Vor einiger Zeit habe ich über Badezimmer geschrieben. Es ging in diesem Artikel jedoch nicht um irgendwelche Badezimmer. Es ging um die Waschoasen hedonistischer Großstädter, deren einziger Sinn darin zu bestehen scheint, dass man sich sehr schlecht fühlt, wenn man sie als Gast aufsucht.
Natürlich soll es jeder*m selbst überlassen sein, für wie viel Geld sie*er neben der Drückerseife noch das nötige Prestige dazu kauft. Gleiches gilt für Zahnpasta, Duftkerze und Klopapierrollenaufbewahrung. Es hat doch aber recht bizarre Ausmaße angenommen und harte Zeiten schreien nach lösungsorientierten Ideen. Warum also nicht einfach mal pfiffig sein, und so tun als ob. Mir kann nämlich niemand erzählen, dass Aesop die einzigen sind, die ihre Drückerseife in braunen Flaschen mit schwarzem Deckel abfüllen. Da muss es noch mehr geben. Gleiches gilt für Tiegelchen und Fläschchen anderer Marken.
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Wir haben also den Test gewagt und sind mit ein bisschen Kleingeld in der Tasche zu dm marschiert und haben die Regale nach Produkten abgesucht, die in jedem Fall unter zehn Euro kosten, deren Verpackung sie aber locker nach mindestens dem doppelten Betrag aussehen lassen. Zumindest auf den ersten Blick. Blenden ist heutzutage schließlich alles. Und wer hier und da nicht ein wenig trickst, ist selbst schuld.
Objekt Nummer eins ist eine Rhabarber-Handseife von Jean&Len, die optisch doch sehr stark an alte Bekannte erinnert, oder? Mit abgezogenen Etikett fällt der Schwindel nur noch wirklich hartgesottenen Profis auf. Da aber auch beim Original oft nicht drin steckt, was drauf steht, sind wir ziemlich safe.
Jean&Len, Handseife Rhubarb+Raspberry, 4,95 €, erhältlich bei dm
Bei Objekt Nummer zwei handelt es sich im die massentaugliche Eigenmarke Balea von dm. Und massentauglich? Das geht für Menschen mit Sinn für Ästhetik und Qualität schon mal gar nicht. Unser Kräuterbad Lavendel macht allerdings ohne Etikett einen so geheimnisvollen und alchemistischen Eindruck – da wird die Frage nach dem „Woher” mit Sicherheit schnell fallen.
Balea, Kräuterbad Lavendel, 0,95 €, erhältlich bei dm
Objekt Nummer drei ist zugegebenermaßen etwas gefährlich. Denn der Tiegel mit dem Repair Cream von (Tusch) Balea ist weder schwarz noch braun noch weiß. Doch ist dieses Produkt ein Lehrstück in Sachen Colourblocking. Sind die Farben untereinander stimmig, denkt sich unser Auge „ach, fein!” Und fühlt sich in diesem ausgeglichenen Anblick direkt wohl. Könnte doch fast ein Produkt von Christophe Robin zum zehnfachen Preis sein, oder?
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Balea, Professional Creme-Kur Oil Repair, 2,95 €, erhältlich bei dm
Objekt Nummer vier hat es wirklich in sich. Denn hier, so möchte ich behaupten, sieht wirklich niemand den Unterschied, es kann einfach nicht sein. Das Gesichtsöl von naturschön sieht so dermaßen teuer aus, wie man es sich von einem ordentlichen Gesichtsöl, mit dem man auch angeben kann, nur wünscht. Dunkles Glas, schwarze Pipette … mehr braucht es nicht. Und das beste ist: dieses Gesichtsöl besteht auch den Geruchstest von besonders neugierigen Gästen.
naturschön, Gesichstöl, 6,95 €, erhältlich bei dm
Objekt Nummer fünf ist wieder eine härtere Nuss. Zugegeben, Blau ist vielleicht nicht die beliebteste Farbe, wenn es um hochpreisige Kosmetikartikel geht. Doch vielleicht bist du ja allen anderen eine Nasenlänge voraus? Vielleicht weißt du heute schon, dass morgen alle nur noch Pflegeprodukte kaufen, die blau verpackt sind? Schließlich hast du ja auch diese teuren Öle und Handseifen in deinem Badezimmer stehen. Du wirst ihre Hirne zum Rauchen bringen!
Balea, Professional 5in1 Pflege Spray, 2,95 €, erhältlich bei dm
Der Joker. Wir wollen den Joker nicht vergessen. Wer etas auf sich hält, der*die reinigt sein Gesicht nicht mit seinen bloßen Händen, nein. Es muss ein Konjakschwamm sein, mit dem wir in kreisenden Bewegungen den Schmutz des Tages abreiben. Wer hier die Wahl hat, zwischen zwei identischen Produkten mit einem Preisunterschied von rund 18 Euro, der greift natürlich zum teureren Exemplar. Einfach weil. Nicht so wir. Wir kaufen das günstige Produkt von dm und klatschen innerlich in die Hände, weil den Unterschied wirklich niemand bemerkt.
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ebelin, Konjacschwamm grüner Tee, 2,45 €, erhältlich bei dm
Und so schnell wird aus einem Badezimmer im Wert von rund 20 Euro ohne Etiketten ein Badezimmer im Wert von gefühlt mindestens 100 Euro. Mindestens, weil es gibt IMMER noch Luft nach oben. Nur, da machen wir nicht mit. Denn wir kennen die Tricks und Kniffe des Etikettenschwindels. Ha.
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