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In the middle of nowhere: Warum sind wir alle so lost?

Ich weiß noch nicht, was ich machen möchte.“ Das ist einer der häufigsten Sätze, die ich in Berlin höre, wenn es um Partnerschaften, den Beruf oder ums Leben geht. „Vielleicht ist es besser, wenn wir gucken, wohin es läuft, was sich ergibt. Schauen wir mal.“ Das klingt plausibel: Dinge geschehen und auf sich zukommen zu lassen. So leicht und einfach. Aber wer trifft denn dann eine Entscheidung?
Menschen wollen möglichst offen und unverbindlich leben – je mehr Freiheiten, desto besser. Nur, so kreisen wir dann inmitten dieser Großstadtstraßen, irren unbeholfen, ziellos hin und her und vergessen, wo wir eigentlich hinwollten. Ich habe mir Freiheit immer anders vorgestellt.
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Jemand hatte mal gesagt, Berlin sei wie Burning Man. Eine willkürliche Ansammlung von Endorphinausstößen, Magie und Trauerspiel zugleich. Ich verstehe das, manchmal komme ich auch vom Weg ab. Berlin flasht und crasht mich zugleich. Ich werde überflutet von Reizen, Menschen und Gedanken.
Am Kotti sehe ich bunte Lichter flimmern, höre die lautstarke Kneipenmusik, die in Dauerschleife gespielt wird. Werbung. Plakate. Einkaufcenter. Ich mache Halt an den Ideologie-Verkäufern, die wild auffordernd, durcheinanderrufen: „Freiheit jetzt, die Lösung all deiner Probleme, das Allheilmittel.“

Die Ideologie-Verkäufer rufen wild durcheinander: ‚Freiheit jetzt, die Lösung all deiner Probleme, das Allheilmittel!

Ich lasse mich überzeugen, mir alles andrehen. Und jeder, wirklich jeder verspricht mir die Freiheit, aber niemand hält sein Versprechen. Schwer beladen ziehe ich weiter. Die Tüten sind lästig und unhandlich. Der Bus ist voll und es ist eng. Er nimmt mich mit, bis zur Endstation.
Muss ich überhaupt hierhin? Egal, ich steige aus. Und obwohl ich hier Weite und Ferne sehe, erdrückt sie mich, weil ich mir jedes Mal klein dabei vorkomme. Eingeschüchtert und verängstigt. Planlos laufe ich weiter.
Auf dem Weg treffe ich jene, die genauso orientierungslos sind wie ich. Wir verstehen uns gut, denn das haben wir gemeinsam. Sie sind auch schwer beladen, schleifen den Ballast mit sich. Jeder hat seinen eigenen und niemand traut sich, sich davon zu trennen.
Wir streifen gemeinsam durch die Gegend, biegen mal nach rechts, mal nach links ab. Dahin, wo unser Weg halt hinführt. Wir überlassen die Führung eher dem Zufall. Aber wie sollen wir ankommen, wenn keiner weiß, wohin?

Wir halten an, tanzen bis in die Morgenstunden, bilden uns ein, alles vom Leben verstanden zu haben.

Wir halten an, tanzen bis in die Morgenstunden, bilden uns ein, alles vom Leben verstanden zu haben. Wir betäuben uns, übertünchen unsere Orientierungslosigkeit bis zur Ohnmacht.
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Monate, womöglich Jahre habe ich nun damit verbracht, nach etwas zu suchen. Etwas, das alles plötzlich erklären und auflösen würde. Nach einer Antwort, zu der ich noch nicht einmal die Frage formulieren kann. Wonach suche ich denn überhaupt?
Nach etwas, das ich weder auf den Straßen Berlins, in Partnerschaften, noch auf anderen Kontinenten fand. Weil auch dort niemand meine Frage erahnen konnte. Weil das Suchen dort womöglich nur eine Flucht von der Suche hier war. Ich blickte in ratlose Gesichter und war empört, weil ich nur Stille statt einer Antwort bekam.
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Und dann fand ich ihn. Wir begegneten uns in der Ferne und aus seiner Stille konnte ich das erste Mal eine Antwort deuten. Was ich sah, war seine Angst. Keine Tiefen-Entspanntheit, kein Verlangen nach Freiheit, sondern Panik vor dem Ungewissen. Angst, sich wehzutun, verletzt zu werden und verwundet zu bleiben. Angst, sich zu verlaufen.
Also entschied er sich fürs Nichts; sah lieber tatenlos zu, wie das Leben dahinplätschert. Ganz langsam, völlig selbstverständlich – wer weiß, wie lange.

