend Fragen. Mich dagegen stresst jede neue Information. Ich verbringe meine ganze Zeit damit, mir Sorgen zu machen: über mein Baby, meine Beziehungen, meine Karriere. Wenn ich mich mit Freund*innen treffe, driften meine Gedanken ständig ab und ich habe das Gefühl, niemandem die Aufmerksamkeit schenken zu können, die er oder sie verdient hätte.

Alle fragen mich ständig, wie es mir geht und ich antworte immer nur: „Schwanger.“ Was soll ich sonst auch sagen? Ich kann ja schlecht sagen, dass es mir schrecklich geht und ich denke, in allen Bereichen meines Lebens zu versagen.

Und das Schlimmste an der ganzen Sache ist: All diese Gedanken und Emotionen habe ich, obwohl das Baby noch nicht mal auf der Welt ist. Wie soll es erst werden, wenn ich ein schreiendes Neugeborenes in meinen Armen halte?
Ich glaube, ich schaff das einfach nicht.
Hinter all diesen Sorgen und Gedanken versteckt sich meine größte Angst: das etwas mit meinem Baby nicht stimmen könnte. Denn auch, wenn ich es hasse, schwanger zu sein, wünsche ich mir dieses Kind aus tiefstem Herzen. Ich liebe es jetzt schon mehr als alles andere auf der Welt. Und wenn ich mal so ganz objektiv darüber nachdenke, weiß ich natürlich, ich bin nicht die erste Frau, die ein Baby zur Welt bringt. Ich bin auch nicht die erste Frau, die Kind und Karriere unter einen Hut bringen muss. Und ich habe wundervolle Menschen in meinem Leben, die bei diesem verrückten Abenteuer immer an meiner Seite sein und mich unterstützen werden. Ich bin nicht allein. Und ich werden nicht ewig schwanger sein.
Ich war immer stolz darauf, alles auf meine eigene Art und Weise zu machen. Und das werde ich auch in Zukunft beibehalten.Ich brauche kein Pregnancy Glow. Ich muss mich auch nicht wie eine Göttin fühlen. Und das Baby wird mein Leben, meine Ehe und meinen Körper nicht ruinieren. Es ist okay, Angst zu haben. Es ist okay, die eigene Schwangerschaft zu hassen.
Und das nächste Mal, wenn mich eine Freundin oder ein Kollege fragt, wie es mir geht, antworte ich vielleicht einfach ehrlich: Ich bin ein panisches, ausgepowertes Nervenbündel. Ich erkenn mich kaum selbst wieder. Mein Rücken tut weh, das Baby tritt mich ständig und ich kann mich nicht mal mehr daran erinnern, wann ich das letzte Mal eine Nacht durchgeschlafen habe. Wenn ich ehrlich bin, würde ich lieber etwas Anderes reden. Ich bin schließlich nicht nur schwanger. Unter diesem „Fatsuit“ stecke immer noch ich.
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