Sexting, also erotische Nachrichten per SMS austauschen, ist in unserer Datingkultur, in der sich mittlerweile vieles über das Handy abspielt, extrem beliebt. Aber nicht nur beim Dating, auch unter Langzeitpaaren oder in Fernbeziehungen ist Sexting mittlerweile gang und gäbe, um die Beziehung intim und aufregend zu halten.
Wer allerdings ungefragt anzügliche Nachrichten bekommt, wie es bei vielen Frauen der Fall ist, für den ist es nicht nur nervig, es kann sogar richtig aufwühlend und bedrohlich sein. Eine Studie belegt, dass tatsächlich 40 Prozent der Frauen in Großbritannien schon mal ungewollt ein Dick Pic geschickt bekommen haben.
Es gibt mehrere Gründe für Sexting. Einer neuen Studie zufolge nehmen Menschen erotische Textnachrichten aber je nach Absender*in unterschiedlich wahr. „Not Cool, Dude: Perceptions of Solicited vs. Unsolicited Sext Messages from Men and Women“ ist der Name einer Studie, die untersucht hat, wie Sext-Nachrichten von Frauen oder Männern auf ihre*n Empfänger*in wirken. Aus ihr geht hervor, dass unaufgeforderte erotische Nachrichten von Männern als unangemessener wahrgenommen werden, als von Frauen, selbst wenn der Inhalt der Nachricht identisch ist.
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Die amerikanische Studie wurde an der Southwestern University durchgeführt. Die Versuchsgruppe bestand aus 122 überwiegend weißen Studenten, 61 Frauen und 61 Männern. Ihn wurde ein Szenario vorgelegt, in dem jeweils ein Mann oder eine Frau dem anderen Geschlecht entweder aufgefordert oder unaufgefordert sextet. Danach wurden sie um ihre Einschätzung der Situation und der Nachricht gebeten.
Die Erkenntnis: Männer, die unaufgefordert anzügliche Nachrichten versandten, wurden strenger bewertet als Frauen, die dieselbe Nachricht verschickten. Schaut man sich die Verbreitung ungefragter Dick Pics in der heutigen Datinglandschaft an, überrascht es wenig, dass Frauen eine negativere Sichtweise auf unverlangte Sext-Nachrichten von Männern haben als andersherum.
Das Forschungsteam erklärte, dass unaufgeforderte erotische Nachrichten von Männern für klassisches Machoverhalten und ein übertrieben stereotypes maskulines Verhalten stehen. Frauen, die solche Nachrichten bekommen, fühlen sich in der Regel sexuell belästigt, unwohl oder sogar bedroht.
Dass weibliche Absender ungefragter Sexting-Nachrichten weniger streng bewertet werden, führen die Wissenschaftler*innen darauf zurück, dass in unserer Gesellschaft noch immer das „Ideal der hegemonialen Männlichkeit“ herrscht. Dieses kulturelle Ideal diktiert Männern „positiv auf sexuelle Avancen von Frauen zu reagieren, unabhängig davon, ob diese gewünscht sind oder nicht.“
Weiter erklären die Forscher*innen: „Dieses Verständnis von Männlichkeit hängt mit der Idee zusammen, dass Männer eine sexuelle Möglichkeit, die sich ihnen bietet, niemals ablehnen sollten. Sexuelle Unersättlichkeit wird vielerorts leider noch mit Maskulinität verbunden. Wer die deutlichen Avancen einer Frau also ablehnt, verliert in dieser Hinsicht an Status.“
Vor dem Hintergrund der Enthüllungen rund um #MeToo und die unzähligen Beispiele erfolgreicher Männer, die ihre Macht ausgenutzt haben, um Frauen sexuell zu nötigen, sind die Resultate dieser Studie also mehr als verständlich. Es sind aber nicht nur diese Männer, die ihr sexuelles Verlangen und ihren Machtanspruch in den Griff bekommen müssen. Wir als Gesellschaft sind dazu angehalten, unsere Vorstellungen von Männlichkeit zu überdenken. In diesem Zuge sollten auch Frauen aufhören, anzunehmen, dass Männer allzeit bereit zu sein haben. Auch Ausdrücke wie "Schlappschwanz" können wir alle bei der Gelegenheit direkt aus unserem Vokabular streichen.
Zum Schluss aber noch gute Nachrichten für alle, bei denen Sexting für Spaß beim Daten sorgt: Wenn Sext-Nachrichten im gegenseitigen Einverständnis verschickt werden, werden sie laut der Studie ungeachtet des Geschlechts der Absender, als vollkommen angemessen angesehen.
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