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Ist die Pille für die Verbreitung von Geschlechtskrankheiten verantwortlich?

Foto: Sophia Giesecke
Nimmst du die Pille? Auf diese Frage antworten die meisten Frauen in ihren Zwanzigern mit einem eindeutigen „Ja“. Verständlich, denn die Pille erleichtert uns viele Dinge. Die Einnahme ist unkompliziert und bringt zudem ein paar sehr angenehme Nebeneffekte mit sich. Doch welchen Hormoncocktail Frauen täglich zu sich nehmen & welche Neben- und Nachwirkungen auftreten können, das wird häufig zu wenig oder gar nicht thematisiert. Wir finden, es fehlt eine angemessene Informationspolitik! Diese Kluft wollen wir schließen und läuten nach ausgiebiger Recherche und Gesprächen mit Expert*innen die Themenwoche „BitterSweet“ rund um die Antibabypille ein, um dich umfassend und differenziert zu informieren.
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Bei Geschlechtskrankheiten denken viele zuerst an AIDS. „Ach, aber die Zeiten sind ja vorbei. Das war doch vor allem in den achtziger Jahren aktuell“, schiebt man den Gedankengang schnell von sich. Und das ist so auch erstmal nicht falsch, denn positive HIV-Erkrankungen treten, zumindest in westlichen Ländern, tatsächlich immer seltener auf. Während die HIV-Neuinfektionen 1985 noch bei geschätzten 6.000 Fällen pro Jahr lagen, hat sich die Statistik mit 3.000 Neuinfektionen pro Jahr zehn Jahre später immerhin um die Hälfte reduziert. Dafür ist unter anderem die umfangreiche Aufklärungspolitik der 1990er Jahre verantwortlich, an derer sich unsere Generation heute ein besseres Beispiel nehmen sollte. Denn während sich die Zahl der statistisch gemessenen Geschlechtskrankheiten über ein Jahrzehnt hinweg auf dem Rückzug befand, steigt die Kurve seit 2001 wieder an. Weltweit werden pro Jahr etwa 340 Millionen neue Fälle von sexuell übertragbaren Krankheiten bekannt, betroffen sind vor allem Männer und Frauen zwischen 15 und 49 Jahren. Zwar steht AIDS heute nicht mehr an erster Stelle, aber dennoch gibt diese Entwicklung Anlass zur Sorge.

Neuansteckungen bei Geschlechtskrankheiten nehmen wieder zu

Am meisten verbreitet unter den Geschlechtskrankheiten sind derzeit Chlamydien. Mit circa 100.000 Fällen im Jahr stellen sie die häufigste sexuell übertragbare Infektion in Deutschland dar, wie Rudolf Stadler, Präsident der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft, erklärt. Danach folgen mit jährlich 80.000 neuen Fällen HP-Virus und Herpes, während Tripper bei 16.000 und Syphilis bei 4.600 Neuinfektionen liegt. In dieser Aufzählung bildet der HI-Virus mit den bereits erwähnten 3.000 Neuinfektionen nur das Schlusslicht. Das Problem ist die unterschätzte Gefahr einer Chlamydien-Infektion, die bei Männern und Frauen unterschiedlich ausfällt. Während Chlamydien beim Mann kaum ein Risiko darstellen, führen sie bei Frauen nachweisbar zu Fruchtbarkeitsstörungen bis hin zu Unfruchtbarkeit. Chlamydien bleiben häufig lange Zeit unbemerkt und können daher besonders nachhaltigen Schaden anrichten. HP-Viren sind vor allem dafür verantwortlich, Genitalwarzen und Krebs auszulösen.
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Woher kommt nun aber der rapide Anstieg der neu verzeichneten Geschlechtskrankheiten? Primär verantwortlich kann man dafür wohl vor allem einen allgemein sorgloseren Umgang mit dem Thema Sex und Verhütung machen. Das weltweite Verhütungsmittel der ersten Wahl ist mit rund 53 Prozent die Antibabypille, gefolgt vom Kondom mit 37 Prozent, wobei sich rund vier Fünftel der Bevölkerung beim Geschlechtsverkehr auf ein Mittel allein verlassen, wie eine Studie zum Verhütungsverhalten Erwachsener ergab. So scheint die Einnahme der Antibabypille und der damit einhergehende Verzicht auf alternative Verhütung durch das Kondom hier eine zentrale Rolle zu spielen.

Viele empfinden Kondome als lästig

Das ist nicht überraschend, denn Selbstkontrolle ist schwer. Viele empfinden Kondome als lästig, sie haben mehr Spaß an natürlichem Sex und so lange Frau nicht schwanger werden kann, drücken beide Seiten da gerne ein Auge zu. Im Umkehrschluss leuchtet aber ein, dass, wer keine Pille nimmt, größeres Augenmerk auf die Nutzung eines Kondoms legen wird und damit auch das Risiko, sich mit Geschlechtskrankheiten anzustecken, minimiert. Es muss deshalb also gelten: entweder man entwickelt wieder ein stärkeres Gefühl der Selbstverantwortlichkeit, auch wenn man die Pille nimmt, oder aber, man lässt sie weg und zwingt sich auf diesem Wege zu etwas mehr Eigenverantwortlichkeit. Könnte funktionieren. Zu wieviel Prozent die Einnahme der Pille und der damit verbundene Verzicht auf Kondome tatsächlich für Geschlechtskrankheiten verantwortlich ist, lässt sich nur schwer belegen. Bewiesen ist aber, dass sie in jedem Fall zu einem weitaus nachlässigeren Umgang in Sachen Prävention vor Geschlechtskrankheiten geführt hat.

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