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Kann ich meine Haare wirklich „trainieren“, weniger fettig zu sein?

Wenn du bei einem Treffen mit Freund:innen für eine hitzige Diskussion sorgen willst, frag doch einfach mal in die Runde, wie oft sich alle so die Haare waschen. Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass das jede:r wirklich ganz anders macht – und es in Sachen Haar- und Kopfhautreinigung kein „Richtig“ oder „Falsch“ gibt.
Wir haben ganz individuelle Haar- und Hautbedürfnisse. Für viele Schwarze Frauen ist der Waschtag ein wichtiges Ritual, etwa alle zwei Wochen; sogar noch seltener, wenn sie ihre Haare in einer schützenden Frisur tragen. Dann wiederum gibt es aber auch Leute, die ihre Haare jeden Tag waschen. Wenn du zur zweiten Gruppe gehörst und deine Haare vielleicht sogar öfter shampoonierst, als dir eigentlich lieb wäre – und du dir womöglich schon gedacht hast: „Wie schön es doch wäre, wenn ich drei Tage ohne Haarewaschen auskommen würde!“ –, bist du auf TikTok eventuell bereits über das sogenannte „Hair Training“ gestolpert. So ging es jedenfalls mir – und ich wurde direkt neugierig.
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Was ist „Hair Training“?

„Beim ‚Hair Training‘ änderst du deine Haarwaschroutine, um die Zeit zwischen jeder Wäsche zu verlängern. Du ‚trainierst‘ deinem Haar quasi an, weniger Fett zu produzieren“, erklärt mir die Trichologin Helen Reavey, Gründerin der Kopfhautpflegemarke Act + Acre. Dieses Hair Training (auf TikTok auch als ‚Scalp Training‘ oder ‚Oil Training‘ bezeichnet) ist dabei aber keine völlig neue Idee, sondern wurde schon in den 1940ern mit der Erfindung von Trockenshampoo bekannt.
Im Jahr 2023 hat die Beliebtheit vom #hairtraining aber vor allem damit zu tun, dass es eine Art psychologische Challenge ist: Viele reizt die Vorstellung, am eigenen Haar zu „arbeiten“ (indem man es seltener wäscht), um ihm einen „idealen“ Waschrhythmus anzutrainieren. Das hört sich auch erstmal reizvoll an – aber ist da überhaupt was dran?

Kann ich meine Haare wirklich „trainieren“?

Die kurze Antwort: Nein, deine Haare sind kein Welpe – du kannst sie nicht trainieren. Leider führen dich die meisten Videos zum Hair Training nämlich in die Irre. „Ich würde dieses Hair Training tatsächlich niemandem empfehlen“, meint Reavey. In den meisten dieser Videos geht es darum, deine Kopfhaut an seltenere Haarwäschen zu gewöhnen, bis sie sich an einen neuen Rhythmus „anpasst“. Reavey zufolge ist das aber alles Quatsch. „Lässt du zu, dass sich Fett, Haarprodukte und Schmutz aus der Umwelt auf der Kopfhaut ansammeln, kannst du dem Mikrobiom deiner Kopfhaut sowie der Gesundheit deiner Haare damit enorm schaden“, betont sie. Wie auch die Trichologin Abbey Yung in einem Video zum Thema erklärt, ist die Talg- und Öltproduktion deiner Kopfhaut nämlich eine hormonelle Funktion. Und die lässt sich nicht durch „Haar-Training“ beeinflussen.
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Reavey zufolge stimmt es aber durchaus, dass du das Mikrobiom deiner Kopfhaut ausgleichen und somit die Gesundheit deiner Haare und Kopfhaut verbessern kannst. Dazu musst du deinem Haar aber eben nicht seine Wäsche entziehen.

Sollte ich meine Haare täglich waschen?

