Knie, Unterarm oder Finger: Welche Tattoo-Stellen sind am schmerzhaftesten?
Wir haben zwei Frauen gefragt, die es wissen müssen.
Tattoos – sie sind düster oder bunt, sie sind Kunst, sie sind gerade überall und längst viel einfallsreicher als nur Arschgeweih oder Tribal. Laut einer Umfrage haben zirka 15 Prozent der Deutschen eins, Tendenz steigend. Trotzdem gibt es noch viele offene Fragen, was den permanenten Körperschmuck angeht, und leider auch nach wie vor etliche Ressentiments gegenüber Tattoos. Gerade die ältere Generation findet Tattoos oft – aber natürlich nicht immer – nicht so schön. Bei jüngeren Menschen erfreuen sie sich hingegen nie dagewesener Beliebtheit, wobei schon sehr junge Leute sehr stark tätowiert sind. Aber ist das in so jungen Jahren überhaupt eine gute Idee? Wie schmerzhaft sind Tattoos wirklich und welches Motiv soll man sich stechen lassen? Wie schützt man sein Tattoo vor dem Verblassen und wie vor der Sonne? Ich habe mit zwei Frauen gesprochen, die es wissen müssen.
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Nora Tabel ist Fotografin in Berlin und bereits seit vielen Jahren stark tätowiert. Die Sternchen in ihrem Gesicht und ihre tätowierten Hände fallen jedem sofort auf. Auf ihrem Körper finden sich außerdem noch eine Vielzahl an bunten Old School Tattoos, die meisten davon etwas älter, aber auch neue, leuchtende Kreationen schafften es auf ihre Haut. Gerade lässt sie sich viele alte Tattoos covern und hat damit ihre ganz eigenen Erfahrungen gemacht. Wenn also eine mit uns darüber reden kann, wie es ist, als tätowierte Person durchs Leben zu gehen, dann sie.
Laura Lesser hat den Körperschmuck zu ihrem Beruf gemacht. Die studierte Künstlerin hat privat angefangen, ihren Freundeskreis zu tätowieren und seit letztem Jahr arbeitet sie als Resident in einem Tattoo-Studio. Lauras Spezialität sind lustige und hintergründige Tattoos, meistens in Schwarz. Im Gespräch mit ihr fällt sofort auf, wie wahnsinnig kundenorientiert sie ist und wie viel Freude sie bei der Arbeit hat. Sie hat selbst sehr viele Tattoos und kennt somit beide Seiten.
Welche Tattoos sind am schmerzhaftesten?
Nora Tabel: Seien wir ehrlich, Tattoos in die Haut gejagt zu bekommen tut immer weh, aber es gibt Tattoo-Stellen, die sind einfach noch beschissener als andere. Tattoos am Finger zum Beispiel liegen ganz weit vorne auf der Tattoo-Schmerzskala. Das fühlt sich ganz furchtbar fies an. Oder wenn die scharfkantige Nadel die zarte Haut auf dem Bauch zerfetzt. Das ist auch ganz und gar nicht schön. Outlines sind eigentlich immer schlimm. Je größer die Nadeldicke, desto fieser der Schmerz. Auch ein körperliches Erfahrungshighlight war es, den Brustkorb ein zweites Mal gestochen zu bekommen. Ich konnte vor Schmerz kaum atmen. Also immer schön vorher überlegen, ob das Tattoo-Motiv auch zeitlos das Richtige ist, denn Cover Ups tun zehnmal so weh.
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Welches Motiv ist perfekt für das erste Tattoo?
NT: Der eigene Name in einem Herz. Liebe dich selbst, denn nichts ist wichtiger als das. Nichts.
