Während meiner abendlichen TikTok-Scroll-Session stolperte ich über ein Video einer Personal Trainerin, die erklärte, dass sich der Menstruationszyklus ziemlich interessant auf die eigene Fitness auswirken kann. Abhängig davon, in welcher Zyklusphase du dich gerade befindest, kannst du dich demnach beim Sport entweder stärker und fitter oder schwächer und schlapper fühlen. Dieses Auf und Ab ist dabei aber total normal.
Sobald ich das hörte, dachte ich an mein morgendliches Workout zurück, bei dem ich mich aus irgendwelchen Gründen schwächer gefühlt hatte als sonst. Ich hatte leichtere Gewichte stemmen und langsamer laufen müssen, weil ich den Eindruck gehabt hatte, die ganze Stärke, die ich noch vor einer Woche in meinem Körper gespürt hatte, sei einfach verpufft. Und plötzlich ergab alles Sinn: Ich hatte eine neue Phase im Menstruationszyklus erreicht – und konnte die hormonellen Schwankungen bei meinem Workout spüren.
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Weil ich neugierig darauf war, wie ich meinem Zyklus entsprechend trainieren konnte – vor allem, weil ich mich gerade auf einen Halbmarathon vorbereitete –, meldete ich mich bei der Nike-Lauftrainerin Lydia O’Donnell, die mir im Detail erklärte, was sich in meinem Körper während der einzelnen Menstruationsphasen so abspielte.
Als menstruierender Mensch ist es superwichtig, den eigenen Körper genauer zu kennen, meint Lydia. „Indem du deinen Zyklus verfolgst und die hormonellen Schwankungen verstehst, die sich im Laufe dieses Kreislaufs abspielen, kannst du dein Training an diese Schwankungen anpassen und das Beste aus der weiblichen Physiologie herausholen.“
Dadurch stellst du sicher, dass du deinem Körper genau das gibst, was er gerade braucht – und wann er es gerade braucht. Durch diese ganzheitlichere Herangehensweise an dein Training baust du eine gesündere Beziehung zwischen deinem Körper und seiner Bewegung auf.
Trotzdem sollte ich an dieser Stelle eines betonen: Jede menstruierende Person ist anders. Deswegen solltest du beim Befolgen dieser Ratschläge immer darauf hören, was dir dein eigener Körper gerade mitzuteilen versucht.
Die Follikelphase
Sehr wahrscheinlich fühlst du dich während der Follikelphase am stärksten und fittesten. Die Follikelphase ist die erste Hälfte deines Menstruationszyklus’ (Tag 1 ist der erste Tag deiner Periode) und dauert bis zum Eisprung an (in einem durchschnittlichen 28-Tage-Zyklus ergibt sich dieser rund um den 14. Tag).
„Die Follikelphase wird von Östrogen bestimmt. Zu diesem Zeitpunkt erreicht das weibliche Sexualhormon Progesteron seinen niedrigsten Spiegel. Östrogen hat eine anabole Wirkung – das heißt, es hilft dir dabei, Muskeln aufzubauen, und ermöglicht dem Körper eine bessere Lagerung von Glykogen“, erklärt Lydia.
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In anderen Worten: Du hast jetzt einen leichteren Zugang zur Energie, und dein Körper erholt sich schneller und besser von deinen Workouts. Das ist daher vermutlich die Phase des Monats, in der du das Gefühl hast, all deine Fitnessziele mühelos erreichen zu können.
Welche Art von Sport eignet sich für die Follikelphase?
Während der Follikelphase rät Lydia dazu, dich ruhig selbst herauszufordern (wenn du darauf Lust hast). „Das ist eine ideale Zeit, um den Körper an seine Grenzen zu bringen. Durch den Anstieg des Östrogenspiegels während des Eisprungs eignen sich jetzt intensivere Workouts, die deinen Puls zum Rasen bringen.“ Konkret heißt das: HIIT (hochintensives Intervalltraining), AMRAP-Trainings („AMRAP“ steht für „as many reps/rounds as possible“, also „so viele Wiederholungen/Runden wie möglich“), schnelle Sprints und andere hochanstrengende Workouts.
