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Hyperhidrose: Ich habe mir Botox ins Gesicht spritzen lassen, um nicht mehr zu schwitzen

Illustration: Anna Sudit.
Mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zu fahren, macht selten wirklich Spaß, aber im Hochsommer ist das noch mal eine ganz andere Geschichte. Während ich so zwischen stinkenden Achselhöhlen, vollgepackten Rucksäcken und Fahrrädern von fremden Menschen stehe, merke ich, wie Schweißperlen über meine Haut kullern. Erst an meiner Schläfe, ein paar Sekunden später wird meine Nase nass, dann staut sich alles über meinen Lippen und ich merke, wie sich meine Foundation langsam, aber sicher von meinem Gesicht verabschiedet. Als der erste Tropfen runterlief und mir aus purer Panik immer heißer wurde, überlegte ich, wo ich in aller Welt mein Make-up auffrischen kann, bevor ich zum wichtigen Meeting gehe. Als der Zug ruckartig anhält und ich aufschaue, nehme ich auf einmal versehentlich Augenkontakt mit einem anderen Pendler auf. Er sieht, wie verschwitzt mein Gesicht ist, und ich würde am liebsten im Boden versinken.
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Unser Körper enthält irgendwas zwischen zwei und fünf Millionen Schweißdrüsen – mit einer höheren Dichte an den Achselhöhlen, Handflächen, Fußsohlen und im Gesicht. Wenn uns heiß wird, reagiert unser Nervensystem indem es unsere Atmung und unsere Durchblutung anpasst. Unsere Schweißdrüsen werden aktiviert und sie beginnen, Wasser und chemische Verbindungen abzusondern, um uns zu kühlen.
Ich bin eine von zwei Millionen Menschen in Großbritannien, die unter übermäßiger Schweißproduktion, im Medizinischen auch Hyperhidrose genannt, leiden. Bei manchen tritt sie am ganzen Körper auf, bei anderen – wie mir – an ein oder zwei Regionen. Ich bin eigentlich nicht schüchtern, aber wenn mein Gesicht komplett verschwitzt ist, verhalte ich mich manchmal so. Ich habe Partyeinladungen abgelehnt, weil es in der Location keine Klimaanlage gab. Ich habe Männer, die ich attraktiv fand nicht angesprochen und mir Networking-Chancen entgehen lassen. Und das alles nur, weil ich nicht angeschaut werden möchte, wenn ich schwitze.
Nach Jahren der Verlegenheit hatte ich irgendwann genug. Und weil ich leider nicht in einer klimatisierten Blase leben kann, suchte ich nach einer anderen Lösung. Einer der Vorteile davon, eine Beauty-Journalistin zu sein, ist, Kontakte zu den besten Fachärzt*innen für ästhetische Medizin zu haben. Also bat ich Dr. Maryam Zamani mir einen Ratschlag zu geben.
„Der Bestandteil, der in der Industrie am häufigsten bei Anti-Transpiranten verwendet wird, ist Aluminium“, sagt sie. „Es wirkt zwar am Körper sehr gut, aber für das Gesicht ist es eher nicht so gut geeignet, da die Haut dort empfindlicher ist, wodurch Hautirritationen und Pickelchen schneller entstehen können“. Es gibt zwar auch verschreibungspflichtige Arzneimittel, aber die Liste der möglichen Nebenwirkungen ist lang – von einem trockenen Mund über Verstopfungen bis hin zu Einschränkungen beim Sehen. Das macht sie natürlich nicht gerade attraktiv. Es gibt aber noch eine dritte Option: Botox. Das ist eine sichere, effektive Methode – vorausgesetzt natürlich, dass es richtig gehandhabt wird.
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Botox wird in der Kosmetikbranche traditionell dafür verwendet, Fältchen im Gesicht verschwinden zu lassen, in dem es die für die Linien verantwortlichen Gesichtsmuskeln vorübergehend lähmt. Es stoppt die Neurotransmitter, welche den Muskeln den Impuls geben, sich zusammenzuziehen.
