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Gut fürs Immunsystem? – So gesund ist Selbstbefriedigung

Foto: Karen Sofia Colon
Erinnerst du dich noch an die ersten Wochen der Pandemie, als wir noch richtig Bock auf Bananenbrot und Zoom-Calls hatten? Es fühlt sich an, als sei das jetzt hundert Jahre her. Und weißt du noch, wie oft damals Witze übers Masturbieren gemacht wurden? Mein Favorit war dieser Tweet: „Deine Quarantäne-Zahl berechnest du so: wie oft du masturbiert hast minus wie oft du geweint hast.“ Das Ganze ging sogar so weit, dass das Amt für Gesundheit und Hygiene in New York sogar in einem offiziellen Dokument verkündete: „Masturbation verbreitet nicht COVID-19.“ Und irgendwann geisterte sogar das Gerücht durchs Netz, Masturbieren würde das Immunsystem stärken. 
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Seien wir mal ehrlich: Der Großteil von diesem ganzen Masturbations-Talk entsprang der isolationsbedingten Langeweile (und dem herrlichen naiven Glauben, so schlimm würde diese Pandemie schon nicht werden). Diejenigen, die Selbstbefriedigung aber als Immunsystem-Booster anpriesen, meinten es aber völlig ernst – und fundierten ihre Behauptungen mit einer Studie von 2004. In dieser deutschen Studie wurden elf Männer aufgefordert, „bis zum Orgasmus zu masturbieren“. Ihnen wurde dreimal Blut entnommen: vor dem Experiment, dann fünf, und dann nochmal 45 Minuten nach dem Orgasmus. Das Ergebnis der Studie? Ein erhöhter Gehalt natürlicher Killerzellen nach dem Höhepunkt. „Das demonstriert, dass einige Komponenten des Immunsystem durch sexuelle Erregung und Orgasmen aktiviert werden“, schlussfolgerten die Forscher:innen. 
Nur schade, dass 2020 immer deprimierender wurde – und uns wohl allen ein bisschen die Libido flöten ging. Wenn du seit letztem Frühjahr aber nicht täglich Hand angelegt hast, heißt das nicht, dass dein Immunsystem deswegen schwächer ist als das einer Person, die… fleißiger war. Tatsächlich gibt es nämlich überhaupt keine Beweise dafür, dass das Masturbieren deinem Immunsystem irgendwie geholfen hätte – nein, auch nicht diese Studie. Erstens hatte die nämlich nur elf Teilnehmer (und das waren dazu noch ausschließlich Männer); eine Anzahl, die wissenschaftlich gesehen überhaupt nicht aussagekräftig ist. Und selbst wenn eine größere Studie jetzt plötzlich mit der Erkenntnis um die Ecke käme, dass das Masturbieren den Killerzellen-Gehalt steigern würde, würde auch das kaum etwas aussagen. „Es gibt bisher keine Studie, die belegen würde, dass die Selbstbefriedigung das Immunsystem so sehr stärken würde, dass ein besserer Schutz vor einer Infektion gewährleistet wäre“, meint die Sexpädagogin Erica Smith. 
„Aber versteh mich nicht falsch!“, fügt sie schnell hinzu – denn laut ihr gibt es durchaus viele andere gute Gründe dafür, dir selbst ein bisschen Aufmerksamkeit zu schenken. Sie zählt direkt sieben davon auf: Masturbieren baut Stress ab, setzt Endorphine frei, hilft gegen Menstruationskrämpfe, verbessert das Körpergefühl und -wissen, stärkt das sexuelle Selbstbewusstsein, sorgt für tieferen Schlaf – und macht übrigens auch Spaß. (Wer hätte es geahnt!)
Wenn du selbst schon mal dem Gerücht verfallen bist, du könntest eine Erkältung quasi wegmasturbieren, bist du vielleicht schon mal über diese Studie im medizinischen Journal Psychological Reports gestolpert, laut der Menschen, die ein- bis dreimal pro Woche Sex hatten, höhere Werte des Immun-Antikörpers IgA aufwiesen als jene, die öfter oder seltener Sex hatten. 
Dabei macht allerdings eher der:die Partner:in den großen Unterschied, nicht der Orgasmus. „Sexuell aktive Menschen werden womöglich mehr infektiösen Stoffen ausgesetzt als sexuell inaktive Personen“, erklärte der Immunologe Dr. Clifford Lowell gegenüber Eurekalert. „Auf diese fremden Antigene reagiert das Immunsystem mit der stärkeren Produktion von IgA.“
Aber wie können wir uns dann erklären, dass auch Teilnehmer:innen der Studie, die häufiger als ein- bis dreimal pro Woche Sex hatten, niedrigere IgA-Level aufwiesen? Dazu spekulierte einer der Autoren der Studie: Vielleicht waren diese Proband:innen „in ungesunden Beziehungen, die ihnen viel Stress bereiteten“, der wiederum für einen niedrigeren IgA-Pegel sorgen kann. Wer hätte gedacht, dass dein Blut so viel über deine Beziehung aussagt?
Alles in allem hoffe ich aber, dass niemand jetzt mit dem Masturbieren aufhört, bloß weil es vielleicht kein so effektiver Immun-Booster ist wie Vitamin C und Zink. Schließlich macht es nicht bloß Spaß, sondern ist tatsächlich in vieler anderer Hinsicht gesund. Noch dazu hatte das New Yorker Gesundheits- und Hygieneamt schließlich mit der Behauptung Recht, dass Selbstbefriedigung (im Gegensatz zu Sex) kein mögliches Corona-Risiko birgt, da es sozial distanziert umsetzbar ist. Smith fasst das Ganze passend zusammen: „Vielleicht kannst du ein Virus nicht totmasturbieren – aber es schadet auch niemandem, wenn du es versuchst.“
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