Obwohl es mein Job ist, über die neuesten Haut-, Haar- und Make-up-Trends zu schreiben, greife ich eigentlich immer zu den gleichen Beauty-Produkten. Ich nehme mein Make-up mit einem Face Halo oder Mizellenwasser ab, reinige meine Haut mit der feuchtigkeitsspendenden Reinigungslotion von CeraVe, benutze dann Pixi Glow Tonic, trage danach eine leichte Schicht La Roche-Posay Effaclar Duo+ auf und beende meine Pflegeroutine mit Kiehl's Ultra Gesichtscreme. Wenn meine Haut besonders trocken ist, verwende ich zusätzlich das Gesichtsöl Herbivore Phoenix Regenerating. Das funktionierte bisher eigentlich ziemlich gut für mich, weshalb ich folgenden Mythos auch immer ignoriert habe: Wenn du zu lange die gleichen Produkte verwendest, gewöhnt sich deine Haut an die Inhaltsstoffe und kann sie nicht mehr aufnehmen.
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Doch dann hörte ich von einem Hype namens „Hautfasten“. Das Unternehmen Mirai Clinical präsentierte ein neues Konzept, bei dem man seine Hautpflege auf das absolute Minimum reduziert. Dies soll es der Haut ermöglichen, sich ohne Hilfe von starken Inhaltsstoffen zu „regenerieren“. Um mehr darüber zu erfahren, sprach ich mit der Dermatologin Dr. Justine Hextall, bevor ich es selbst ausprobierte. „Die Idee des Hautfastens ist Folgende: Indem Pflege – insbesondere Feuchtigkeitscremes – von der Haut ferngehalten wird, produziert diese ihr eigenes Öl und natürliche Feuchtigkeitsfaktoren. Wenn wir die Haut zu viel reinigen, kann dies natürliche Öle und Ceramide entfernen, die für eine gesunde Hautbarriere unerlässlich sind.“
In einigen Artikeln wird zwei bis drei Wochen Hautfasten empfohlen, während andere sagen, dass ein paar Tage pro Monat ausreichen, um einen Unterschied zu sehen. Trotzdem gibt es auch einige Fälle, in denen man das Hautfasten ganz vermeiden sollte. „Wenn jemand eine aktive Hautbehandlung durchführt, zum Beispiel ein Retinoid oder Benzoylperoxid bei Akne, dann wäre es schwierig, auf eine ausgleichende Feuchtigkeitscreme zu verzichten“, so Dr. Hextall. „Ebenso würde ich das Hautfasten nicht empfehlen, wenn es ein aktives Ekzem oder eine Hautreaktion gibt. Die Haut sollte in letzter Zeit keine aktiven Behandlungen wie chemische Peelings oder Laser erfahren haben, die ein spezielles Nachbehandlungsprogramm erfordern.“
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Wenn wir die Haut zu viel reinigen, kann dies natürliche Öle und Ceramide entfernen, die für eine gesunde Hautbarriere unerlässlich sind.
Dr. Justine Hextall
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Ich entschloss mich, zwei Wochen auf Hautpflege zu verzichten und zu beobachten, was passiert. Bevor ich mit dem Fasten begann, holte ich mir von Dr. Hextall noch letzte Tipps. „Vermeide übermäßigen Alkohol und überhitzte oder klimatisierte Umgebungen“, warnte sie mich. „Wenn die Haut besonders trocken, juckend oder gereizt wird, solltest du ein feuchtigkeitsspendendes Serum mit Hyaluronsäure verwenden oder das Fasten aufgeben.“
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Meine Haut fühlt sich, wenn ich sie nicht sofort nach der Reinigung mit Feuchtigkeit versorge, gespannt an, aber ich werde etwas Zeit vergehen lassen, um zu sehen, ob meine Haut ohne Pflege irgendwann von selbst anfängt, zu strahlen oder ob sie sich in ein Reibeisen verwandelt.
