Wenn du Poren im Gesicht, Augen im Kopf und einen einigermaßen abwechslungsreichen Social-Media-Feed hast, werden sie dir sicher schon mal aufgefallen sein: die unzähligen Videos, die sich damit beschäftigen, was sich so alles in unseren Poren befindet. Dr. Pimple Popper und wie-sie-nicht-alle-heißen sind fast schon besessen davon, den Inhalt unserer Poren durch Ausquetschen, Aussaugen oder andere kuriose Methoden ans Licht der Welt zu befördern – und durch irgendeine schräge Faszination können wir einfach nicht weggucken. Aber vielleicht ist die auch gar nicht so schräg; Poren haben wir schließlich alle, und Mitesser oder Akne verfolgen viele von uns auch bis nach der Pubertät. Der Traum der strahlend reinen Haut treibt uns dazu, dafür fast alles zu versuchen.
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Die Drogerieregale sind voller Produkte, die uns genau dabei helfen wollen. Doch wenn Salicylsäure, Retinol und Co. versagen, versuchen es viele mit der physischen Methode: der Porenreinigung, die in der Hautarztpraxis oder im Kosmetiksalon vorgenommen wird. Laut der Dermatologin Dr. Anjali Mahto werden die Poren dabei erst mithilfe von Dampf geöffnet, um den Talg darin zu lockern, und dann mithilfe eines Porensaugers, den Händen oder eines Komedonenquetschers (einem Werkzeug aus Metall) gereinigt.
Klingt erstmal nicht so schwierig, oder? Kein Wunder also, dass viele die Sache daher selbst in die Hand nehmen, anstatt sich professionelle Hilfe zu holen – und gerade in Zeiten von Corona setzt man schließlich auch gern auf DIY. Die nötigen Tools gibt es inzwischen immerhin auch online zu kaufen. Es hat allerdings gute Gründe, warum die Porenreinigung ursprünglich mal ausschließlich von Expert:innen durchgeführt wurde, denn diese Werk- sind eben keine Spielzeuge. Das betont auch Dr. Mahto.
„Eine Porenreinigung solltest du nicht selbst machen“, meint sie. „Diese Behandlung sollte immer jemand übernehmen, der oder die darin ausgebildet wurde, Poren ordentlich zu reinigen. Ansonsten riskierst du, die Entzündung noch tiefer in die Haut zu drücken. Dadurch werden die Unreinheiten womöglich sogar schlimmer, oder es entstehen neue.“ Vor allem Narbenbildung ist eine ganz typische Begleiterscheinung der DIY-Porenreinigung, warnt Dr. Mahto.
Aber warum ist sie dann trotzdem so beliebt? Ganz einfach: weil beispielsweise Mitesser immer und immer wieder auftauchen und demnach wiederholte Behandlungen erfordern. „Manche Leute möchten das daher gerne zu Hause machen. Kein Wunder also, dass der Markt das ausnutzt.“ Da stimmt ihr auch Dr. MJ Rowland-Warmann zu, Gründerin der Kosmetik-Klinik Smileworks. „DIY-Skincare nimmt gerade völlig neue Ausmaße an. Viele Leute machen’s daher wie Dr. Pimple Popper und sind der Meinung, jeder Pickel müsste ausgedrückt werden. Meine Patient:innen lassen sich oft auch von dem Eindruck täuschen, diese Werkzeuge seien nachweislich effektiv. Dabei kann diese Behandlung der Haut schaden.“
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Sie weiß, wovon sie spricht: In ihrer Klinik hat Dr. Rowland-Warmann schon die Folgen aller möglichen Werkzeuge gesehen – von metallischen Haken und Ösen bis hin zu elektrischen Porensaugern. „Diese Hilfsmittel werden oft sehr grob verwendet und können daher die Haut verletzen, Schnitte und andere Wunden hinterlassen und so zu Narben führen“, sagt sie. „Außerdem ist es schwierig, solche Instrumente richtig zu reinigen. Das kann für Entzündungen sorgen, die sich auf die Gesundheit der Haut auswirken können. Ich habe schon Hautentzündungen gesehen, die durch die wiederholte Porenreinigung mit einer Pinzette verursacht wurden.“
