Die dunklen Flecken auf meinen Wangen und meiner Stirn sind verblasst wie alte Erinnerungen, und die Aknenarben meiner 10er und 20er, die mich immer an Sternenkonstellationen erinnerten, sind im Laufe der Zeit immer unsichtbarer geworden. Bis es soweit war, musste ich aber viel Mühe (und Geld) investieren, um die Pigmentflecken – die Überbleibsel ehemaliger Hautprobleme – nach und nach auszulöschen. Wieso ich dafür so viel Energie aufwandte? Vor allem, weil es schwer war (beziehungsweise schwer ist), diese Hautflecken nicht als etwas zu betrachten, was ich „korrigieren“ sollte, um den „perfekten“ Teint zu erzielen. Hyperpigmentierung – sprich: Hautflecken, die dunkler sind als dein natürlicher Teint, durch größere Mengen an Melanin – ist unter Menschen mit dunkleren Hauttönen zwar weit verbreitet und auch oft auffälliger, doch erleichtert das den Betroffenen die emotionale Last dieser Flecken wohl kaum. Die Schauspielerin Keke Palmer hat genau deswegen schon oft über die emotionalen Konsequenzen ihrer Akne und Pigmentflecken gesprochen, die sie ihrem PCOS (polyzystischen Ovarsyndrom) verdankt, und erzählte 2017 schließlich, sie habe beschlossen, die Haut zu akzeptieren, in der sie nun einmal lebt. In einem Instagram-Post schrieb sie: „Akne, Aknenarben, Hyperpigmentierung – sowas passiert. Das ist kein Grund, dich zu schämen, und kein Grund, etwas zu korrigieren, damit sich ANDERE LEUTE wohl fühlen. Wenn sie mit deiner Haut nicht klarkommen, ist das ihr Problem.“
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In den sozialen Medien gibt es eine riesige Kluft zwischen Trends wie „Glass Skin“ oder „Clean Girl“ und der „Skin Positivity“-Bewegung, in der Pickel, Unebenheiten, Poren, Dehnungsstreifen und anderes gefeiert und ungeschönt gezeigt werden. Trotzdem wissen viele nicht, wie sie ungewollte Pigmentflecken sicher und effektiv verblassen lassen können – und das gilt vor allem für Menschen mit Schwarzer oder Brauner Haut. Im Zeitalter des Skincare-Influencing gibt es online zwar jede Menge Informationen und Empfehlungen dazu, doch sind die oft kompliziert, teuer und nicht zwangsläufig die beste Idee für deine individuelle Haut. Die Schwarze Kosmetikerin Alicia Lartey aus London hat mir daher hier einen Guide rund um Hyperpigmentierung bzw. Pigmentflecken zusammengestellt, der auch auf die Bedürfnisse dunklerer Teints eingeht.
Was sind Pigmentflecken?
Wie bereits erwähnt, sind Pigmentflecken eben Ablagerungen von größeren Mengen an Melanin, dem Hautpigment, das für die Farbe unseres Teints verantwortlich ist. Dunklere Hauttypen enthalten von Natur aus mehr Melanin, und genau deswegen sind sie umso anfälliger für Pigmentflecken. „Wer mehr Melanin hat, hat robustere Melanozyten (Pigmentzellen) und kann mehr Pigment produzieren. Deswegen haben diejenigen mit dunklerer Haut oft auch mehr dunklere Flecken“, erklärt mir der New Yorker Dermatologe Dr. Carlos A. Charles. „Postinflammatorische Hyperpigmentierung (PIH) ist die häufigste Form dieser dunklen Flecken und wird meist von uns selbst verursacht. PIH ist das Ergebnis von Akne, Hauttraumata, Ekzemen oder Ausschlägen. Wenn diese Entzündung nachlässt, entwickelt die Haut mehr Melanin. Diese Flecken können ein paar Tage nach der Verletzung überall auf der Haut auftauchen und sind meist klein, örtlich begrenzt und dunkelbraun.“
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Auch an den inneren Oberschenkeln, im Nacken, in den Achseln und im oberen Lendenbereich kann es aufgrund der dortigen Reibung (beim Rasieren, beim Laufen, beim Leben, …) zu Pigmentflecken kommen, und auch hier insbesondere bei dunkleren Hauttönen. Dunklere Teints neigen auch zu hyperpigmentierten Hautbereichen an den Ellbogen und auf den Knien. Das ist völlig normal, aber schwierig zu behandeln.