Es gibt viele Leute, die dir sofort ein schlechtes Gewissen einreden würden, wenn du erwähnst, dass du dir jeden Tag die Haare wäschst. Dabei tun genau das auch die meisten Kopfhaut-Expert:innen – die immerhin alles über die Haargesundheit wissen. „Ich mache tatsächlich das Gegenteil vom Hair Training: Ich wasche meine Haare meistens jeden Tag“, sagt Reavey. „Es ist ein Mythos, dass du deine Haare nicht so oft waschen solltest. Würdest du schließlich auch nur einen Tag darauf verzichten, dir das Gesicht zu waschen? Öl auf der Kopfhaut und im Haar sind völlig normal.“
Wenn du also täglich zum Shampoo greifst, kannst du das ruhig auch weiter tun. Wenn du es nur jeden zweiten Tag machst, ist das auch völlig in Ordnung. Laut Reavey gibt es klare Anzeichen dafür, wenn es an der Zeit für eine gute Haarwäsche ist: Du hast sichtbar fettige Haare; deine Haare riechen merklich; deine Kopfhaut juckt oder ist gereizt; deine Haare wirklich schlaff oder lassen sich schlecht stylen. Wenn du aber doch gern „lernen“ würdest, dann und wann aber auch mal einen Extratag ohne Haarwäsche auszukommen, hast du dafür ein paar gesunde Optionen.

Wie kann ich meine Haare seltener waschen?

Es gibt mehrere Strategien, um die Haare seltener zu waschen. Manche schwören darauf, ihre trockenen Haare vorm Schlafengehen immer nochmal gründlich durchzubürsten, um das Fett von der Kopfhaut bis in den Haarschaft zu verteilen. Zu ihnen gehört Dianna Cohen, Gründerin von Crown Affair und Content Creator; sie bürstet ihre trockenen Haare jeden Abend mit einer Bürste aus Wildschweinborsten. „Ich bürste etwa drei Minuten lang mein ganzes Haar“, erzählt Cohen. Das verleiht ihrem Haar zusätzlichen Glanz und stimuliert sanft die Kopfhaut. „Wenn du das 30 Tage lang machst, verändern sich deine Haare“, meint sie und ergänzt, dass sie durch das Trockenbürsten vier Tage ohne Haarewaschen auskommt.
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An dieser Technik ist was dran, erklärt Yung. Immerhin werden rund 60 bis 67 Prozent des Talgs auf der Kopfhaut entfernt, indem sie stimuliert wird – zum Beispiel durch eine Bürste. Wenn du also seltener deine Haare wäschst und feststellst, dass sie weniger fettig zu sein scheinen, hat das vermutlich nicht damit zu tun, dass sich deine Kopfhaut durch das seltenere Waschen „verändert“, sondern damit, dass du das Fett auf andere Art aktiv entfernst. Ein Jade-Kamm kann dabei zum Beispiel helfen.
Was ebenfalls funktionieren kann, ist ein Abwechseln deines Shampoos. Viele Haarstylist:innen empfehlen, immer mal wieder zu einem anderen Shampoo zu greifen – auch „Hair Cycling“ genannt – und an Tagen, an denen du deine Haare besonders gründlich waschen willst, ein tiefenreinigendes („clarifying“) Shampoo oder Kopfhautpeeling zu benutzen. „Wenn ich nur alle vier Tage meine Haare wasche, peele ich mir die Kopfhaut“, erklärt auch Cohen – zum Beispiel mit dem Christophe Robin Cleansing Purifying Scrub with Sea Salt (36,95 € via LookFantastic). „Ich benutze nur einen kleinen Klecks, zerreibe ihn zwischen meinen Händen und verteile das Ganze dann auf der Kopfhaut. Dadurch werden die Haare schon am Ansatz gehoben“, erzählt sie. „Dadurch kann ich die nächste Haarwäsche um zwei Tage rauszögern.“
Du solltest es aber nicht übertreiben. Betrachte das Kopfhaut-Peeling wie beim Gesicht: Es reicht meistens schon einmal pro Woche. „Wenn du zu oft oder zu aggressiv peelst, kannst du der Kopfhaut und dem Haar dabei gute Bakterien entziehen, die sie für gesundes Haarwachstum brauchen“, ergänzt Reavey. „Wichtig ist beim Haarewaschen auch die Wassertemperatur. Beide Extreme – heiß und kalt – können Probleme wie Dehydrierung oder Nährstoffentzug bewirken. Es ist immer besser, an die Kopfhaut nur lauwarmes Wasser zu lassen.“
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Ein weiterer Profitipp: ein Trockenhaarschnitt. „Rund einmal pro Woche werde ich per DM gefragt: ‚Wo lässt du dir die Haare trocken schneiden und worum bittest du beim Termin?‘“, erzählt Cohen. Sie erklärt, ein Trockenhaarschnitt helfe dabei, ihren Haaren die „Masse“ zu nehmen, sodass sie daraufhin weniger schwer sind. Das wiederum sorgt dafür, dass die Oberflächenspannung auf der Kopfhaut nachlässt, weil die Haare nicht so schwer nach unten ziehen – und sie muss sie somit seltener waschen.

