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„Acne Safe“: Wie TikTok Menschen mit Akne verunsichert

Foto: Rochelle Brock.
Im Beauty-Kontext gibt es einige Formulierungen, die sich erstmal gut anhören: „tierversuchsfrei“, „während der Schwangerschaft unbedenklich“ oder „frei von Chemikalien“, zum Beispiel. Obwohl viele dieser Behauptungen zwar durchaus eine wissenschaftliche Basis haben (Skincare-Wirkstoffe wie Retinoide und Hydroquinon können beispielsweise einem Fötus schaden), sind andere eher fragwürdig. (So ist zum Beispiel alles eine Chemikalie – sogar Wasser. Und auch pflanzenbasierte Kosmetik enthält Chemikalien.) Eine solcher Phrasen ist aktuell besonders beliebt – und das vor allem auf Beauty-TikTok: „acne safe“ – „für Akne geeignet“.
Wenn du regelmäßig auf TikTok unterwegs bist, bist du sicher auch schon über eine Handvoll Videos gestolpert, in denen Influencer:innen oder Beauty-Fans Produkte aufzählen, die entweder als „acne safe“ oder „not acne safe“ gelten, darunter auch Kultmarken wie CeraVe, The Ordinary und Byoma. Einige der Videos sind mit einem Disclaimer versehen, der erklärt, dass „not acne safe“-Produkte eher einen oder mehrere Wirkstoffe enthalten, die „Pickel verursachen“ können. Aber was soll denn dieses „acne safe“ überhaupt bedeuten – und kannst du diesem Begriff überhaupt vertrauen?
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Was ist „acne safe“-Skincare und -Make-up?

Die Dermatologin Dr. Anjali Mahto ist der Meinung, „acne safe“ sei nur ein anderes Wort für „nicht komedogen“ – und bedeute demnach, ein Produkt würde unwahrscheinlicher die Poren verstopfen oder Pickel auslösen. „Dabei geht es um die Skala der Komedogenität“, erklärt Dr. Mahto. Diese Skala reicht von 0 (nicht komedogen) bis 5 (am meisten komedogen, also porenverstopfend). „Diese Skala wird jetzt unter einem neuen Namen präsentiert, damit sich das Ganze neu und interessant anhört“, meint Dr. Mahto. „Acne safe“ oder deutsche Abwandlungen wie „für unreine Haut geeignet“ sind allerdings keine gesetzlich geschützten Begriffe, ergänzt sie. „Diese Formulierung erfüllt einen Werbezweck, hat aber keine echte Bedeutung.“

Kann ich „acne safe“-Beauty-Produkten vertrauen?

Weil „acne safe“ effektiv ein anderer Name für „nicht komedogen“ ist, lohnt es sich, den wissenschaftlicheren Begriff besser zu verstehen – und auch seine Schwächen. „Das Problem mit ‚nicht komedogenen‘ Produkten hat mit den Tests zu tun, die bestimmen sollen, ob ein Produkt die Poren verstopft oder nicht“, sagt Dr. Mahto. Bis vor einiger Zeit wurde das noch an Tieren getestet. Inzwischen finden solche Untersuchungen an menschlichen Freiwilligen statt, erzählt sie. „Typischerweise wird das Produkt dabei auf den Rücken aufgetragen, bevor die Haut abgedeckt wird. Dann wird untersucht, ob Probleme entstehen – wie kleine Mitesser.“
Der Nachteil eines solchen Tests ist der, dass dabei nur selten mehrere Hauttypen untersucht werden, meint Dr. Mahto. Noch dazu ist der Kreis der Freiwilligen oft sehr klein. „Außerdem unterscheidet sich die Haut am Rücken enorm von der Haut im Gesicht.“ Obwohl beide Körperpartien zwar Tausende Talgdrüsen enthalten, die Fett produzieren, kann ein Produkt auf deinem Gesicht (dessen Haut tendenziell empfindlicher und reaktiver ist) eine ganz andere Reaktion hervorrufen als auf dem Rücken.
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Dr. Mahto ergänzt, dass ein nicht komedogenes Produkt zwar durchaus besser für zu Pickel neigender Haut geeignet sein kann als eines, für das das nicht gilt. Allein der Stempel „nicht komedogen“ verrät dir aber nicht alles, was du wissen musst. „Die Komedogenitätsskala ist nicht sonderlich hilfreich, weil die Komedogenität letztlich doch von der Gesamtzusammensetzung des Produkts abhängt – nicht nur von seinen einzelnen Inhaltsstoffen“, erklärt Dr. Mahto. So kann es zum Beispiel sein, dass ein Wirkstoff allein deine Poren verstopfen könnte, aber in Kombination mit anderen Stoffen (innerhalb eines Make-up- oder Skincare-Produkts, zum Beispiel) keine komedogene Wirkung zeigt. Es spielt außerdem eine große Rolle, mit welchen anderen Produkten du es auf deiner Haut kombinierst. Ebenso wichtig ist die Konzentration der einzelnen Wirkstoffe. Manche Chemikalien sind in hoher Konzentration vielleicht porenverstopfend – in geringeren Mengen aber weniger.

Kann meine Ernährung Akne verschlimmern?