Was ist die Lartey-Hyperpigmentierungsskala & wieso ist sie nötig?
Alicia Lartey hat diese Skala für Pigmentflecken während ihrer Ausbildung zur Kosmetikerin entwickelt, nachdem ihr aufgefallen war, dass „alle Modelle und Materialien“, die bei der Ausbildung zum Einsatz kamen, auf weißen Hauttönen basierten. Der Kosmetikerin, die auch in der Produktentwicklung arbeitet, geht es mit diesem Guide darum, all denjenigen Informationen zugänglich zu machen, die unter den körperlichen und emotionalen Auswirkungen der Hyperpigmentierung leiden. Larteys Skala erinnert an die Fitzpatrick-Skala, die den Hautton in Abhängigkeit zu seiner Reaktion auf UV-Strahlung klassifiziert. Die Lartey-Skala hilft hingegen dabei, deine individuelle postinflammatorische Hyperpigmentierung zu identifizieren und gibt dir Ratschläge dazu, wie du diese Flecken behandelst und akzeptierst.
„Der Guide lässt sich auf alle Hauttöne anwenden. Er kann dir dabei helfen zu verstehen, welche Form von Hyperpigmentierung du hast. Von da ausgehend kannst du dich dann der Behandlung widmen“, erklärt sie. „Die Skala soll dir ein Verständnis dafür vermitteln, ob du ein verschreibungspflichtiges Produkt brauchst oder ob schon ein frei verkäufliches Kosmetikprodukt helfen könnte. Effektiv soll dir das Ganze dabei helfen, kein Geld zu verschwenden.“
Wie hilft dir Larteys Skala dabei, deine Pigmentflecken zu identifizieren?
Larteys Guide verteilt die verschiedenen Intensitäten der Hyperpigmentierung auf die Kategorien 1 (ein ganz ebenmäßiger Hauttön) bis 4 (die schwerste Form von Pigmentflecken), und jede Kategorie enthält Produkt- und Wirkstoffempfehlungen für deine individuellen Bedürfnisse. Meine eigenen Pigmentflecken fallen zum Beispiel in die Kategorie 1-2. Das bedeutet, ich habe postinflammatorische Hyperpigmentierung (auch „Melanose“ genannt), die bereits verblasst und nur noch eine bis zwei Nuancen dunkler ist als mein sonstiger Teint. Mithilfe der Skala kann ich gezielt nach den besten Wirkstoffen für meine Hautbedürfnisse suchen.
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Was empfiehlt die Kosmetikerin gegen Pigmentflecken?
Für Haut mit minimalen oder verblassten Pigmentflecken empfiehlt die Lartey-Skala Inhaltsstoffe wie Salicylsäure oder Alpha Arbutin. Meine langjährigen Favoriten sind Paula’s Choice 2% BHA Liquid Exfoliant Salicylic Acid (33,15 € via Paula’s Choice) und The Ordinary Alpha Arbutin 2% + HA (20,99 € via Douglas). Interessanterweise rät Lartey eher von Vitamin C, einem Wirkstoff, der häufig zur Hautaufhellung empfohlen wird. „Er wirkt einfach nicht so gut, wie viele Leute glauben“, sagt sie. „Für meine hellhäutigen Kund:innen, die nicht so intensive Pigmentflecken haben, finde ich Vitamin C super, aber nicht für starke Hyperpigmentierung in dunklerer Haut.“
Wer Pigmentflecken hat, die bis zu sechsmal so dunkel sind wie ihr normaler Hautton, empfiehlt die Lartey-Skala intensivere Wirkstoffe wie Retinoide, Tretinoin und weitere verschreibungspflichtige Mittel wie Hydrochinon (das die Melaninproduktion hemmen kann). Die aggressivere Herangehensweise bei der Behandlung von Pigmentflecken sollte aber unbedingt dermatologisch begleitet werden. Und bei allen Hauttönen gilt es, jeden Tag Sonnenschutz zu tragen, um die Haut vor schädlichen UV-Strahlen zu schützen und eine Verschlimmerung der Pigmentflecken zu verhindern. Ohne einen ausreichenden Sonnenschutz könntest du jeden Versuch, deine Pigmentflecken aufzuhellen, ruinieren, und die Flecken in manchen Fällen sogar verdunkeln.
