In der Vergangenheit hat Outdoor-Sport eher weiße Männer angezogen. Frauen sind dort immer noch unterrepräsentiert, vor allem wenn sie PoC, Mütter und/oder Plus Size sind. Doch nach und nach finden sich mehr Sportlerinnen, die an diesem Status Quo rütteln.
Amira Patel, Shareefa J und Caroline Ciavaldini sind die The North Face-Athletinnen, die Berge versetzen, um Outdoor-Sport zugänglicher zu machen. Beim Refinery29 x The North Face-Panel haben die drei Frauen unter dem Titel „Never Stop Exploring“ darüber gesprochen, was sie tun, um anderen Frauen den Weg in den Sport zu ebnen. Dessen Einfluss auf ihre eigenen Leben war enorm – von Scheidungen bis hin zu Kämpfen mit dem eigenen Selbstbild.
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Shareefa J, 31, ist ein Britisches Model, Aktivistin für Themen rund um mentale Gesundheit, Läuferin und Naturliebhaberin. Sie nutzt ihre Plattform, um sich für Body Positivity und inklusive Größen im Sport, der Mode und der Werbung einzusetzen. 2019 ist Shareefa in ihrer Unterwäsche für wohltätige Zwecke beim London Vitality 10-km-Lauf mitgelaufen. So fand sie ihren Weg zum Sport: „Ich bin davor nie gelaufen. Die ganze Zeit lang dachte ich mir nur: „Was habe ich mir da eingebrockt?’“
Was Shareefa überzeugt hat, war die elektrisierende Atmosphäre und das Gefühl, willkommen zu sein. Seitdem hat sie sich etlichen weiteren sportlichen Herausforderungen gestellt: ein Halbmarathon, ein Super-Sprint-Triathlon, ein 500-Meter-Schwimmen in offenem Gewässer (nachdem sie sich selbst als Erwachsene das Schwimmen beigebracht hat), der London Marathon, sowie ein Radrennen in London über 100 Meilen – dafür hat sie innerhalb eines Monats gelernt, Rennrad zu fahren.
Der größte Erfolgsmoment dieser Herausforderungen war, wie Shareefas Selbstwahrnehmung sich verwandelt hat, vor allem, weil ihr Aussehen in ihrer Karriere als Plus-Size-Model so im Zentrum steht. „Wenn du dich diesen Herausforderungen stellst, interessiert dich das alles nicht mehr, weil dir das nicht weiterhilft.“
Dennoch sieht sich Shareefa wegen ihres Körpers immer noch Kritik ausgesetzt. „Wenn ich sage, dass ich bei einem 10-km-Lauf oder bei einem Marathon mitmache, mustern mich manche Leute erstmal und fragen dann: ,Sicher, dass du das schaffst?’“. Für Shareefa sind solche ignoranten Bemerkungen der Antrieb bei ihren Läufen. „Ich wünschte mir, dass ich nicht das Gefühl hätte, anderen etwas beweisen zu müssen. Gleichzeitig bin ich froh, eine Plattform zu haben, mit der ich Leuten zeige, was alles möglich ist.“
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Was würde sie anderen Frauen sagen, die mit dem Sport anfangen wollen? „Oft sehen wir sportliche Herausforderungen und denken uns: "Ich muss erst so und so sein, bevor ich das versuchen kann. Wir haben diese mentalen Blockaden, weil wir immer versuchen, perfekt zu sein.“ Shareefas Rat? „Es muss nicht perfekt sein – peile 7 von 10 Punkten an. Du hast das gleiche Recht, dabei zu sein, wie alle anderen auch.“
Caroline, 36, ist eine professionelle Bergsteigerin aus Frankreich, die im Alter von 12 Jahren mit dem Klettern angefangen hat. Mit 17 stand sie zum ersten Mal bei einer Weltmeisterschaft auf dem Podium. Danach folgte ein Jahrzehnt voller Erstbesteigungen. Inzwischen kombiniert sie Muttersein mit Abenteuern und Familientrips, die sie auf @onceuponaclimb dokumentiert.
„Hätte ich in meinem Leben keinen Sport, wäre ich nicht auszuhalten“, sagt Caroline. "Ich bin dadurch viel ruhiger.“ Was sie am Bergsteigen am meisten mag, ist die Intensität, mit der sie sich konzentrieren muss. „Es ist so, als würdest du verschwinden und dann wieder ins Leben zurückkehren, wenn du mit dem Klettern fertig bist.“
Caroline hat in ihrer Schulzeit auf La Réunion mit dem Bergsteigen angefangen, weil es ein Pflichtfach war. Seitdem hat sie eine Weltmeisterschaft gewonnen und ist als erste Frau die Voie Petit auf dem Grand Capucin geklettert. Sie war außerdem die erste Bergsteigerin auf dem Quarryman in Nordwales.
