Für seine neueste Herbst/Winter-Kampagne „Superstar“ hat der Sportartikelhersteller Adidas das schwedische Model Arvida Byström engagiert. Byström, die selbst auch als Fotografin und Künstlerin arbeitet, präsentiert in der Kampagne nicht nur den Sneaker-Klassiker Superstar in neuem pastelligen Gewand, sondern zeigt sich auch sonst in einem sehr mädchenhaften Look mit weißem Kleid und pinkem Samt-T-Shirt darunter. Doch dann wandert der Blick auf die Beine des Models – sie sind unrasiert. Nichts Neues für die Schwedin, die sich in ihren künstlerischen Arbeiten schon länger dafür stark macht mit klassischen Rollenklischees zu brechen und Schönheit auch abseits von Stereotypen etablieren will. In der sogenannten no shave-Bewegung hat sie sich deshalb bereits einen Namen gemacht hat.
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Was in der Kunst funktioniert, war einigen Betrachtern der kommerziellen Adidas-Kampagne offenbar zu viel des Guten. Denn kurz nachdem der Werbeclip online ging, hagelte es nicht nur positive Bemerkungen und Zuspruch für ihren Mut von ihren Fans, sondern auch heftige Kritik. Die Kommentatoren machten ihrem Unmut über die nicht rasierten Beine Luft, finden es ekelig und unverständlich, dass ein Model sich nicht rasiert und empören sich darüber, dass Adidas dies auch noch unterstützt. „Das ist kein Mädchen, das ist ein Affe. Komm schon, rasier diese Scheiße ab“ oder „Ekelhaft. Widerliche Frau“ war da etwa zu lesen. Solche Reaktionen hatte es in der Vergangenheit schon des öfteren gegeben, denn behaarte Beine entsprechen nun mal nicht dem einheitlichen Schönheitsideal. Doch die Kontroverse ging diesmal noch einen Schritt weiter.
Arvida Byström erhielt zum aller ersten Mal in ihrem Leben Vergewaltigungsdrohungen, wie sie in einem öffentlichen Posting bei Instagram schrieb: „Ich bin eine fähige, weiße Frau mit einem Normkörper, der nur ein kleines nicht-normatives Detail hat: ein wenig Beinbehaarung. Ich habe dafür Vergewaltigungsandrohungen in meinem Instagram-Postfach erhalten. Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie es sein muss, ohne all diese Privilegien in dieser Welt zu existieren.“
Mit ihren Worten entfacht Byström eine nicht enden wollende Debatte darüber, was in unserer heutigen Gesellschaft als schön gilt und was nicht. Haare, die sich nicht auf dem Kopf, sondern an allen anderen Körperregionen befinden, rufen Gefühle von Ekel und Ablehnung hervor. Gerade Frauen sind dazu geneigt, ihren Körper regelmäßig zu rasieren, sei es unter den Achseln, im Intimbereich oder an den Beinen. Tun sie es nicht, werden sie oftmals beleidigt, gemieden und als weniger feminin abgestempelt. Die permanente Vermessung und Bewertung des weiblichen Körpers hat einen neuen Höhepunkt erreicht, der nahezu keine anderen Alternativen mehr zulässt.
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Man muss sich schon wundern, dass ein paar Haare Auslöser für eine derartige Welle von Hasskommentaren sein können. Nur weil eine Frau sie nicht entfernt, bedeutet es nicht, dass sie weniger wert oder weniger fraulich ist – schon gar nicht, dass man ihr Gewalt androhen darf. Und vielleicht finden manche Frauen behaarte Beine sogar schön. Wie können wir uns anmaßen, das zu beurteilen oder zu bewerten? Wir sollten uns lieber fragen, ob der konstante Druck, einem von uns selbst konstruierten Schönheitsideal zu entsprechen, nicht viel schlimmer ist, als Haare am Körper. Am Ende sollte es zumindest jeder frei entscheiden dürfen, ohne dafür beleidigt zu werden. Ginge es nach uns, bräuchten wir viel mehr mutige Vorreiterinnen wie Arvida Byström.