Nimmst du die Pille? Auf diese Frage antworten die meisten Frauen in ihren Zwanzigern mit einem eindeutigen „Ja“. Verständlich, denn die Pille erleichtert uns viele Dinge. Die Einnahme ist unkompliziert und bringt zudem ein paar sehr angenehme Nebeneffekte mit sich. Doch welchen Hormoncocktail Frauen täglich zu sich nehmen & welche Neben- und Nachwirkungen auftreten können, das wird häufig zu wenig oder gar nicht thematisiert. Wir finden, es fehlt eine angemessene Informationspolitik! Diese Kluft wollen wir schließen und läuten nach ausgiebiger Recherche und Gesprächen mit Expert*innen die Themenwoche „BitterSweet“ rund um die Antibabypille ein, um dich umfassend und differenziert zu informieren.
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Wenn nach dem Absetzen der Pille die normale Regelblutung wieder einsetzt, kann dies mit Schmerzen verbunden sein, die während der Einnahme der Antibabypille vielleicht jahrelang unterdrückt wurden. Auch PMS-Beschwerden können wieder stärker spürbar sein. Darüber, wie man diesen unliebsamen Begleiterscheinungen entgegenwirken kann, haben wir mit Marie-Sophie Kiepe gesprochen, die als holistische Körpertherapeutin und Osteopathin in Berlin arbeitet.
Refinery 29: Was genau ist Osteopathie?
Marie-Sophie Kiepe: Die Osteopathie ist eine Heilkunde, bei der ein*e Osteopath*in den Menschen mit seinen*ihren Händen untersucht und behandelt. Ein*e Ostheopath*in geht davon aus, dass der Körper in der Lage ist, sich selbst zu regulieren und zu heilen – vorausgesetzt, alle Strukturen sind gut beweglich und somit auch gut versorgt. Ein*e Osteopath*in untersucht zudem das Gewebe des ganzen Körpers, um etwaige Bewegungseinschränkungen aufzuspüren und dann zu behandeln. Denn jedes Körperteil, jedes Organ benötigt zum optimalen Funktionieren Bewegungsfreiheit. Wenn diese eingeschränkt ist, entstehen aus Sicht der Osteopathie zunächst Gewebespannungen und daraus folgend Funktionsstörungen.
Kann so eine Funktionsstörung durch die Einnahme künstlicher Hormone entstehen?
Die Pille enthält künstlich hergestellte Geschlechtshormone, die zu einem weitestgehend konstanten Hormonspiegel führen. Vor allem Pillen, die Östrogene und Gestagene enthalten, unterdrücken die Regelung durch die übergeordneten Steuermechanismen. Nach dem Absetzen der Pille kann es deshalb einige Monate dauern, bis sich der natürliche Zyklus wieder einstellt.
Was passiert während des Zyklus aus der Sicht der Ostheopathie?
Aus osteopathischer Sicht spielt das Becken eine zentrale Rolle in der Frauenheilkunde. Es beherbergt die weiblichen Geschlechts- und Fortpflanzungsorgane, die Blase mit den ableitenden Harnwegen und den Dickdarm. Durch den Monatszyklus, der von den Hormonen reguliert wird, verändern sich Position, Größe und Gewicht der Gebärmutter erheblich. Dies erhöht den Druck auf die umgebenden Strukturen wie etwa den Beckenboden, das damit verbundene Nerven- und Blutgefäßsystem sowie den Bandapparat, welcher die Verbindung von den Organen zum knöchernen Becken darstellt. Dadurch können zum Beispiel Erkrankungen wie das Prämenstruelle Syndrom (PMS), also Unterleib- und Rückenschmerzen während der Monatsblutung, erklärt werden. Weitere Ursachen für Beschwerden können außerdem auch Narben und Verwachsungen darstellen. Diese entstehen durch Operationen, Infektionen oder Erkrankungen wie Endometriose.