Lassen sich Pigmentflecken auch auf dunklerer Haut weglasern?
Unter Menschen mit Schwarzer und Brauner Haut hatten Laserbehandlungen nicht immer den besten Ruf. Die Lasergeräte kommen gegen Aknenarben, Sonnenflecken, Melasma und weitere Hautprobleme zum Einsatz, sollen aber angeblich in dunklerer Haut zu Verbrennungen und Pigmentflecken führen. (Jahrelang dachte ich deswegen selbst, Laserbehandlungen seien für meinen dunklen Teint ein No-Go.) Technologische Fortschritte haben aber dafür gesorgt, dass es inzwischen auch immer mehr Laserbehandlungen für melaninreiche Haut gibt.
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Trotzdem sollte jede Laserbehandlung mit Vorsicht genossen werden, und immer nur unter der Aufsicht von vertrauenswürdigen Expert:innen, die Erfahrung im Umgang mit dunklerer Haut haben. „Deine behandelnde Person muss wissen, wie die Hitze auf dunkler Haut aussehen kann und wie Schwarze Haut aussieht, wenn sie verbrennt“, empfiehlt Lartey.
Warum ist die Behandlung von Pigmentflecken immer noch so stigmatisiert?
Der Schatten des Colorismus belastet alle Gespräche rund um Schwarze Haut und Hyperpigmentierung, und der Prozess der Behandlung und Aufhellung dunkler Pigmentflecken wird oft mit der Hautaufhellung und anderen Bleichungsmethoden verglichen. Einige sind der Meinung, der Wunsch nach einem Verblassen von natürlich auftretenden Pigmentflecken sei nur eine weitere Form der Vorstellung, hellere Haut sei „besser“. Die globale Hautaufhellungsindustrie soll bis 2024 fast neun Millionen Dollar wert sein und zielt vor allem auf Schwarze und Braune Frauen ab. Viele der Produkte landen unreguliert auf dem Markt, und der regelmäßige Gebrauch einiger Hautaufhellungsprodukte kann bleibende Schäden hinterlassen.
„Hydrochinon wird oft mit bleichenden Cremes verglichen, und obwohl dieser Wirkstoff durchaus in diesen Cremes enthalten sein kann, ist er nicht unbedingt ein Stoff zur Hautaufhellung“, erklärt Lartey, die betont, dass Schäden durch die korrekte Anwendung vermieden werden können. „Wenn ich mit meinen Kund:innen spreche, höre ich immer genau auf die Worte, die sie bei diesem Thema verwenden“, sagt sie. „Ich hatte schon Kund:innen, die ihren Hautton aufhellen wollten, und dann muss ich immer wieder klarstellen, dass meine Behandlung nur deine Pigmentflecken an deinen normalen Hautton angleicht.“
„Viele meiner Schwarzen und Braunen Kund:innen beschweren sich darüber, dass die Innenseite ihrer Oberschenkel oder ihr Intimbereich so dunkel sei. Dabei vergessen sie aber, dass diese Hautpartien im Laufe der Zeit nun mal dunkler werden, wenn die Beine oder andere Hautstellen aneinanderreiben“, ergänzt sie. „Du landest dann in einem Teufelskreis: Erst behandelst du den Bereich, aber dann kommt die Hyperpigmentierung zurück, wenn du deine Beine nicht davon abhältst, aneinanderzureiben. Und genau dann wird es potenziell gefährlich, weil du dann womöglich jemandem suggerierst, die Oberschenkel müssten dünner sein.“
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Der Wunsch nach einem „ebenen Teint“ ist in der Beauty-Welt inzwischen im Mainstream angekommen. Und auch in der Schwarzen Community gilt glänzende, porenfreie, faltenlose Haut als sehr spezifisches Schönheitsideal, dem wir alle gern entsprechen würden. Dabei ist dieses Ideal natürlich unrealistisch. Es ist quasi unmöglich, völlig makellose Haut zu haben – und Pigmentflecken sind eine der vielen unumgänglichen Konsequenzen des Lebens.
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