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2 Jahre ohne Gesichtscreme: braucht die Haut wirklich Creme?

Photo: Kate Anglestein
Ich habe einen todsicheren Partytrick allererster Sahne auf Lager. Nein, eine Bierflasche mit der anderen zu öffnen ist es nicht (die Zeiten sind lange vorbei). Ich kann auch keinen Rückwärtssalto oder Spagat. Und im Stimmen nachmachen bin ich auch nicht gut – höchstens die meiner Mutter und das ist mittlerweile auch nicht mehr beeindruckend, weil ich dafür langsam zu alt bin. Nein, ich mache Folgendes: Ich versammle alle Anwesenden um mich herum und bringe sie mit nur einem Satz zum Schweigen: „Ich benutze keine Gesichtscreme.“
Wenn ein Teenager das sagen würde, würde wahrscheinlich niemand mit der Wimper zucken. Aber wenn ich das sage, eine Beauty-Redakteurin, die ständig über Hautthemen schreibt, sind viele erst mal verblüfft. Als ob ich gerade gesagt hätte, ich würde Bananen mit der Schale essen. Die Reaktionen reichen von überrascht bis hin zu angewidert, aber neugierig sind trotzdem alle. Gesichtscreme ist wahrscheinlich die Grundlage jeder Hautpflegeroutine – das eine Produkt, das alle verwenden, selbst wenn sie sonst richtige Beauty-Muffel sind. Sie wegzulassen impliziert für viele deswegen, ich würde mich nicht um meine Haut (und um mich) kümmern. Doch nichts könnte der Wahrheit ferner liegen: Ich habe eine fast schon peinlich aufwendige und durchdachte Routine, bin seit Jahren nicht mehr ins Bett gegangen, ohne mich vorher abzuschminken, und ich bin richtig penibel, wenn es ums Thema Lichtschutzfaktor geht.
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2019 habe ich aufgehört, feuchtigkeitsspendende Gesichtscreme zu verwenden. Damals hat mich Refinery29 gefragt, ob ich es für einen Artikel mal austesten würde. Ich beschloss spontan, das Experiment zu wagen und absurderweise war es das Beste, das meiner Haut je passiert ist.
Aber von vorn.
Ich dachte immer, ich hätte trockene Haut. Deswegen liebte ich dickflüssige Cremes und Gesichtsöle und verwendete feuchtigkeitsspendende Foundations. Aber genau das war mein Fehler! „Ich finde es merkwürdig, wenn intelligente Frauen blind Produkte für ihre vermeintliche Problemhaut verwenden, anstatt zuerst sicherzustellen, dass die Hautprobleme nicht durch genau diese Produkte entstehen“, so die klinische Kosmetikerin Kate Kerr. Das war, wie sich herausstellte, bei mir nämlich der Fall: Ich hatte mich damit abgefunden, trockene Haut zu haben und nie hinterfragt, ob meine Lieblingscremes überhaupt die richtige Wahl für mich sind. „Viele greifen direkt zur feuchtigkeitsspendenden Creme, wenn sie in den Spiegel blicken und schuppige, trockene Stellen sehen. Und siehe da: Sobald das Produkt aufgetragen wurde, sind die Schuppen weg. Also glauben sie, das Richtige getan zu haben. Was jedoch tatsächlich passiert ist, dass du die abgestorbenen Hautzellen mit der Creme festklebst. Du hältst sie also davon ab, sich natürlich zu lösen und das hat dann wiederum Auswirkungen auf die Schutzbarriere der Haut.“ Der Arzt Dr. David Jack bestätigt Kerrs Aussage und erzählt: „Der Effekt von feuchtigkeitsspendenden Cremes ist meist oberflächlich und kurzlebig. Natürlich fühlt es sich erst Mal sehr angenehm und pflegend an. Aber langfristig verbessern diese Cremes die Haut nicht.“
Deine Haut ist hygroskopisch, was bedeutet, dass sie Wasser aus der Luft aufnimmt, sowie aus Nahrungsmitteln und Getränken, die wir konsumieren. Außerdem produziert sie selbst Hyaluronsäure, die ein Vielfaches ihres eigenen Gewichts an Wasser binden kann – genauer gesagt sind es sogar bis zu sechs Liter Wasser pro Gramm Hyaluronsäure! Ziemlich beeindruckend, oder? Hyaluronsäure ist, ähnlich wie Natrium-PCA, ein Feuchthaltemittel, das natürlich in der Haut vorkommt und Wasser in die Haut zieht und vor dem Wasserverlust schützt. Und dann gibt es noch zwei weitere Fachbegriffe, die du kennen solltest: Okklusiva und Emollientien. Okklusive Substanzen bilden eine physische Barriere auf deiner Haut (wie Öle oder Silikone, die sich wie ein Film darüber legen), während Emollientien die Haut eher geschmeidiger machen, als sie mit Feuchtigkeit zu versorgen (alle, die Ekzeme haben, wissen, wovon ich rede). Gesichtscremes können einen Mix all dieser Stoffe oder auch nur einzelne von ihnen beinhalten. So viel zur Theorie. Und was bedeutet das jetzt für die Praxis?