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Wie kann Osteopathie bei PMS und Regelschmerzen helfen? Wo setzten Sie an und wie sind Ihre Erfahrungen?
Eine osteopathische Behandlung kann die Haltestrukturen der Organe von Einschränkungen befreien und physiologische Vorgänge unterstützen. Sie hilft dabei, Organe zu entstauen, deren Durchblutung zu verbessern und kann dadurch Schmerzen lindern sowie starke Verspannungen lösen. Das ist gerade im Bezug auf PMS-Beschwerden vorbeugend sehr hilfreich. Die Beckenboden- und Bauchmuskulatur wird stabilisiert und die Druckübertragung und -verteilung im Bauch- und Beckenraum verbessert. Ganz allgemein werden neurologische Funktionen gesichert und mechanische Nervenkompressionen beseitigt während Blockierungen gelöst werden können.
Was raten Sie Ihren Patientinnen, um ihren Körper in Sachen PMS- und Regelschmerzen zusätzlich zu unterstützen?
Präventiv sind vor allem viel Bewegung und Ernährung zwei ganz wichtige Maßnahmen in Bezug auf PMS-Beschwerden. In der Regel rate ich zu einer Säure-Basis-Diät, bei der Frau* sich vornehmlich basisch ernährt und auf säurebildende Lebensmittel wie Kaffee, Alkohol, Nikotin und so weiter verzichtet.
In Bezug auf Nahrungsergänzungsmittel kann Safran den Menstruationsschmerz lindern. Auch die Einnahme von Omega-3-reichem Krillöl kann zu einer effektiven Verbesserung der PMS-Beschwerden führen. In Sachen Bewegung rate ich zu mindestens 20 Minuten täglich. Insbesondere Entspannungsfördernde Übungen wie Yoga helfen dabei, den Zyklusbeschwerden entgegenzuwirken. Auch erholsamer Schlaf ist in dieser Zeit noch essentieller als ohnehin schon. Außerdem lege ich meinen Patientinnen eine Nahrungsverteilung auf kleine Portionen ans Herz, sodass ein Völlegefühl vermieden wird.
Zu welchen alternativen Verhütungsmethoden würden Sie Ihren Klientinnen raten?
Es gibt eine ganze Reihe von alternativen Verhütungsmitteln, die allerdings – je nach Vorgeschichte – auf die jeweilige Frau abgestimmt werden sollten. Das sollte bei der Empfehlung stets berücksichtig werden. Bei gesunden Frauen empfehle ich sogenannte Barriere- und natürliche Verhütungsmethoden, die nicht künstlich in den Hormonhaushalt eingreifen und bei denen keinerlei Nebenwirkungen auftreten. Die Verhütungsmethoden werden am sogenannten Pearl-Index (PI) gemessen, der angibt, wie sicher das Verhütungsmittel ist. Je kleiner der Pearl-Index, desto sicherer das Verhütungsmittel.
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Zu den Barrieremethoden zählen:
• Kondom (PI 2-12)
• Frauenkondom | Femidom (PI 5-25)
• Portiokappe (PI 6)
• Diaphragma (PI 1-20)
• Frauenkondom | Femidom (PI 5-25)
• Portiokappe (PI 6)
• Diaphragma (PI 1-20)
Als natürliche Verhütungsmethode empfehle ich die Billings-Methode in Kombination mit der Temperaturmessung (PI 0,8-10) durch einen Computer. Die Billings-Methode beruft sich darauf, dass sich der Zervikalschleim am Muttermund kurz vor dem Eisprung verändert. Auf diesem Wege lässt sich die fruchtbare Zyklusphase bestimmen. Die Kombination der Billings- mit der Temperaturmethode ist – bei sachgerechter Anwendung – mit einem Pearl-Index von 0,26 so sicher wie die Antibabypille und stellt eine wunderbare Alternative zur Verhütung mit künstlichen Hormonen dar.
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