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Wie ich lernte Hotpants zu lieben

Photo: Getty
Von all den Alpträumen der Sommermode, die das warme Wetter so mit sich bringt (unerwünschte Schweißflecken, hufenartige Füße in Sandalen,etc.), hat mir der Gedanke an kurze Hosen immer den kältesten Schauer über den Rücken gejagt. Und damit meine ich wirklich kurze Hosen, wirklich, extra kurze Hotpants, denn etwas anderes scheint es in meinem Umkreis gar nicht mehr zu geben. Ihr wisst schon, wovon ich spreche: ausgefranste abgeschnittene Jeans, die an jedem Model, das außerdienstlich unterwegs ist, zu bewundern sind. Solche Shorts zu tragen, bedeutet ein ganzes Stück Entblößung. Natürlich zeigt man im Bikini am Strand mehr Haut, aber dort ist eben jeder mehr oder weniger gleich nackt. In kürzester Hose durch eine volle Hauptstraße zu stolzieren, dazu gehört schon etwas mehr Mumm. Aber probieren sollte es jeder. Den Look, der einen so hohen Beinausschnitt hat, dass die Taschen am unteren Ende hervorschauen, gibt es schon seit längerer Zeit. Aber wenn uns das diesjährige Coachella Festival etwas sagt, dann, dass dieser Trend gekommen ist, um zu bleiben. Die kommenden Festivals werden wahrscheinlich wieder von Mädchen überlaufen, die ihre Shorts nicht einmal mehr beim Bikini-Waxing ausziehen müssten. Man sieht mehr Po als bei jeder Inszenierung des Sommernachtstraums. Bis vor kurzem habe ich mich Hotpants nicht mal ansatzweise genähert. Gelähmt vor Angst und dem Gedanken an wackelnde Schenkel und Cellulite – etwas, das mich wirklich schon seit meiner Pubertät begleitet – war ich jeden Sommer an Kleider gebunden. Aber Kleider können im Sommer auch nerven. Röcke fliegen oft bei der kleinsten Brise Marilyn-Monroe-mäßig in die Luft, Unterwäsche wird entblößt, sobald man sich hinsetzt, und Fahrradfahren wird auch eher schwierig. Und dann, eines Tages, ging ich in den Park. Dort sah ich eine Gruppe junger Frauen in ihren Mittzwanzigern, sie waren bunt gemischt, Frauen unterschiedlichster Formen und Größen, die allesamt Hotpants trugen. Und noch eine Sache hatten sie gemeinsam: Sie schienen eine verdammt gute Zeit zu haben. Sie tollten herum, tranken, machten Witze. Es hätte den kurvigeren Mädchen nicht egaler sein können, dass sie mehr ihrer Hotpants ausfüllen als ihre zierlichen Freundinnen. Und sie sahen alle gleichermaßen, aber jede für sich, wunderschön aus. Weil: Selbstvertrauen. Also dachte ich mir, zur Hölle damit! Ich wollte wie diese Mädchen aussehen, wie sie sein, frei vom Zwang der steifen Sommerkleider. Ich hörte auf, über meine Schenkel nachzudenken und kaufte mir eine Woche später ein Paar abgeschnittene Levi’s 501. Als ich das erste Mal damit rausging, an einem sonnigen Samstagnachmittag, fühlte ich mich noch nicht ganz wohl. Sie rutschten beim Laufen viel weiter hoch als beim Posieren vor dem Spiegel. Ich sah mein Spiegelbild in einem Ladenfenster und da war er: der Schenkel. Nackter, in der Öffentlichkeit, als je zuvor. Ich sah, wie sich mir Blicke zuwandten. Doch dann kam eine Windböe und ich beobachtete, wie alle anderen Frauen ihre Kleider festhalten mussten, während ich einfach weiterlief. Meine Hose war zwar kurz, aber sie würde mich in keiner Brise im Stich lassen. Und das war’s. Hotpants sind nicht für jeden gemacht. Ganz abgesehen vom Selbstbewusstsein, manche Leute würden etwas so Kurzes aus rein modischen Gründen im Leben nicht anziehen. Aber ich fordere all die Frauen dazu auf, es auszuprobieren, die es bisher nur deshalb nicht getan haben, weil sie sich für Cellulite oder sonstiges schämen. Man braucht weder ein bestimmtes Oberteil dazu, noch das perfekte Paar Sneaker; alles, was man braucht, ist ein wenig mehr Selbstvertrauen. Mich findet ihr diesen Sommer in einem Biergarten, auf der Bank mit breit ausgestreckten Beinen, wie zwei Lammkeulen. Und ich werde mich keinen Dreck darum scheren.

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