Ist Trockenshampoo okay?

Unter Kopfhautexpert:innen wird Trockenshampoo tatsächlich immer unbeliebter. „Obwohl Trockenshampoo unsere Haare und Kopfhaut zwar vorübergehend besser aussehen lässt, kann es doch zu starken Ablagerungen auf der Kopfhaut führen, die die Haarfollikel verstopfen und so diverse Kopfhautprobleme auslösen können“, erklärt Reavey. Anstatt zu einem Trockenshampoo-Spray zu greifen, versuch’s lieber mit einem neuartigeren Puder mit pflanzenbasierten Inhaltsstoffen. „Tapioca-Pulver und Reisstärke sind tolle, kopfhautpositive Alternativen zu den aggressiven Inhaltsstoffen in den meisten Trockenshampoos“, meint sie. „Dieses Puder absorbiert Fett und Öl, Gerüche und überschüssigen Talg sanft, um das Haar zu erfrischen.“ Dazu eignet sich zum Beispiel das Act + Acre Plant Based Dry Shampoo (27,12 € via Cult Beauty).

Schaden streng zurückgekämmte Frisuren meinem Haar?

Wenn mein Haar dringend eine Wäsche gebrauchen könnte, zögere ich das manchmal noch um einen weiteren Tag hinaus, indem ich meine Haare mithilfe des natürlichen Fetts zurückkämme. Aber ich frage mich: Schade ich damit meinen Haaren oder meiner Kopfhaut? „Ich denke, ein Extratag ist völlig okay“, meint Reavey. „Und es ist besser, dazu das natürliche Fett der Haare zu verwenden, anstatt auf Produkte [wie Gel] zurückzugreifen.“ Am besten stylst du deine Haare auch im trockenen Zustand, weil nasses Haar zerbrechlicher ist. 
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„Ein paar Warnungen: Weil streng zurückgekämmte Frisuren das Haar zusätzlich belasten können, weil sie daran ziehen, solltest du sie nicht zu oft tragen. Am besten verwendest du weiche Haargummis aus Seide oder Satin, um Haarbruch zu vermeiden“, ergänzt Reavey. Um deinen Haaren Feuchtigkeit zu spenden, kannst du eine Haarmaske oder ein leichtes Gel in den Haaren verteilen; beides solltest du aber am Ende des Tages auswaschen. 
Bedenke: Vieles an unseren Haaren – wie unsere Talgproduktion und unsere Hormone – können wir nicht kontrollieren, also sollten wir es gar nicht erst versuchen. Was wir aber sehr wohl kontrollieren können, ist, wie wir mit unseren Haaren umgehen. Neue Pflegeroutinen können deine Haare verschönern und dafür sorgen, dass der Waschtag für dich zum Ritual wird, auf das du dich freust – ganz egal, wie oft pro Woche.
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