Laura Lesser: Hier gibt es so viele Antworten wie Menschen. Aber mal ganz generalisiert ein paar Tips: Wenn du keine Koryphäe im Umgang mit dem eigenen Schmerzempfinden bist, empfehle ich, mit einem kleinen Tattoo-Motiv an einer eher unempfindlichen Stelle zu beginnen. Denn lange Tattoo-Sitzungen können schmerztechnisch eine Herausforderung werden. Wenn du aber subjektiv das Gefühl hast, du wirst das schon packen, weil du dir früher wöchentlich die Achseln epiliert hast oder einmal im Monat blutend mit Migräne im Bett liegst oder Kinderkriegen überlebt hast, dann kann das erste Motiv ruhig auch größer ausfallen. Jüngeren Kund*innen empfehle ich in der Regel, sparsam mit Geometrie und photorealistischen Portraits zu sein, da der Körper noch so einige hormonelle und auch andere Umstrukturierungen mitnimmt und dabei gerne die Form verändert. Das fällt bei organischen Entwürfen nicht so ins Gewicht wie etwa beim (ehemals) perfekten Kreis. Wenn du kein 08/15-Trendmotiv möchtest, bitte ruhig den*die Tätowierer*in um eine ehrliche Meinung, denn er*sie hat einen größeren Einblick. Ich mache oft die Erfahrung, das Kund*innen gar nicht auf dem Schirm haben, dass das, was sie da wollen, gerade sehr, sehr angesagt ist. Die sind dann ziemlich dankbar, dass ich ihnen das vorm Stechen sage. Für eine möglichst perfekte erste Tattoo-Erfahrung empfehle ich, sich Zeit zu lassen beim Suchen des*der Tätowierer*in. Im Idealfall findest du jemanden, dessen Tattoostil zu deinem Wunschmotiv passt, der sich Zeit für deine Fragen in einem Beratungsgespräch nimmt, der deine Person und dein Motiv ernst nimmt und bei dem du dich wirklich gut aufgehoben fühlst. Das hätte ich mir für mein erstes Tattoo gewünscht, echt mal.
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Welcher Sonnenschutz eignet sich für Tattoos?
NT: Bio Organic Fairtrade ohne Mikroplastik und krebserregende Stoffe.
LL: Jeder. Immer. Sonnenschutz für Tattoos ist toll. Sunblocker am besten. Je blocker, desto länger satte Farbtöne, denn Sonne lässt Tattoos ausbleichen. Nein, halt! Fast immer. Die Ausnahme: Wenn dein Tattoo noch nicht verheilt ist, mach da keine Chemiekeulen drauf. Auch keinen Sonnenschutz. In dem Fall zieh dir bitte dunkle Kleidung drüber, wenn du ans Licht gehst und bleib am besten im Schatten.
Hast du durch deine Tattoos Schwierigkeiten im Alltag?
NT: Ich hatte in meiner doch recht spießigen Heimatstadt im Rheinland mehr Probleme als im bunten Berlin. Im dicken B kräht da kein Hahn nach. Das gehört hier zum Stadtbild wie die Hundehaufen auf den Bürgersteigen. Aber in meinem Geburtsort hat man mich definitiv doof angeschaut oder auch mal beleidigt. Ich meine, wen zur Hölle geht das was an, wie mein Körper ausschaut?
Hast du durch deine Tattoos Schwierigkeiten im Job?
NT: Nein. Jeden Job, den ich wollte, bekam ich auch. Sei es als Angestellte oder Selbstständige, meine Tattoos standen mir da noch nie im Weg. Im Gegenteil, oft sind sie ein Icebreaker, aus dem sich ein spannendes Gespräch entwickelt. Jetzt muss ich aber dazu sagen, dass ich weder bei der Polizei noch in einer Bank arbeiten wollte. Ich denke, da sähe das auch wieder anders aus.
Wann ist das beste Alter für ein erstes Tattoo?
NT: Ich habe mit 15 mein erstes Tattoo bekommen und es gerade überstechen lassen. Überhaupt lasse ich gerade einige meiner alten Tattoos überstechen, weil sie zu meinen neueren Tattoos überhaupt nicht mehr passen. Jetzt ist quasi die beste Zeit sich was stechen zu lassen. Dank des Internets lassen sich richtig gute Tätowierer*innen und Künstler*innen finden, die wahnsinnig tolle Sachen unter die Haut zaubern, die auch in 20 Jahren noch geil sind. Dann ist das eigene Alter auch egal. Meinem Sohn möchte ich es trotzdem verbieten, aber den interessiert das ohnehin nicht die Bohne.
