Die 81. Golden Globes waren der Startschuss der diesjährigen Award-Saison – und dieses Jahr ein Event voller Erfolge und Kontroversen zugleich. Obwohl die Jury mit ihren Preisverleihungen mehr Diversity denn je zelebrierte, kassierte der Moderator Jo Koy heftige Kritik für seine Kommentare, die als sexistisch und unangebracht gegenüber einigen Frauen im Publikum empfunden wurden.
„Oppenheimer basiert auf einem 721 Seiten langen, mit dem Pulitzerpreis ausgezeichneten Buch über das Manhattan Project, und Barbie auf einer Plastikpuppe mit großen Brüsten“, sagte Koy direkt zu Beginn seiner Moderation. „Die wichtigste Szene in Barbie ist der Moment, in dem sie sich von der perfekten Schönheit in eine Frau mit schlechtem Atmen, Cellulite und Plattfüßen verwandelt – also in das, was Casting Directors eine ‚Charakterrolle‘ nennen!“
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Als ob die Person hinter der Kamera genau wusste, worauf der Witz hinauslaufen würde, richtete sie die Linse daraufhin sofort auf die Gesichter der Barbie-Darsteller:innen und -Crew – inklusive der Co-Drehbuchautorin und Regisseurin Greta Gerwig, die den Witz kein bisschen lustig zu finden schien. Und als die Kamera dann zu Ryan Gosling alias Ken weiterwanderte, sah auch der eher unbeeindruckt aus.
Als Nächstes wandte sich Jo Koy der Pop-Ikone Taylor Swift zu (sein nächster Fehler) und witzelte: „Der große Unterschied zwischen den Golden Globes und der NFL? Bei den Golden Globes ist die Kamera seltener auf Taylor Swift gerichtet.“ Die Sängerin verzog keine Miene und nippte stattdessen an ihrem Wein, anstatt auch nur ansatzweise belustigt zu schauen.
"Barbie is based on a doll with big boobies."
— Will Spencer📽 (@Will_Spencer3) January 8, 2024
Cut to Greta Gerwig looking utterly disheartened at the way the movie she lovingly and tirelessly crafted is being blithely discussed.
Do better, #GoldenGlobes
Taylor Swift takes a sip of her drink after Jo Koy's joke about her at the #GoldenGlobes.
— Variety (@Variety) January 8, 2024
"The big difference between the Golden Globes and the NFL? At the Golden Globes, we have fewer camera shots of Taylor Swift." pic.twitter.com/d2TDVcUGv5
Obwohl seitdem sehr viel darüber gesagt und geschrieben wurde, dass Koy mit seinen Sprüchen völlig daneben lag und die Moral von Barbie damit nur nochmal bestätigte – indem er effektiv demonstrierte, wie unmöglich Frauen selbst heute noch behandelt werden –, sollten uns meiner Meinung nach auch einige Reaktionen des Publikums zu denken geben.
Während ich mich so durch die sozialen Medien scrollte, sah ich da nämlich viel zu viele Kommentare dazu, dass Pedro Pascal mit Witzen auf seine Kosten ja viel besser klargekommen sei als Greta Gerwig und Taylor Swift. „Genau so sollte man übrigens auf einen Witz reagieren“, schreibt jemand auf TikTok. „Schick das mal an Taylor Swift“, schreibt jemand anderes. „Das war lustig und traf total zu“, meint jemand.
Und obwohl sich viele zwar sofort auf die Seite der Frauen schlugen (man sollte sich niemals mit Leuten anlegen, die als Kinder mit Barbies gespielt haben und jeden Song aus Taylor Swifts Diskografie kennen), richteten sich interessanterweise keine Kommentare gegen Ryan Gosling, dessen Reaktion genauso ausfiel wie die der Frauen (und zu 100 Prozent berechtigt war). Seine Reaktion hinterfragte allerdings niemand.
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Wir sind in unserer Gesellschaft definitiv schon vorangekommen. Trotzdem ist es entmutigend, immer noch dieselben Stereotypen zu beobachten, die uns Frauen vorschreiben, wie wir auf Witze auf unsere Kosten reagieren sollten. Ein Mann darf bei einer Preisverleihung ruhig einem anderen ins Gesicht schlagen – aber wenn eine Frau nicht über einen sexistischen Witz lacht, hat sie wohl keinen Humor. Wir sollen gefälligst lachen. Lächeln. Freundlich sein. Immerhin ist das ja nichts Ernstes! Warum verstehen wir einfach keinen Spaß?! Um es mal mit Taylor Swifts eigenen Worten aus einem Interview mit CBS Sunday Morning zu sagen: „Ein Mann darf reagieren. Eine Frau kann nur überreagieren.“
Im selben Jahr, in dem das Mädchensein – unter anderem dank Barbie – so zelebriert wurde wie bisher nur selten, hielten es die Golden Globes für eine lustige Idee, jemanden auf die Bühne zu holen, der dort sexistische und frauenfeindliche Witze riss. Und trotzdem müssen wir Frauen uns Vorwürfe dafür anhören, dass wir Männern ihre Misogynie nicht durchgehen lassen. Hey, wenn es doch nur ein Witz ist, wieso lachen wir dann nicht? Vielleicht, weil er nicht witzig ist.
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