In ein paar Stunden werde ich aufstehen, mein Rücken wird knacksen und ich werde – mal wieder – feststellen, wie gerädert ich mich fühle, weil ich den ganzen Tag nur gesessen habe. Und zwar nicht etwa auf einem ergonomischen Schreibtischstuhl an einem richtigen Schreibtisch, sondern im Schneidersitz auf dem Sofa vorm Laptop. Nach Feierabend sollte ich wirklich mal diese Yoga-Session auf YouTube machen, denke ich. Aber ich weiß jetzt schon, dass ich es am Ende eh nicht machen werde. Stattdessen werde ich wahrscheinlich den den Arbeitslaptop beiseite legen, mir meinen privaten Laptop schnappen und den ganzen Abend netflixen. Auf einen Tag mehr oder weniger ohne Bewegung kommt es jetzt schließlich auch nicht mehr an, oder? So geht das jetzt schon seit etwa zwei Monaten, denn seit Beginn des Lockdowns nutze ich mein Wohnzimmer fünf Tage pro Woche als Arbeitszimmer. Doch Müdigkeit, Rücken- und Nackenschmerzen sind nicht die einzigen Folgen, die zu langes Sitzen mit sich bringen kann.
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Warum ist sitzen so schlecht für uns?
Beim Sitzen entspannen sich die Muskeln. Das klingt zwar vielleicht erst Mal nicht so schlimm (Entspannung ist schließlich super, oder?!), doch wenn deine Muskeln nicht arbeiten müssen, verbrauchen sie auch keine Glucose. Und das kann das Risiko erhöhen, an Typ-2-Diabetes zu erkranken. Untätigkeit wird außerdem mit weiteren gesundheitlichen Problemen assoziiert – von Bluthochdruck und hohen Cholesterinwerten bis hin zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs und Angststörungen. Außerdem können sich durch das Sitzen die Beugemuskeln verkürzen und es kann zu Hüft- und Rückenschmerzen kommen, sagt die kanadische Osteopathin und Haltungsexpertin Dr. Liza Egbogah. Der Spruch „Wer rastet, der rostet“ kommt eben nicht von ungefähr… Und die schlechte Sitzposition, die die meisten von uns einnehmen, macht die ganze Sache auch nicht gerade besser. Wenn wir mit krummem Rücken über dem Laptop hängen oder vor dem Computer sitzen, stauchen wir die Lungen und sie können sich beim Einatmen nicht komplett mit Luft füllen, erklärt Dr. Egbogah. Diese flache Atmung kann dann wiederum Ängste triggern, denn wir haben das Gefühl, nicht genug Sauerstoff zu bekommen.
Wie kann ich den negativen Folgen des Sitzens entgegenwirken?
Dehnübungen sind eine gute Idee, weil du dadurch Verspannungen auflösen und die Durchblutung fördern kannst. Aber selbst regelmäßiges Aufstehen kann schon helfen. Du kannst dir zum Beispiel einen Wecker stellen und aller 30 Minuten kurz deine Gliedmaßen ausschütteln. Oder aber du machst dir keine Kanne Tee oder Kaffee, sondern verwendest nur eine kleine Tasse. So musst du regelmäßig aufstehen und in die Küche gehen, wenn du Durst hast. Vielleicht kannst du sogar (ab und zu) im Stehen – oder noch besser im Laufen – arbeiten? „Es gibt keinen Grund, beim Telefonieren sitzen zu bleiben“, sagt Egbogah. „Am besten läufst du einfach etwas auf und ab. Wenn du dich bewegst, kurbelst du den Kreislauf an und das ist viel gesünder, als die ganze Zeit in ein und derselben Position zu sitzen oder zu stehen.“ Spätestens nach Feierabend solltest du dann aber versuchen, aktiver zu werden. Laut der Herzstiftung solltest du pro Woche mindestens (!) viermal 30 Minuten schnell gehen oder Rad fahren oder 20 Minuten joggen. Und in einem Artikel der Ärztezeitung, der auf eine kanadische Studie Bezug nimmt, heißt es: „150 Minuten Bewegung pro Woche reichen aus, um weltweit etwa einen von zwölf Todesfällen zu verhindern.“
Wie du deine Home-Office-Situation verbessern kannst
Bewegung ist schön und gut, aber wenn du dich anschließend wieder mit krummem Rücken auf dein Sofa – oder noch schlimmer: auf dein Bett – hockst, hilft sie nur bedingt. Egbogah empfiehlt deswegen, sich einen ordentlichen Arbeitsplatz einzurichten und der besteht aus einem ordentlichen Tisch (nein, Sofatisch und Laptophalter sind keine Option) und einem stabilen Stuhl mit hoher Rückenlehne (Hängematte und Sitzkissen sind also raus…). Achte darauf, dass du die Füße bequem auf den Boden stellen kannst. Es müssten vier rechte Winkel entstehen: an den Füßen, in den Kniekehlen, zwischen Oberschenkel und unterem Rücken und in den Ellenbogen. Du solltest deine Unterarme bequem auf dem Tisch ablegen und die Schulter entspannt hängen lassen können. Um Nackenschmerzen zu vermeiden, sollte dein Screen etwas erhöht sein – damit dein Kopf relativ gerade bleiben kann und du nur leicht von oben auf den Bildschirm schaust. Dafür kannst du einen Monitor Riser verwenden oder einfach eine Kiste oder eine Box, die du schon zuhause hast. Angenehm kann auch eine ergonomische Tastatur sowie Gelablagen für die Handgelenke sein. Außerdem rate ich dir, auf ausreichend Licht zu achten – und zwar am allerbesten natürliches – dann musst du auch nicht so nah an deinen Screen gehen, um was zu erkennen. Darüber werden sich auch deine Augen freuen. Last, but not least: Benutze Kopfhörer beim Telefonieren, dann können sich Nacken, Schulterbereich, Arme und Hände ein bisschen entspannen, sagt Egbogah.