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LL: Das kann 18 oder auch 80 sein. Wichtig ist, dass es sich wie das richtige Alter anfühlt. Wer zögert, sollte vielleicht lieber warten. Wenn man mit 18 das Gefühl hat, es passt, muss man halt eventuell mit 40 fähig sein, eine entspannte Grundhaltung gegenüber dem 18-jährigen Ich und seiner gegebenenfalls bescheuerten Philosophie zu haben. Aber diese Lebenshaltung kann ich eh generell empfehlen! Und das ist im Übrigen auch etwas, das Tätowierungen einem beibringen können: das Selbst und den eigenen Körper im Ganzen zu umarmen, sich dabei aber auch bitte nicht sonderlich ernst zu nehmen.
Wann muss ein Tattoo nachgestochen werden?
LL: Man kann das bedingt machen und auffrischen, aber es geht nicht unendlich oft. Es gehört einfach dazu, dass ein Tattoo altert und eben auch verblasst. Nach vier bis sechs Wochen ist dein Tattoo verheilt. Vielleicht hat dein*e Tätowierer*in dich beim Termin gebeten, nochmal vorbeizukommen, weil er*sie wegen irgendwelcher Eventualitäten nochmal draufschauen will. Vielleicht bist du selber nicht ganz zufrieden, weil einige Linien inkonsistent sind, schwarze Flächen starke Unregelmäßigkeiten aufweisen oder sonst was fehlt. Das wären zum Beispiel Gründe, um ein Tattoo nachzustechen. Nicht jede Haut ist perfekt, um damit zu arbeiten, manchmal muss man dann korrigieren. Die meisten Tätowierer*innen bieten das ohne Aufpreis für an. Allerdings nicht an allen Körperstellen, an den Händen oder im Mund etwa ist Imperfektion vorprogrammiert, da wirst du in der Regel in Kauf nehmen müssen, dass das Nachstechen nicht im Preis inbegriffen ist. Wichtig ist, dass du dich an die Pflegeanweisungen deines Tätowierers hältst. Nicht jede Art von Tattoo wird auf die gleiche Weise gepflegt, um möglichst schön abzuheilen, und der Abheilungsprozess kann das Endergebnis maßgeblich beeinflussen. Wenn am Tattoo offensichtlich deutlich wird, dass du die Nachsorge vermurkst hast, wird dein*e Tätowierer*in eventuell nicht einsehen, da nochmal Zeit reinzustecken.
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Was kosten Tattoos? Wonach wird der Preis berechnet?
LL: In der Regel geht der Tätowierer beim Kostenvoranschlag für dein Tattoo nach einem Stundenlohn und der abgeschätzten Zeit, die er mit dir verbringt. Du kannst Tattoos in allen Preisklassen bekommen. Ein sündhaft teures, perfektes Tattoo von einem Startätowierer oder einer -tätowiererin, für das du Jahre auf den Termin wartest oder ein billiges von dem besten Kumpel, der das auch mal ausprobiert, das du dir später teuer covern lässt oder für seine Beschissenheit liebst. Bitte achte in dem Fall darauf, dass er alle Hygieneregeln beherrscht. Zwischen diesen beiden Extremen ist der Startpreis für Tattoos je nach Region und Studio unterschiedlich. Generell scheinen kleine Tattoos unverhältnismäßig teuer, es ist aber einfach so, dass du die gleiche hygienisch einwandfreie Station für einen kleinen Punkt brauchst, wie für ein riesiges Rückentattoo. Und das kostet ordentlich Zeit und Material. Sogenannte ‚Customs‘, also speziell für den Kunden entworfene Designs, kosten in der Regel mehr als Flashtattoos – das sind die Motive, die der*die Tätowierer*in fertig im Studio hat und die er*sie gern tätowieren möchte. Wer sparen möchte, aber halt nicht am falschen Ende, sollte bei den Flash Days vorbeischauen, die viele Studios anbieten. Dort gibt es vergünstigt ausgewählte Designs, die man sich vom Tätowierer*in der Wahl direkt stechen lassen kann.
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