Dennoch kannst du dich natürlich während jeder Zyklusphase selbst körperlich herausfordern – vorausgesetzt, du fühlst dich körperlich und geistig dazu bereit.
Wenn du während dieser Phase noch mit abklingenden Menstruationsbeschwerden zu kämpfen hast, kann es während der ersten Tage helfen, es beim Sport etwas sanfter angehen zu lassen. So lassen sich Krämpfe und andere Symptome nämlich sogar lindern, meint Lydia.
Die Ovulationsphase
Die Ovulationsphase setzt rund um den 12. bis 15. Tag ein (direkt nach deinem Eisprung), und hier geht es stark weiter. Das Östrogen erreicht dabei seinen Höhepunkt, und eine Eizelle wird freigesetzt.
Gleichzeitig erleben wir hierbei einen kleinen Testosteronschub. Beide dieser hormonellen Höhepunkte helfen dem Körper dabei, Muskeln aufzubauen und erleichtern ihm die Lagerung von Glykogen – wie auch schon in der Follikelphase.
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Welche Art von Sport eignet sich für die Ovulationsphase?
Während der Ovulationsphase empfiehlt Lydia weiterhin intensivere Workouts (HIIT und Tabata, zum Beispiel). Diese Phase ist außerdem super dafür geeignet, deine Stärke zu verbessern; wenn du also gerne Gewichte stemmst, ist jetzt der Zeitpunkt gekommen, dir noch ein paar Kilo mehr auf die Hantel zu klemmen.
Die Lutealphase
Von allen Menstruationsphasen kann die Lutealphase eine der größten Herausforderungen sein, was das Training angeht. Das liegt daran, dass diese Phase von unserem weiblichen Sexualhormon, dem Progesteron, bestimmt wird – wodurch wir uns jetzt deutlich schlapper fühlen können als während anderer Wochen im Zyklus.
„Progesteron hat eine katabole Wirkung. Das heißt, es baut Muskeln ab, anstatt sie aufzubauen. Der individuelle Progesteronspiegel kann stark zwischen einzelnen Menschen schwanken. Manche Menstruierende haben sechsmal so viel Progesteron wie andere. Dieser Spiegel kann auch beeinflussen, wie stark deine prämenstruellen Symptome (PMS) ausfallen“, erklärt Lydia.
Weil der Progesteronspiegel während dieser Phase steigt und rund um den 25. Tag wieder sinkt, leiden viele Menstruierende rund um diese Zeit unter Müdigkeit, Kopfschmerzen, Krämpfen, und so weiter.
Welche Art von Sport eignet sich für die Lutealphase?
Weil das prämenstruelle Syndrom (PMS) und seine Symptome während dieser Phase im Zyklus am stärksten ausgeprägt sind, ist es wenig überraschend, wenn du dich jetzt nicht sonderlich stark und motiviert fühlst.
Erholung ist ein wichtiger Bestandteil jedes Trainingsprogramms – aber vor allem während der Lutealphase, meint Lydia. „Wenn das Progesteron nachlässt, sinkt womöglich auch unsere Energie. Um während der nächsten Phase – der Follikelphase – wieder das Meiste aus deinem Körper herausholen zu können, ist es wichtig, es während der Lutealphase etwas ruhiger angehen zu lassen.“
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Ich habe die letzten Monate während meiner Vorbereitung auf den Halbmarathon gründlich darauf geachtet, wo ich mich gerade in meinem Zyklus befinde – und kann absolut bestätigen, dass das einen riesigen Unterschied gemacht hat. Gleichzeitig hat es mir wirklich Spaß gemacht, meine Workout-Routine nach meinem Zyklus zu richten. Mein Körper (und meine Fitness) hat darauf viel besser reagiert, und ich fühle mich jetzt während jeder Phase meines Menstruationskreislaufs deutlich wohler.
Wenn du ohnehin schon deinen Zyklus trackst, könnte es sich lohnen, Lydias Empfehlungen zu berücksichtigen. Finde doch einfach heraus, wie es sich anfühlt, deinen Sport an deinen Zyklus anzupassen!
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