Es war der 6. September 2012, als Julika Herzog schnell ins Pariser Rathaus gerannt kam, in Jeans und Turnschuhen, ihr Freund in Wanderstiefeln. Er hatte vorher eine Baustellenbegehung. Gemeinsam liefen sie in das Zimmer ihrer Sachbearbeiterin, zeigten ihr die Papiere und unterschrieben ein Schriftstück, das nur zwei Seiten lang war. Dann sagte die Mitarbeiterin: "Viel Glück fürs gemeinsame Leben." Draußen auf den Stufen vom Rathaus schossen sie noch schnell ein Selfie. Das Ganze dauerte nicht mehr als eine Viertelstunde. Keine Zeremonie, keine Zeugen, kein Brimborium. Sie sind pacsés, wie sie es nennen, verpacst.
Wer in Deutschland nicht heiraten will, hat ein Problem. Zumindest dann, wenn er Steuern sparen will. Oder der Partner plötzlich im Krankenhaus liegt. Oder schlimmer: wenn er stirbt. Denn Unverheiratete haben in Deutschland absolut keine Rechte. "Ich weiß nicht, ob ich in Deutschland geheiratet hätte. Aber ich bin froh, dass es in Frankreich noch eine andere Möglichkeit gibt", sagt Julika Herzog. Sie ist 34 Jahre alt und lebt in Paris. Heiraten? Wollte sie nicht. Aber ihre zukünftigen Kinder absichern schon. Und sie konnte das, ohne ihrem Freund zu versprechen, ihn zu lieben und zu ehren, bis dass der Tod sie scheide. Julika Michaela Herzog und Mehdi François Ben Slama haben den Pacs-Vertrag unterschrieben. Ein paar Tage später feierten sie dann doch ein bisschen. Sie engagierten einen Babysitter und gingen essen.
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Der Pacte Civil de Solidarité, Pacs genannt, wurde 1999 eingeführt und ist in Frankreich mittlerweile so beliebt, dass ihn auch die eingehen, die nicht im Traum daran gedacht hätten, sich für immer zu binden. Mit einer klassischen Hochzeit hat er nichts gemein. Er ist ein Vertrag, den zwei miteinander schließen, um einem verheirateten Paar fast gleichgestellt zu sein. Mit dem Pacs werden sie gemeinsam besteuert. Sie erhalten Besuchs- und Auskunftsrecht, wenn der Partner im Krankenhaus liegt. Und eine Rente, wenn der Partner stirbt. Wer will, kann im Pacs auch ein Testament festlegen. Die Vermögen bleiben aber getrennt.
Ein Pacs ist einfacher kündbar als die Ehe
Und: Im Gegensatz zu einer Ehe ist der Pacs schneller kündbar, ein Einschreiben ans Amtsgericht, schon ist man raus aus dem Vertrag. In Frankreich sind bereits vier von zehn formal anerkannten Paaren verpacst. "Kennengelernt haben wir uns auf diversen Partys, als ich mein Erasmus-Jahr in Paris machte", erzählt Julika Herzog. Sie und ihr Freund sitzen vor einem Laptop, den kleinen Emil auf dem Schoß, und erzählen ihre Geschichte über Skype. "Aber Mehdi war viel zu schüchtern, deshalb habe ich ihm irgendwann einfach meine Nummer gegeben." 2005 war das. Eigentlich wollte sie danach nach Berlin. Das war der Plan. Nun lebt sie das elfte Jahr in Frankreich. Herzog ist Fernsehjournalistin, Ben Slama arbeitet im Rathaus von Paris. Ihr gemeinsamer Sohn Emil ist zwei.
"Ich wollte nie heiraten, fand das nur anstrengend und teuer", sagt Julika Herzog. "Und dann noch der Gedanke an eine anstrengende und teure Scheidung!" Aber sie wusste, sie will Kinder. "Was, wenn in so einem Fall einer von uns im Koma im Krankenhaus liegt? Oder stirbt? Der Pacs regelt diese Extremsituationen unbürokratisch, das finde ich gut. Und sollte mich Mehdi doch einmal nerven, kann ich einfach wieder ins Rathaus gehen und sagen: Ich will nicht mehr. Bei einer Scheidung hat man zusätzlich zum emotionalen Stress, den es ja immer gibt, auch noch den Papierstress, den Verwaltungskrieg." Der Pacs hingegen ist einseitig kündbar.
In Frankreich spekuliert man, dass dieser schnelle Exit ein gutes Argument ist für den Pacs. Für all die, die eh nicht an die Ehe bis zum Tod glauben. Bemerkenswert ist aber, dass der Pacs in Frankreich mittlerweile stabiler zu sein scheint als die Ehe. Obwohl er eine Trennung so leicht macht, lösen ihn bisher prozentual weniger Menschen als sich scheiden lassen. Vielleicht weil allein die Möglichkeit, es zu tun, schon den Druck rausnimmt?
So jedenfalls sehen es auch Herzog und Ben Slama. Die beiden sind in ihrem Freundeskreis die Regel, nicht die Ausnahme: Die Mehrzahl der Franzosen, die sie kennen, sind verpacst, vor allem wenn sie Kinder haben. "Ich bin auch einfach kein großer Freund von Hochzeiten", sagt Mehdi Ben Slama. "Romantik ist ihm nicht so wichtig", sagt Julika Herzog. Sie schauen sich an und lachen. Das heißt, sie würden also wirklich nie heiraten? "Sagen wir mal so", sagt Herzog. "Dafür müsste er mich ja erst einmal fragen. Und vielleicht, vielleicht würde ich dann auch Ja sagen."
So jedenfalls sehen es auch Herzog und Ben Slama. Die beiden sind in ihrem Freundeskreis die Regel, nicht die Ausnahme: Die Mehrzahl der Franzosen, die sie kennen, sind verpacst, vor allem wenn sie Kinder haben. "Ich bin auch einfach kein großer Freund von Hochzeiten", sagt Mehdi Ben Slama. "Romantik ist ihm nicht so wichtig", sagt Julika Herzog. Sie schauen sich an und lachen. Das heißt, sie würden also wirklich nie heiraten? "Sagen wir mal so", sagt Herzog. "Dafür müsste er mich ja erst einmal fragen. Und vielleicht, vielleicht würde ich dann auch Ja sagen."
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