Ähnlich verhält es sich bei der Behandlung gegen übermäßiges Schwitzen. Allerdings wird hier das Botox nicht in die Muskeln, sondern unter die Haut gespritzt, damit die Neurotransmitter die Schweißdrüsen nicht aktivieren.
Der Ablauf
Nachdem mir Dr. Zamani versichert hat, dass ich nach der Prozedur nicht einfach mehr an anderen Körperstellen schwitzen würde, entschied ich mich, einen Termin in der Cadogan Clinic in London zu machen. Da keine Betäubungscreme verwendet wird, machte mir der Gedanke, mehrere Injektionen in mein Gesicht zu bekommen etwas Angst. Im Nachhinein hätte ich mir gar keine Sorgen machen müssen. Dr. Zamani und ich besprochen zunächst, an welchen Stellen ich am meisten schwitze – an meiner Nase, meiner Oberlippe und den Schläfen – und dann machte sie sich ans Werk.
Sie spritze mir 60 Einheiten ins Gesicht, was in etwa die gleiche Menge Botox ist, die man bei einer Faltenbehandlung in eine bestimmte Gesichtspartie injiziert bekommt. Es dauerte weniger als zehn Minuten und war relativ schmerzfrei. Ich konnte es kaum erwarten, in die U-Bahn zu springen und es auszutesten, aber Dr. Zamani erklärte mir, dass es etwa eine Woche dauert, bis die Wirkung einsetzt.
Das Ergebnis
In der darauffolgenden Woche fuhr ich ins sonnige Lissabon für den ultimativen Test. Ich fragte mich, wie es sich wohl anfühlen wird, durch die heiße Stadt zu schlendern. Die Antwort: Leider nicht so gut wie ich es mir erträumt habe. Vielleicht bin ich auch etwas naiv an die Sache herangegangen, denn ich dachte, dass ich in den nächsten drei bis sechs Monaten einfach gar nicht mehr im Gesicht schwitzen würde. Aber bei meinem ersten Spaziergang durch die City musste ich feststellen, dass das nicht der Fall war. Okay, es waren 30 Grad und ich schwitze nicht so viel wie sonst, und doch war ich ein bisschen enttäuscht.
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Ich bat Dr. Zamani um Rat und sie erzählte mir, dass es ganz normal wäre, dass ich bei körperlicher Betätigung weiterhin ein wenig schwitze. Außerdem erklärte sie, dass es unglaublich wichtig ist, Botox mit Bedacht im Gesicht zu verwenden, denn wenn es zu den Muskeln durchsickert, kann es zu Asymmetrien kommen. Schiefe Augenbrauen klingen für mich nicht gerade verlockend, also war ich froh, dass sie vorsichtig vorgegangen war. Außerdem gibt es ja immer noch die Möglichkeit, sich noch mal spritzen zu lassen, falls es nötig ist.
Ein paar Tage später hatte ich ein erstes Date. Im Sommer trage ich mein Make-up normalerweise bei laufendem Ventilator auf, weil ich sonst einfach zu viel schwitze. In Lissabon hatte ich aber keinen Ventilator. Doch zu meiner Überraschung brauchte ich auch gar keinen. Auf dem Weg zu der Bar, in der wir uns trafen, wurde ich langsam nervös – doch mein Gesicht blieb verhältnismäßig trocken. Als ich ankam und aus dem Taxi stieg, rutschte ich fast auf dem Kopfsteinpflaster aus. Ich fuchtelte mit den Armen herum und war ganz panisch, als ich ihn erblickte. Er sah mir direkt in die Augen. Warum hatte er nicht oben auf mich gewartet, wie wir es ausgemacht hatten? Ich war mir sicher, dass ich durch die Scham, die ich fühlte, jeden Moment in Schweiß ausbrechen würde. Aber mein Gesicht blieb trocken!
Auch, wenn ich leider nichts gegen meinen Hang zur Tollpatschigkeit oder Nervosität machen kann, muss ich mir dank Botox wenigstens keine Gedanken mehr über ein verschwitztes Gesicht machen – ein Grund weniger also für peinlich berührt zu sein.
Die hier vertretenen Ansichten sind ausschließlich die der Autorin und stellen in keiner Weise eine Empfehlung durch Refinery29 dar.
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