Pinzette? Ja – denn viele Betroffene improvisieren auch gern bei der DIY-Hautbehandlung. Die Ergebnisse sind dabei natürlich häufig furchtbar. „Ich habe zwar schon Porenreinigungs-Tools ausprobiert, aber oft benutze ich einfach eine Sicherheitsnadel“, erzählt die 32-jährige Ayse. „Die desinfiziere ich auch nicht. Wer macht das schon? Danach sieht meine Haut manchmal voll okay aus, manchmal aber auch richtig schlimm. Ab und zu blutet sie dann, ist ganz geschwollen und sehr rot. Wenn ich die Milien leicht entfernt bekomme, ist die Haut danach nicht so wund, aber wenn sie sehr tief sitzen und ich eine Weile drin rumstochere, ist das was anderes. Einmal hatte ich ein paar Milien auf der Wange, und nachdem ich versucht habe, sie alle zu entfernen, sah mein Gesicht von der Seite aus wie in einem Horrorfilm.“
Megan*, 23, hat ebenfalls schlechte Erfahrungen mit der DIY-Porenreinigung gemacht, nachdem sie erst eine Nadel und dann ein Poren-Werkzeug benutzte. „Ich hatte einen Pickel, der immer wiederkam, egal, wie oft ich ihn ausdrückte. Also stach ich einmal eine Nadel rein. Es war wohl nicht so gut, dass ich danach auch noch einen Porenreiniger benutzte – der ganze Gesichtsbereich wurde ganz dick und lila. Jetzt habe ich da eine rote Narbe, die ewig braucht, um zu verschwinden. Die nervt mich mehr als der Pickel selbst.“
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Dr. Mahto empfiehlt, solche Behandlungen immer lieber den Profis in einer Klinik zu überlassen. Vor jeder solchen Behandlung – vor allem einer Porenreinigung – ist es außerdem ratsam, erstmal bei einem Dermatologen bzw. einer Dermatologin vorbeizuschauen, um herauszufinden, was für dich und deine Haut am besten ist. „Dagegen kommt kein DIY-Produkt an“, meint Dr. Mahto.
Und wenn du trotzdem nicht ganz auf die Behandlung zu Hause verzichten möchtest, hast du auch weniger hautschädliche Möglichkeiten – abhängig davon, welches Hautproblem du angehen möchtest. Willst du Pickel und Mitesser loswerden, empfiehlt Dr. Mahto: „Eine Pore verstopft, wenn Öl, trockene Hautzellen und Schmutz hineingelangen. Verstopfte Poren können, wenn sie nicht behandelt werden, zu Mitessern und Pickeln führen. Regelmäßige Peelings und die richtigen Inhaltsstoffe können Poren optisch verkleinern, ihren Inhalt abtragen und die Talgproduktion verlangsamen. Dafür eignen sich zum Beispiel Glykolsäure, Salicylsäure, Aktivkohle und Kaolin, eine Form von weißer Tonerde. Peelings, Masken und Seren, die diese Stoffe enthalten, kannst du relativ ungefährlich zu Hause verwenden. Meiner Meinung nach solltest du zuerst diese Optionen ausprobieren, bevor du dich einer professionellen Behandlung unterziehst. Wenn deine Poren besonders verstopft sind, ist es außerdem ratsam, schwere Cremes gegen leichtere Produkte auszutauschen.“
Bei Milien ist das etwas anderes – die unterscheiden sich nämlich stark von Pickeln, obwohl sie ihnen optisch ähneln. Dabei handelt es sich um kleine, weiße Zysten, die auf der Hautoberfläche entstehen, wenn abgestorbene Hautzellen nicht abgebaut werden können. „Milien bestehen aus Keratin, einem Protein der oberen Hautschicht. Sie sehen zwar aus wie Pickel, haben mit Akne aber nichts zu tun und sind auch nicht entzündet, sondern einfach eine Verdickung der Haut“, erklärt Dr. Mahto. „Milien in der Nähe der Augen können durch schwere Cremes entstehen, weil die Haut dort viel dünner und durchlässiger ist. Ansonsten treten sie häufig auch auf der Nase auf, oder überall dort am Körper, wo die Haut beschädigt wurde – vor allem durch Sonnenstrahlung, Ausschlag oder aggressive Hautpflegeprodukte. Daher verwendest du am besten immer nur sanfte Peelings. Damit kannst du Milien auch vorbeugen.“
Die Moral von der Geschicht’? Anstatt deine Poren mit Gewalt zu reinigen, versuch’s erstmal mit der richtigen Pflege. Wenn das nicht hilft, kannst du dir immer noch professionelle Hilfe suchen – aber bitte verzichte auf die DIY-Methode! Und da wir schon dabei sind, gilt in Sachen Hautgesundheit natürlich vor allem eine Regel: Jeden. Tag. Sonnenschutz. Insbesondere, wenn du peelende Inhaltsstoffe wie Säuren oder Retinol verwendest.
*Name wurde von der Redaktion geändert.
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