Ich blendete das Geschwätz der Menschenmenge aus, überhörte das Dröhnen des Stadtverkehrs, denn, trotz unserer Angst, hatten wir uns schon längst verlaufen.

Und während ich dastand, genoss ich seine Stille plötzlich, weil mir so viel bewusst wurde. Ich blendete das Geschwätz der Menschenmenge aus, überhörte das Dröhnen des Stadtverkehrs, denn, trotz unserer Angst, hatten wir uns schon längst verlaufen.
Wir hätten in diesem Labyrinth niemals zusammen den Weg gefunden. Würden im Kreis laufen, endlos ohne Ziel. Und als ich mich umsah, wusste ich, wohin ich will. Fort von hier.
Ich will keine Beobachterin meines Lebens sein, will nicht gleichgültig und passiv beim Plätschern zusehen. Denn, wenn man möchte, bekennt man sich, man übernimmt die Führung, aktiv und mit Bedacht. Da gibt es kein Halten auch keine Ausreden. Man findet immer einen Weg –auch wenn man stürzen könnte. Das ist Freiheit für mich: Entscheidungen zu treffen und sie nicht dem Zufall zu überlassen.
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Das Leben ist viel zu schade, um darauf zu warten, dass Wunder vielleicht, wahrscheinlich oder möglicherweise eintreten.

Das Leben ist viel zu schade, um darauf zu warten, dass Wunder vielleicht, wahrscheinlich oder möglicherweise eintreten. Es zeugt von Stärke, über seine Ängste und Zweifel hinwegzusehen und im Moment zu leben, sich authentisch und verletzlich zu zeigen, sich zu seinem Partner zu bekennen und zu seiner Meinung zu stehen. Ich möchte mich nicht von der Angst kontrollieren lassen, sondern selbst Kontrolle übernehmen. Und sollte ich stürzen – was soll´s? Scherben bringen doch Glück.
Als ich ihn zuletzt wiedersah, stand er noch immer hilflos vor der riesigen Betonwand, versuchte sie mit dem Kopf einzuschlagen, um vorwärts zu kommen. Aber nach all den Jahren waren nur ein paar Risse entstanden und ein paar blaue Flecke. Dabei hielt er am Leiden fest und nicht das Leiden an ihm. Das machte er schon eine ganze Weile so, nur leider ging es nicht voran.

Ihn an die Hand zu nehmen, ihm den Weg aufzuzeigen, das war nicht meine Aufgabe. Jeder muss seinen Weg selbst finden.

Ihn an die Hand zu nehmen, ihm den Weg aufzuzeigen, das war nicht meine Aufgabe. Jeder muss seinen Weg selbst finden. Ich konnte ihm nicht helfen, also machte ich kehrt und ging. Und da hatte ich sie – meine ganz eigene Freiheit. Denn ich hatte meine ganz eigene Entscheidung getroffen.
Der Ausweg aus dem Labyrinth war die ganze Zeit schon vor uns gewesen, aber wir fanden ihn nicht oder wollten ihn nicht finden. Vermutlich wird er noch länger in diesem Labyrinth gefangen bleiben. Aber das wünsche ich ihm nicht. Ich wünsche, dass wir alle irgendwann unsere Antworten bekommen
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