Inzwischen haben sie und ihr Ehemann James Pearson, der ebenfalls Hochleistungssportler ist, zwei Kinder . Eine Balance zwischen Familienleben und dem Sport zu finden, ist „definitiv nicht leicht“, sagt Caroline. „Aber so geht’s allen Eltern.“
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Der Mangel an Schlaf, Zeit und Energie sowie die körperlichen Veränderungen sind eine Herausforderung. „Mir war erst nicht bewusst, wie unfit du wirst , wenn du schwanger bist. Ich habe trainiert, seitdem ich 12 Jahre alt war. Die verlorene Körperspannung wieder aufzubauen, war hart.“
Caroline findet, dass mehr getan werden muss, um Frauen und Mädchen zu motivieren, mit dem Outdoor-Sport anzufangen. Darum brennt sie so für ihre Arbeit mit The North Face. „Von klein an werden sie nicht dazu angefeuert, Großes zu schaffen. Sie sind so behütet und werden viel kleiner gehalten als Männer . Risiken einzugehen gehört zum Leben und alle sollten lernen, damit umzugehen, um mehr Spaß daran zu haben.“
Manchmal verlieren Frauen ihre Hobbys, nachdem sie Kinder bekommen. „Mir ist aufgefallen, dass viele Freundinnen ihre Leidenschaften vergessen, wenn sie Familien gründen. Sie finden nicht mehr die Zeit dafür und verlieren sich ein bisschen.“
Um mehr Frauen für Outdoor-Sport wie Bergsteigen zu begeistern, organisiert Caroline Grimpeuses, eine französische Event-Reihe für Bergsteigerinnen. „Wir brauchen mehr solcher Veranstaltungen. Du siehst die Leute lächeln und sie sind nach dem Tag viel motivierter.“
Amira, 29, ist eine Wanderin aus Manchester und Gründerin von The Wanderlust Women, einer Community für Musliminnen mit dem Ziel Outdoor-Sport diverser zu machen. Als Kind war sie gern in der freien Natur, aber nachdem sie anfing, den Niqab zu tragen, hat sie sich weniger willkommen gefühlt. Daher hat sie eine Gruppe für Gleichgesinnte gegründet.
Amiras Mutter hat sie und ihren Bruder schon früh zum Radfahren, Schwimmen und zu anderen Hobbys motiviert. „Das haben nicht viele Kinder gemacht, mit denen wir aufgewachsen sind“, erinnert sie sich. Sie hat das erste Mal mit dem Wandern angefangen, nachdem ihre Mutter nach deren Scheidung Mitglied einer Wandergruppe wurde. Um wertvolle Zeit zusammen zu verbringen, hat sie damals ihre Tochter zu den Ausflügen mitgenommen.
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Als sich Amira vor sechs Jahren selbst hat scheiden lassen, war das ihr Anlass, ihr Können auszubauen. „Das Wandern und die Natur wurden zu meinem Heilungsraum. Dort konnte ich zum ersten Mal richtig zu meinem Glauben finden.“ Sie hat eine Liste an Bergen zusammengestellt, die sie besteigen wollte, und sich dann zu einer Solo-Backpacking-Tour aufgemacht.
Amira hat „The Wanderlust Women“ gegründet, weil die freie Natur sie selbst so beeinflusst hat. Ihr Ziel? Einen Raum für muslimische Frauen zu schaffen und sie dazu zu inspirieren, nach draußen zu gehen. „Neue Normalitäten zu schaffen und für Repräsentation zu sorgen, ist so wichtig“, sagt sie. Für ihre Mitglieder ist das Gefühl dazuzugehören, eine transformative Erfahrung.
Die gemeinsame Expedition zum Jbel Toubkal in Marokko ist Amiras bisher größtes Erfolgserlebnis. Die Frauen haben sich bis zum Gipfel die ganze Zeit gegenseitig unterstützt. „Die Guides meinten, sie haben noch nie eine Gruppe von Frauen gesehen, die so widerstandsfähig und stark sind. Wir waren außerdem die erste muslimische Gruppe Bergsteigerinnen, die sie getroffen haben“, so Amira.
Was Amira am Outdoor-Sport am meisten mag, ist die Gelegenheit, sich aus dem modernen Leben ausklinken und wieder eine Verbindung zur eigenen Spiritualität aufzubauen. „Wenn du in der Natur bist, ganz egal was du dabei tust, findest du endlich Zeit, einfach nur zu atmen und bewusst alles wahrzunehmen.“ Amira findet in dieser Umgebung zu Gott zurück.
Trotz des positiven Einflusses, den sie auf die Community hat, erlebt Amira weiterhin Diskriminierung, weil sie sich als eine muslimische Woman of Colour in der mehrheitlich weißen und männlichen Welt des Outdoor-Sports bewegt. Sie weiß mit den Online-Trolls, den Mikro-Aggressionen, den feindseligen Blicken und Kommentaren umzugehen, indem sie sie ignoriert. Selbst andere Menschen in der muslimischen Community haben sie schon kritisiert. „Ich bin dadurch viel stärker geworden und kann so noch mehr erreichen.“
Amira ist sich der Barrieren sehr bewusst, die Frauen davon abhalten, mit einem Sport wie dem Wandern anzufangen. Sei es ein Mangel an Ausrüstung, finanzielle Hürden oder das Leben in Innenstädten, das die Leute vom Outdoor-Sport abhalten.
Ihr Rat an Frauen, die ihr in den Sport folgen wollen, lautet: klein anfangen. „Schließ dich einer kleinen Gruppe an und geh dort mit. Falls das nicht geht, suche dir örtliche Grünanlagen raus und spaziere dort. Nimm vielleicht Freund : innen mit oder geh alleine, wenn du dich damit wohlfühlst. Und dann machst du einfach weiter.“
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