Der „acne safe“-Trend beschränkt sich inzwischen nicht nur auf Skincare, sondern kann auch zu gefährlichen Ernährungsgewohnheiten führen. Ein kurzes Scrollen unter dem Hashtag liefert uns zahllose Videos, in denen bestimmte Lebensmittel oder Mahlzeiten als „acne safe“ angepriesen, andere hingegen als „not acne safe“ kritisiert werden. Auch Dr. Mahto hat diesen Zusammenhang beobachtet und bereits von Patient:innen gehört, sie hätten Milchprodukte, Gluten und/oder Zucker aus ihrer Ernährung gestrichen, um reine Haut zu bekommen. Viele von ihnen hatten ihre Ernährung so weit eingeschränkt, dass das Ganze schon zur ungesunden Besessenheit geworden war. Und obwohl es zwar durchaus Indizien für einen Zusammenhang zwischen Akne und Lebensmittel mit einem hohen glykämischen Index (GI) gibt, erklärt Dr. Mahto, dass die Gleichung „bestimmte Lebensmittel = Akne“ nicht immer stimme. Akne ist multifaktoriell: Viele Faktoren können dabei eine Rolle spielen – wie zum Beispiel Gene, Hormone, Stress und Skincare.
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Wenn du Akne hast, empfiehlt Dr. Mahto, dir professionelle ärztliche Hilfe zu suchen – ob nun von Hausärzt:innen oder Dermatolog:innen –, anstatt dir selbst eine Diagnose zu stellen und ganze Lebensmittelgruppen aus deiner Ernährung zu streichen.

Welche Beauty-Expert:innen sind wirklich vertrauenswürdig?

Weil es keine juristische oder wissenschaftliche Definition für „acne safe“ gibt, ist der Begriff weitestgehend bedeutungslos, meint Dr. Mahto und ergänzt, dass sich Vorsicht im Umgang mit Social Media auch dahingehend immer auszahlt. TikTok und Co. können eine tolle Wissensquelle sein, sind aber nicht immer die beste Anlaufstelle für medizinischen Rat. Daher rät Dr. Mahto, selbst zu recherchieren und zu hinterfragen, woher du deine Informationen eigentlich hast. Sie fügt hinzu, dass du dir dein Skincare-Wissen immer von vertrauenswürdigen Quellen holen solltest – sprich: von qualifizierten Expert:innen mit wissenschaftlichem Hintergrund. „Das müssen keine Hautärzt:innen sein“, betont sie. „Es können auch kosmetische Wissenschaftler:innen oder Kosmetikentwickler:innen sein – Menschen, die dir Produkte von einem wissenschaftlicheren Standpunkt aus empfehlen können.“ Es geht nämlich nicht nur darum, wie ein Produkt auf deiner Haut wirkt, sondern auch darum, wie es zusammengesetzt ist, meint Dr. Mahto.
Wenn du noch nicht weißt, wem du dazu folgen solltest, empfehlen wir die kosmetische Chemikerin und Kosmetikerin Esther Oluwaseun (alias The Melanin Chemist auf Instagram), die kosmetische Wissenschaftlerin Jennifer Novakovich (The Eco Well), Allison Turquoise, zuständig für die Zusammensetzung kosmetischer Produkte, den kosmetischen Chemiker Ramón Pagán und die Kosmetikerin Alicia Lartey. Vertrauenswürdige Dermatologinnen mit einer Vorliebe für Beauty-Produkte sind Dr. Mahto selbst und die amerikanische Dermatologin Dr. Shereene Idriss.
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Welche Produkte und Inhaltsstoffe sollte ich mit Akne vermeiden?

Jede Haut ist anders. So sorgt feuchtigkeitsspendende Sheabutter bei manchen zum Beispiel für verstopfte Poren, zaubert anderen aber wunderschöne Haut. Dr. Mahto zufolge kann es helfen, nach Produkten mit den Bezeichnungen „oil-free“/„nicht fettend“ oder „mattierend“ Ausschau zu halten. Ein weiterer grundlegender Tipp ist der, dir erstmal eine Probe des Produkts zu besorgen, bevor du Geld dafür ausgibst, und es auf deiner Haut zu testen. „Wenn es sich dickflüssig und schwer auf deiner Haut anfühlt und du zu Pickeln neigst, wird es deiner Haut vermutlich weniger gefallen. Wenn es aber eine gelartige Textur hat und ganz leicht auf der Haut liegt, kann sie damit eventuell besser umgehen.“ Wenn du dennoch überfordert bist, kannst du natürlich auch nach dem Label „nicht komedogen“ (non-comedogenic) suchen, meint Dr. Mahto.
Zu guter Letzt: Kann man Produkt-Reviews jemals wirklich vertrauen? „Wir haben alle schon die Storys von Marken gehört, die ihre Angestellten dazu gezwungen haben, falsche Bewertungen zu schreiben“, meint Dr. Mahto. „Wenn du dir die Reviews dann doch durchliest (und ich muss zugeben, dass ich das auch mache), dann schau, wie viele Kommentare das Produkt hat.“ Wenn es Abertausende sind, kannst du dieser Meinung vielleicht eher vertrauen, als wenn es nur ein paar Dutzend Reviews sind.
Generell gilt: Versuch der Macht der Werbung zu widerstehen. Die besten Beauty-Produkte – ob nun Make-up oder Hautpflege – sind nämlich die, die dir gefallen. Wenn du also einen Moisturizer benutzt, der nicht als „acne safe“ gilt, aber für dich gut funktioniert, ist es überhaupt nicht nötig, in Zukunft auf ihn zu verzichten.
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