Erste Woche
Ich wache mit sehr fettiger Haut auf, besonders um meine Nase und mein Kinn herum. Normalerweise bekämpfe ich den Fettfilm mit einer schnellen Reinigung unter der Dusche, aber nun darf ich nichts als Wasser benutzen und mein Gesicht ausschließlich mit einem Handtuch abtupfen. Nachdem ich aus der Dusche komme, fühlt sich meine Gesichtshaut supertrocken an. Normalerweise würde ich jetzt zu einem Öl oder einer reichhaltigen Feuchtigkeitscreme greifen, aber nun lasse ich das sein. Dr. Hextall sieht in dieser Hautreaktion ein Zeichen dafür, dass Hautfasten tatsächlich etwas bringt.
„Eine Überreinigung der Haut verursacht, dass diese sich trocken und gespannt anfühlt. Wird dann als Ausgleich eine stark ölige Feuchtigkeitscreme benutzt, kann das komedogen sein, also die Poren verstopfen. Wenn mit dem Hautfasten dieser Teufelskreis gestoppt wird, lohnt es sich“, sagt sie.
Die Haut um meinen Mund und die Nase bleibt die ganze Woche über gespannt und meine Haut fühlt sich jetzt, wo ihrer natürlichen Fettproduktion freien Lauf gelassen wird, einfach nur an wie ein Topfreiniger, den man mit Olivenöl übergossen hat. Meine Hautoberfläche ist unregelmäßig und am liebsten würde ich einfach nur nach Hause gehen und mein Gesicht tiefenreinigen. Im Zentrum Londons zu arbeiten und mit der U-Bahn zu fahren bedeutet, dass ich ständig gegen Umweltverschmutzung und die Keime anderer Menschen kämpfe. Meine Hautpflege spielt eine große Rolle bei der Abschirmung dieser Einflüsse und ich fühle mich einfach nicht sauber. Obwohl meine Haut sich gespannt, fettig, dehydriert und fleckig anfühlt, bekomme ich einige Komplimente, weil ich frisch und glowy aussehe.
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Obwohl meine Haut sich gespannt, fettig, dehydriert und fleckig anfühlt, bekomme ich einige Komplimente, weil ich frisch und glowy aussehe.
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Zweite Woche
Meine Periode ist letzte Woche gekommen und so ist es nur eine Frage der Zeit, bis ich hormonell bedingte Pickel bekomme. Auf meinen Schläfen zeigt sich eine Ansammlung von Unreinheiten, die wie Ausschlag aussieht. Dass ich nachts wegen meiner Haare ein Kopftuch trage, hat verheerende Auswirkungen auf meinen Haaransatz: Meine Haut kann einfach nicht atmen. Ich scheine eine Entscheidung zwischen Akne und schönen Haaren treffen zu müssen.
Obwohl sich meine Haut immer noch gespannt, fettig, dehydriert und fleckig anfühlt, habe ich wieder einige Komplimente von Kolleg*innen und Freund*innen bekommen. Sie meinten, meine Haut wirke „frisch und strahlend“. Und tatsächlich sieht sie ziemlich prall aus und hat –obwohl sie sich für mich fettig anfühlt – so etwas wie einen gesunden Glanz. Ich bin mir nur nicht sicher, ob diese langen, langen zwei Wochen den „Glow-Look“ wert waren, denn wie sich meine Haut anfühlt, ist genauso wichtig für mich. Und sie fühlt sich schmutzig an. Ich sehne mich nach einem Peeling.
Mein Urteil
Es war nicht nur meine Haut – ich fühlte mich beim Hautfasten einfach nicht wie ich selbst. Mir ist bewusst geworden, dass die Pflege meiner Haut ein großer Teil meiner morgendlichen und abendlichen Routine ist. Meine größte Erkenntnis aus diesem Experiment ist, wie sehr ich diese Zeit liebe, denn sie hilft mir, mich zu entspannen. Ich kümmere mich um mich selbst und kann mich dabei sogar ein bisschen verwöhnen.
Ob ich noch einmal hautfasten würde? Wahrscheinlich nicht. Dafür liebe ich mein Hautpflegeritual einfach zu sehr.
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