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Ganz einfach: Du solltest genau auf die Inhaltsstoffe der Produkte achten, die du verwendest. Natürlich sind nicht alle feuchtigkeitsspendenden Produkte schlecht für trockene Haut! Einige sind sogar sehr gut für sie. Sie verstopfen die Poren nicht und wirken nicht nur kurz-, sondern langfristig, weil sie die Haut darin unterstützen, mehr Wasser zu binden. Ich benutze zum Beispiel gerne Seren mit Hyaluronsäure, um meine Haut mit Feuchtigkeit zu versorgen, wie NIODs Multi Molecular Hyaluronic Complex, Peter Thomas Roth Water Drench Hyaluronic Cloud Serum, The Ordinarys Hyaluronic Acid 2% oder SkinCeuticals HA Intensifier. Ansonsten verwende ich auch oft Sheet-Masken und das Gesichtsspray SubQ von Hylamides. Diese Produkte sind für mich persönlich eine gute Alternative zu herkömmlichen feuchtigkeitsspendenden Gesichtscremes.
Wichtiger als feuchtigkeitsspendende Cremes sind übrigens laut Kerr und Dr. Jack Antioxidantien, Produkte mit Sonnenschutzfaktor und Peelings. „Selbst wenn deine Haut aus dem Gleichgewicht geraten ist, kann die Balance wieder hergestellt werden – allerdings nicht mithilfe von Feuchtigkeitscremes, die eine Barriere bilden“, so Dr. Jack. Helfen kannst du deiner Haut, indem du abgestorbene Zellen durch Peelings entfernst. „Viele verwechseln trockene Haut und abgestorbene Hautzellen“, erklärt Kate. „Falls du jetzt denkst, Peelings könnten zu aggressiv für deine Haut sein: Tatsächlich stärken sie die natürliche Hautbarriere, in dem sie die alten, geschwächten Hautzellen entfernen, wodurch die frischen, starken an die Oberfläche gelangen.“ Da selbst nach einer gründlichen Reinigung oft Make-up-Reste und Schmutz zurückbleiben, mache ich zum Beispiel zwei Mal wöchentlich ein mechanisches Peeling (wie Skin Smoothing Polish von Murad) und ein Mal wöchentlich ein chemisches Peeling.
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Zwei Jahre nachdem ich aufgehört habe, feuchtigkeitsspendende Gesichtscremes zu verwenden, fühlt sich meine Haut besser denn je an. Sie spannt nicht mehr und ist auch nicht mehr trocken. Früher habe ich vor dem Schlafen gehen eine dicke Schicht Creme aufgetragen, die zum Teil irgendwann auf meinem Kopfkissen landete. Heute schlafe ich mit sauberer, frischer Gesichtshaut ein und habe ein gutes Gefühl dabei, denn ich tue etwas dafür, dass meine Hyaluronproduktion angekurbelt wird – und damit auch mein Kollagen- und Elastinlevel.
Wenn du Gesichtscremes und -öle liebst und auf sie nicht verzichten willst, musst du es auch nicht. Ich benutze zum Beispiel auch immer noch meine Bodylotion – vor allem, weil es zu teuer wäre, ein Serum für den ganzen Körper zu verwenden, aber auch, weil es einfach zu meiner Pflegeroutine gehört. Ich kenne viele Frauen, die seit Jahrzehnten auf Nivea-Creme schwören und fantastische Haut für ihr Alter haben. Zwar hat sich über die Zeit einiges geändert (zum Beispiel die Belastung der Haut durch die Umweltverschmutzung), aber wer bin ich, irgendjemandem vorzuschreiben, wie er oder sie sich pflegen soll? Dennoch würde ich dir empfehlen, einfach mal probeweise auf feuchtigkeitsspendende Gesichtscremes zu verzichten oder aber dich zumindest etwas ins Thema einzulesen. Denn nur so kannst du eine informierte Entscheidung für dich und deine Haut treffen.
Für mich war es jedenfalls die richtige Entscheidung, feuchtigkeitsspendende Gesichtscremes aus meinem Badschrank zu verbannen, weil ich damals eben keine trockene Haut hatte, sondern einfach nur dehydriert war. Aber es gibt aber auch Menschen, die wirklich trockene Haut haben und unter Ekzemen oder Schuppenflechte leiden. Das ist dann natürlich noch mal eine andere Sache. In diesem Fall kann eine Beratung durch eine Hautärztin oder einen Hautarzt hilfreich sein.
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